| Vor der Hallen-EM

Erik Balnuweit: Mit einmaliger Siegesserie Richtung Belgrad

Hürdensprinter Erik Balnuweit hat bei der Hallen-DM in Leipzig wieder seinen Tritt gefunden und traut sich bei der Hallen-EM in Belgrad am Freitag eine weitere Steigerung zu. Der 28-Jährige hatte sich Ende letzten Sommers zwei Operationen unterzogen und in einem komplett neuen Umfeld zurückgekämpft. Der Lohn: die EM-Norm und ein historischer Erfolg im DM-Finale. Mit fünf Hallen-Meistertiteln in Folge löste der sechsfache Titelträger seinen ehemaligen Trainingspartner Thomas Blaschek mit vier Siegen in Folge ab.
Pamela Ruprecht

"Mir war das im Vorfeld gar nicht bewusst, ich habe das erst am Tag vor dem Finale auf leichtathletik.de gelesen und dann nochmal nachgerechnet", sagte Erik Balnuweit über die Chance, im Endlauf von Leipzig Thomas Blaschek als bisher erfolgreichsten Seriensieger über 60 Meter Hürden (vier Titel von 2005 bis 2008) abzulösen. "Das wäre natürlich klasse", dachte sich der Neu-Wattenscheider vor dem entscheidenden Rennen. Aber eigentlich ging es um etwas völlig anderes.

"Es freut mich, dass ich wieder schmerzfrei laufen kann und es Spaß macht", meinte Erik Balnuweit in der Mixed Zone, nachdem er in 7,62 Sekunden zum fünften Titel in Folge und zum sechsten insgesamt gelaufen war. Und noch mehr: Bei der letzten Gelegenheit die Hallen-EM-Norm für Belgrad (Serbien; 3. bis 5. März) geknackt hatte. Es war eine hart umkämpfte, gelungene Rückkehr auf die Wettkampf-Bühne. Seine Karriere hing nach zwei Fußoperationen Ende August zwischenzeitlich am seidenen Faden.

Einvernehmlicher Trainerwechsel

"Ich war fünf Wochen auf Krücken unterwegs", blickte der Olympiateilnehmer von 2012 auf die schwierigen Monate zurück. Zwei Fuß-OPs: Eine am linken Sprunggelenk ("Es wurde eine Gelenkfalte entfernt, da ich den Fuß nicht so wie auf der rechten Seite anziehen konnte.") und eine am Mittelfuß, ebenfalls links, wo eine störende Verknöcherung beseitigt wurde. "Das hat lange gedauert und war keine einfache Sache." Nach einer aufwendigen Reha in Leipzig, schnürte er im Dezember erst wieder die Spikes. Der sechste Titel war deshalb diesmal absolut keine Selbstverständlichkeit.

"Ich habe schon überlegt, ob ich überhaupt noch weitermache." Aber einen driftigen Grund gab es: "Ich bin der Meinung, dass ich noch schneller laufen kann, als das, was ich bisher gezeigt habe." Und so schöpfte Erik Balnuweit, der 2016 sein Studium beendete, neue Motivation und änderte alles. Umfeld, Verein und Trainingsgruppe. "Aber alles einvernehmlich, alles super."

Der Wechsel von Ronald Stein, Sprint-Bundestrainer der Frauen und Chef der Staffeln, zu Jörg Möckel, dem neuen Bundestrainer der Kurzsprinter, war schon länger geplant. Das große Team der Sprinter, zu dem auch einige Hürdensprinter regelmäßig dazustoßen, kennt sich. Nach der Rückkehr von Jörg Möckel von den Olympischen Spielen in Rio de Janeiro (Brasilien) und den zwei Operationen ging das neue Projekt los. "Wenn man immer wieder das Gleiche macht, wird man nicht besser. Dann muss man etwas verändern", erklärte Erik Balnuweit seinen Schritt.

Internationale Hallenmeisterschaften ein gutes Pflaster

Mit den beiden Operationen wurden alle Möglichkeiten ausgeschöpft, weiter Leistungssport auf hohem Niveau betreiben zu können. "Ich hatte nichts zu verlieren. Wir haben sehr hart gearbeitet und das ist der Lohn", sagte der ehemalige Athlet des LAZ und DHfK Leipzig über seine ansteigende Form beim Heimspiel in der Arena. Treten gelegentlich noch Schmerzen auf, bekommt er das mit seinem Ärzte- und Physio-Team, zu dem auch ein Neuroathletik-Trainer gehört, in den Griff. Das Lauf-Gefühl kommt langsam zurück. Die Feinabstimmung wird mit jedem Rennen besser.

"In Belgrad geht es nochmal ein Stück schneller", zeigte sich Erik Balnuweit in Richtung Hallen-EM zuversichtlich. Die Halle liegt ihm einfach. Im Winter erreichte der Neu-Wattenscheider international stets seine besten Platzierungen: Platz sechs bei der Hallen-WM 2014 in Sopot (Polen), Platz fünf bei der Hallen-EM 2013 in Göteborg (Schweden) und Platz vier bei der Hallen-EM 2015 in Prag (Tschechien). Nach seiner Vorgeschichte sind die Erwartungen für die Hallen-EM in Belgrad (Serbien; 3. bis 5. März) moderat: "Das Finale wäre ein schönes Ziel."

Ein Wörtchen mitreden

Schaut man in die Meldeliste von Belgrad, fehlen zwei (Dimitri Bascou und Wilhelm Belocian) der drei französischen Medaillengewinner der vergangenen Hallen-EM. Nur Titelverteidiger Pascal Martinot-Lagarde ist am Start. Dafür ist mit dem Kubaner Orlando Ortega, der seit 2016 für Spanien startet, und Olympia-Silber holte, ein Top-Favorit dazugekommen. Nach Martinot-Lagarde und Ortega (beide 7,45 sec), dem Tschechen Petr Svoboda (7,44 sec) und dem Jahresbesten Andy Pozzi (Großbritannien; 7,43 sec) bringt der Deutsche Hallenmeister mit 7,54 Sekunden die fünftschnellste Bestzeit des Feldes mit. Mit seiner Saisonbestleistung rangiert Erik Balnuweit in Europa so, dass ein Final-Einzug in Reichweite ist.

Zahlen und Fakten sind für den 28-Jährigen aber nicht alles. "Ich bin mittlerweile schon zu alt, um nach Bestenlisten zu kucken. Ich weiß, dass an dem Tag dann ganz andere Sachen entscheidend sind", blickte Erik Balnuweit auf seinen Start am Freitag in Belgrad voraus. "Ich habe eine gute Ausgangssituation. Ich habe oft Leute geschlagen, die schon schneller waren als ich. Ich denke, da kann ich schon ein Wörtchen mitreden." Genug internationale Hallen-Erfahrung hat er auf alle Fälle und doch wird es wie in Leipzig eine Meisterschaft unter neuen Vorzeichen.

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