| Mehrkampf-Meeting

Fünf 8.000er, drei WM-Normen und Platz vier für Niklas Kaul

Die letzten zwei Disziplinen gehörten wieder einmal Niklas Kaul! Mit herausragenden Leistungen im Speerwurf und über 1.500 Meter kämpfte sich der 21-Jährige noch vor bis auf Rang vier. Auch Kai Kazmirek und Tim Nowak überboten die WM-Norm für Doha. Überragender Sieger beim Mehrkampf-Meeting in Götzis: Damian Warner.
Silke Bernhart
1.500 Meter

Niklas Kaul stürmt vor bis auf Platz vier

Eine Runde lang machte Niklas Kaul das Bummeltempo mit, dann nahm der 21-Jährige das Heft selbst in die Hand. Mit langem Schritt zog er das Feld in die Länge, eine Runde vor Schluss hing nur noch Tim Nowak an seinen Fersen. Fast Seite an Seite überquerten sie die Ziellinie, vorbei ließ der Mainzer den Ulmer aber nicht mehr. Mit 4:20,52 und 4:20,66 Minuten sammelten die beiden wertvolle Punkte: Niklas Kaul auf dem Weg zur Bestleistung von 8.336 Punkten und Rang vier als bester Deutscher. Tim Nowak für seine Mission WM-Norm, die er mit 8.209 Zählern auf Platz sieben knapp erfüllte.

Auch Kai Kazmirek hat nach 4:45,02 Minuten mit 8.229 Punkten die Norm für Doha in der Tasche – Platz sechs in einem Zehnkampf, der nach dem starken ersten Tag für den WM-Dritten auch einige Tiefen parat hatte. Manuel Eitel quälte sich in 4:50,48 Minuten über die ungeliebten 1.500 Meter. Damit war die Hoffnung auf die WM-Norm dahin, aber es reichte noch knapp zu einer neuen Bestmarke von 8.128 Punkten, die Platz neun wert war. Mit einem beherzten Rennen im ersten 1.500-Meter-Lauf hatte Mathias Brugger in 4:28,03 Minuten zuvor seinen fünften 8.000er klargemacht: Mit 8.060 Punkten wurde er Elfter.

Dass die zwei Tage Kräfte gekostet hatten, war auch Damian Warner in der letzten Disziplin anzusehen: In 4:37,39 Minuten blieb er deutlich von seiner Bestmarke entfernt. So wurde es auch nichts mit einer neuen Zehnkampf-Bestleistung. 8.711 Punkte und der fünfte Götzis-Sieg in Folge sprechen dennoch für seine absolute Klasse. Mit deutlichem Abstand folgen in der Gesamtwertung Lindon Victor (8.473 Pkt) und Maicel Uibo (8.353 Pkt).


STIMMEN ZUM WETTBEWERB

Niklas Kaul (USC Mainz):
Dieses Mal hatte ich wirklich nicht mit so einer Aufholjagd gerechnet! Aber ich habe nach dem ersten Tag länger mit meiner Mutter und auch mit meinem Vater gesprochen. Und meine Mutter hat mir gesagt: Du musst wissen, was du hier willst! Daraufhin habe ich mich am Abend nach der Physiotherapie hingesetzt und einen Plan für den zweiten Tag geschmiedet. Da stand drauf: 14,70 über die Hürden, 46 mit dem Diskus, 4,80 im Stabhochsprung, 71 Meter Speer und 4:20 Minuten über 1.500 Meter. Das ist kein Witz! Gestern ist mir irgendwie die Leichtigkeit verloren gegangen, heute war ich nach dem dritten Versuch im Diskuswurf voll da. Der Diskuswurf hat mich zwei Jahre meines Lebens kostet (lacht). Stabhochsprung war solide, auf das Speerwerfen hatte ich richtig Bock, das hat endlich wieder viel Spaß gemacht. Die 1.500 Meter bin ich auch für Tim und seine WM-Norm gelaufen. Vorbeilassen konnte ich ihn am Ende aber natürlich nicht!

