| Erstes Jahr ohne Leistungssport

Friederike Möhlenkamp – Runterfahren von 100 auf null brauchte Zeit

Im Olympia-Jahr 2016 haben außergewöhnlich viele DLV-Athleten ihre Karriere beendet. 2017 war für sie das erste Jahr ohne Leistungssport. Wir haben nachgefragt, wie es ihnen geht. Bei der früheren 400-Meter-Sprinterin Friederike Möhlenkamp brauchte die Umstellung einige Zeit.
Jan-Henner Reitze / Friederike Möhlenkamp
Friederike Möhlenkamp

Frühere Disziplin: 400 Meter
Bestleistung: 52,55 sec (2016)
Größter Erfolg: Olympia-Teilnahme mit der Staffel 2016

Ihr Abschied kam überraschend. Mit Bestzeit sicherte sich Friederike Möhlenkamp 2016 einen Staffel-Platz bei Olympia. Nach ihrer besten Saison machte die heute 25-Jährige Schluss mit dem Leistungssport und widmete sich ihrem Medizin-Studium. Sie schreibt an leichtathletik.de zu ihrem ersten Jahr ohne Leistungssport:

Ich habe mein Studium als „zweites Standbein“ während meiner leistungssportlichen Karriere immer vorangetrieben und Kontakte außerhalb des Sports gepflegt. Daher war ich der Auffassung, dass ich den Rahmen für eine reibungslose Umstellung geschaffen hatte. So war es auch. Entscheidender war allerdings die emotionale und innere Umstellung für mich selbst, die mehr Zeit erforderte als ich gedacht hätte.

Nach der unglaublich aufregenden und kräftezehrenden Saison 2016 mit dem Höhepunkt in Rio und den vielen tollen Folgeveranstaltungen brauchte ich zunächst Ruhe vom Sport. Ich habe mich in mein Studium gestürzt, um möglichst schnell alle Klausuren aufzuholen, die ich für die Vorbereitung auf die Olympischen Spiele in spätere Semester geschoben hatte. Die Prioritäten hatten sich also schnell verschoben. Immer wieder meldete sich aber mein Körper in völliger Verwirrung über die neu gewonnene Ruhe zu Wort, weshalb ich so manches Mal meine Laufschuhe schnürte und im Wald ein paar schnelle Schritte hinlegte.

Obwohl ich es genießen konnte, dass ich meinen Körper nicht mehr an den Rand der Belastungsgrenze treiben musste, war es schwierig für mich neue Maßstäbe zu setzen: Eine einfache Joggingrunde, die früher als regenerative Einheit diente, war nun mein Sportprogramm und fühlte sich natürlich anfangs so an, als hätte man gar keinen Sport gemacht. Und wo waren eigentlich meine „Pläne“ hin? Es lief schließlich die letzten zehn Jahre meines Lebens alles nach Trainings-, Wettkampf-, Jahres- und Perspektivplänen, die mir eine Struktur vorgaben. Mir fehlte schnell die tägliche Bestätigung, meinen Trainingsplan als kleinstes Glied der Planungskette erfüllt zu haben.

Vorfreude auf Heim-EM in Berlin

Für mich war es dennoch an der Zeit für neue Pläne. Und da half tatsächlich nur eins, nämlich Zeit. Es dauerte letztlich bestimmt ein halbes Jahr, bis ich die Veränderungen in meinem Leben sortiert hatte und meine Energien in richtige Bahnen lenken konnte. Denn im Herzen bleibt man Leistungssportler und ist nur dann zufrieden, wenn man sich Ziele setzt, für die man bereit ist hart zu arbeiten.

Den Mittelpunkt meines Lebens bildet weiterhin mein Studium, welches ich bald abschließen werde, um als Ärztin in die Arbeitswelt zu starten. Der Sport war, ist und bleibt ein zentraler Punkt in meinem Leben, um mich gut zu fühlen und dem Alltag zu entfliehen. Die Leidenschaft zur Leichtathletik ist erhalten geblieben. Ich verfolge die Geschehnisse aus der Ferne und freue mich sehr, den deutschen Startern im kommenden Jahr in Berlin von der Tribüne aus die Daumen zu drücken.

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