Kai Kazmirek (LG Rhein-Wied):
Mit dem ersten Tag war ich mega zufrieden, die Hürden heute waren eigentlich auch in Ordnung, vor allem hintenraus. Aber so ein Zehnkampf kostet viel Kraft, das habe ich heute gemerkt. Im Stabhochsprung ist mir ein ganz neuer Stab gebrochen, das hätte nicht passieren dürfen. Danach war mir irgendwie der Stecker gezogen, ich war gar nicht mehr handlungsfähig. Der Stab ist mir auch gegen den Oberschenkel geknallt, der ist ganz blau. 5,00 Meter im Stabhochsprung wären super gewesen, dann wäre der weitere Wettkampf vielleicht noch mal anders verlaufen. So war der Tag heute nicht gut.

Tim Nowak (SSV Ulm 1846):
Jetzt bin ich happy! Ich habe die WM-Norm. Und ich habe 16.100 Punkte in der IAAF-Challenge, damit bin ich erstmal Führender. Die Hürden am Morgen waren solide. Der Diskuswurf war dann ein Traum! 47 Meter im Ersten - dann fange ich meistens an, die nächsten Versuche zu reißen, aber das ist mir heute nicht passiert. Danach dachte ich: Da ist alles drin! Im Stabhochsprung hat mich die Umbauphase nach 4,80 Metern irgendwie aus dem Konzept gebracht, danach war ich zweimal viel zu dicht, im dritten sind wir dann weit zurück und volles Risiko gegangen, das hat auch nicht hingehauen. Mit dem Speerwurf bin ich eigentlich zufrieden, da wusste ich, dass ich gerade nicht auf Bestleistungsjagd bin. Und vor den 1.500 Metern habe ich mich mit Niklas abgesprochen. Er hat gesagt, er macht für mich Tempo, ich soll dranbleiben. Naja, jetzt denke ich mir natürlich: Mit ein, zwei Höhen mehr im Hochsprung oder Stabhochsprung wäre ich bei 8.300 Punkten gewesen, da konnte ich meine Stärken gar nicht richtig ausspielen. Aber im Zehnkampf läuft eben selten alles perfekt.

Manuel Eitel (SSV Ulm 1846):
Mit dem neunten Platz bin ich zufrieden. Ich freue mich, dass ich hier starten durfte. Aber mit den Punkten bin ich nicht zufrieden, obwohl ich Bestleistung gemacht habe. Der zweite Tag war im Vergleich zum ersten einfach zu schwach. In den letzten vier Disziplinen fehlt einfach die Konstanz. Aber jetzt weiß ich, dass ich 8.250 oder 8.300 Punkte machen kann. Ich freue mich auf meinen ersten internationalen Zehnkampf bei der U23-EM, da will ich die WM-Norm noch mal angreifen.

Mathias Brugger (SSV Ulm 1846):
Der Zehnkampf war okay, mein drittbester 8.000er. Am ersten Tag wäre ich im Hochsprung gerne noch eine Höhe mehr gesprungen, aber da fehlt noch die Routine. Der zweite Tag ging super los mit den Hürden, aber dann kam der Diskuswurf. Ich habe mich noch gut eingeworfen, aber im Wettkampf konnte ich dann nicht mehr reagieren. Das war ähnlich wie im Weitsprung in Berlin mit den drei Ungültigen und sehr schade. Da habe ich mehr als 100 Punkte liegengelassen. Der Stabhochsprung war nach meinem Stabbruch in der letzten Woche wieder eine Zitterpartie, dafür waren die 4,80 Meter echt gut. Über 1.500 Meter war es schade, dass ich nicht mit den Jungs mitlaufen konnte, da hat mir am Ende jemand gefehlt, der mich zieht. In Ratingen gehe ich noch mal für die Challenge-Wertung an den Start, dafür war das hier ein wichtiger Wettkampf.

Speerwurf

Niklas Kaul katapultiert sich in die Top Sechs

Tim Nowak ist ein starker Speerwerfer, das stellte er auch in Götzis wieder unter Beweis. Mit 60,11 Metern kam er jedoch nicht an die Marke seines besten Zehnkampfs (8.229 Pkt) heran, als er 64,00 Meter geworfen hatte. Anders Mathias Brugger: Für ihn bedeuteten 55,29 Meter eine deutliche Steigerung zum Vorjahr, auch wenn er damit im Gesamtklassement keinen Boden gutmachen konnte. Für Nowak muss nun eine 1.500-Meter-Bestleistung her, um ein zweites Mal die 8.200-Punkte-Marke und damit die WM-Norm zu überbieten, Mathias Brugger läuft für ein Resultat in Richtung 8.100 Punkte.

Deutlich mehr ist nach dem Speerwurf für Niklas Kaul drin: Mit 71,49 Metern feuerte er den weitesten Wurf der Konkurrenz ab, der ihn bis auf Rang sechs (7.528 Pkt) nach vorne katapultierte. Mit einer guten 1.500-Meter-Zeit kann er noch auf 8.400 Punkte und die deutsche Pole Position hoffen. Diese hat nach 59,09 Metern auf Rang vier (7.575 Pkt) noch Kai Kazmirek inne. Manuel Eitel (7.512 Pkt) behauptet sich nach 57,27 Metern als Siebter weiter in den Top Ten, auch er braucht jetzt allerdings für den Richtwert von Doha einen Hausrekord auf der Mittelstrecke. Schon in neun Disziplinen mehr als 8.000 Punkte hat Damian Warner (63,67 m) gesammelt. Für 8.800 Punkte muss er 4:23,50 Minuten laufen – so schnell war er noch nie.

Stabhochsprung

Fünfmal 4,80 Meter und ein Stabbruch

Dass er der beste Stabhochspringer im DLV-Quintett ist, zeigte Kai Kazmirek im ersten Versuch über 4,80 Meter. Doch es lief nicht rund: Muskuläre Beschwerden machten ihm zu schaffen, und dann brach auch noch im dritten Versuch über 5,00 Meter der Stab. Tapfer nahm er mit einem neuen Stab erneut Anlauf, aber die Latte fiel. Auch Mathias Brugger fehlte das Quäntchen Glück. Er scheiterte im dritten Versuch an 4,90 Metern knapp – und durfte diesen Versuch nach Protesten auch nicht nachholen, obwohl ihm ein Maßband im Weg gelegen hatte.

Freiluft-Bestleistung eingestellt: Manuel Eitel und Niklas Kaul durften mit 4,80 Metern zufrieden sein. Die Sprünge zuvor hatten allerdings gezeigt, dass die beiden U23-Athleten noch mehr draufhaben. Auch Tim Nowak überwand diese Höhe. Bei 4,90 Metern haderte der 5,10-Meter-Springer mehr mit dem Absprung als mit der Latte – dreimal brach er ab und vergab die Chance, sich weiter nach vorne zu arbeiten.

Lindon Victor (4,80 m) hielt sich mit artistischen Einlagen weiter in den Top Drei, aus denen sich Ashley Moloney nach 4,40 Metern verabschieden musste. 4,60 Meter bedeuteten für Damian Warner einen Dämpfer auf seiner 8.800-Punkte-Mission. Er führt dennoch mit 7.221 Punkten vor Lindon Victor (7.056 Pkt) und Maicel Uibo (6.884 Pkt), der mit 5,30 Metern für Furore sorgte. Kai Kazmirek ist Vierter (6.851 Pkt), Manuel Eitel (6.815 Pkt) hat auf Rang sechs noch einen Zähler Rückstand auf Ashley Moloney. Für ihn kann es wie für Tim Nowak (6.663 Pkt) noch in Richtung 8.250 Punkte gehen. Auf Kurs über 8.300 Punkte liegt der starke Speerwerfer und Läufer Niklas Kaul (6.616 Pkt).

Diskuswurf

Zwei Bestleistungen und zwei Dämpfer

Für den Diskuswurf teilten sich die Athleten in zwei Gruppen auf – die Topathleten im Stadion, die weniger guten Werfer auf der Außenanlage. Dass alle fünf DLV-Teilnehmer auf Anlage A starten durften, zeugt von ihrer Stärke. Besonders zwei konnten diese am Sonntag ausspielen: Tim Nowak steigerte seine Bestmarke auf 47,27 Meter, Niklas Kaul seinen Hausrekord auf 46,90 Meter. Für Manuel Eitel waren 41,90 Meter im grünen Bereich. Kai Kazmirek und Mathias Brugger haderten dagegen mit 41,37 und 40,55 Metern, die sie im Gesamtklassement viele Punkte kosteten – Kazmirek hat schon 45, Brugger gar schon 47 Meter geworfen.

Ein Raunen ging durchs Stadion, wenn Lindon Victor die Disken fliegen ließ. Der Mann aus Grenada überragte die Konkurrenz mit 54,08 Metern. Ihm am nächsten kam Oleksiy Kasyanov (Ukraine; 48,37 m), auch Damian Warner (47,23 m) zeigte gute Würfe. Eine weitere Bestmarke verbuchte auf Anlage B Ashley Moloney, der den für ihn ungewohnten Männer-Diskus auf 41,98 Meter warf.

So konnte der junge Australier (6.085 Pkt) seinen Platz in den Top Drei bewahren, nur Lindon Victor (6.207 Pkt) musste er auf Rang zwei vorbeiziehen lassen. Damian Warner (6.431 Pkt) liegt weiter auf 8.800-Punkte-Kurs. Kai Kazmirek (6.002 Pkt) und Manuel Eitel (5.966  Pkt) mischen auf Platz vier und fünf weiter vorne mit, Tim Nowak (5.814 Pkt) ist auf Rang zwölf an Mathias Brugger (5.786 Pkt; 14.) vorbeigezogen, Niklas Kaul ist auf Rang 18 (5.767 Pkt) in Lauerstellung.

110 Meter Hürden

Guter Auftakt der deutschen Fünf

Das Wichtigste zuerst: Die fünf noch im Zehnkampf von Götzis verbliebenen DLV-Starter sind gut in den zweiten Tag gestartet! Bei noch recht kühlen Temperaturen, aber trockener Bahn und fast Windstille kamen sie in ordentlichen Zeiten über die Hürden, auch wenn der Ausreißer nach oben fehlte. Die schnellste Zeit verbuchte mit einem starken Endspurt nach drei angehauenen ersten Hürden in 14,39 Sekunden Kai Kazmirek (LG Rhein-Wied). Auf die Hundertstel gleich schnell waren die Ulmer Mathias Brugger und Manuel Eitel (14,42 sec), für Vereinskollege Tim Nowak und den Mainzer Niklas Kaul wurden 14,64 und 14,70 Sekunden gestoppt.

Damian Warner (5.618 Pkt) machte an der Spitze mit seinem Anschauungsunterricht weiter: In 13,64 Sekunden fegte der Kanadier über die Hürden, mithalten konnte keiner. Allein Hallen-Europameister Jorge Urena (Spanien; 13,99 sec) blieb ebenfalls unter der 14-Sekunden-Marke. Die nächste Bestleistung gab’s für Youngster Ashley Moloney. Der U20-Weltmeister aus Australien, der auch in diesem Jahr noch in der U20 startberechtigt ist, war nach 14,24 Sekunden im Ziel. Nun kommen jedoch seine schwächeren Disziplinen, die ihn von Rang zwei (5.380 Pkt) noch ein wenig weiter nach hinten befördern dürften.

Platz drei und vier sind in deutscher Hand: Kai Kazmirek steuert weiter ein Resultat jenseits der 8.400 Punkte an, im Vergleich zu seinem besten Zehnkampf 2016 in Rio (5.850 Pkt) hat er nach sechs Disziplinen nur 86 Punkte weniger auf dem Konto. Manuel Eitel bleibt als derzeit Vierter (5.263 Pkt) die deutsche Überraschung von Götzis, doch auch auf ihn warten nun schwächere Disziplinen. Mathias Brugger (5.110 Pkt) ist als Zehnter in die Top Ten gesprintet, Tim Nowak (5.000 Pkt; 14.) liegt ebenso noch auf Bestleistungskurs wie Niklas Kaul (4.961 Pkt; 17.), der jetzt mit seinen Top-Disziplinen zu seinem langen Endspurt ansetzen und sich weiter nach vorne pirschen wird.

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