| Doppel-Interview

Hahner-Twins: "Rio-Trip lässt die Beine schneller laufen"

Im Vorfeld des Berlin-Marathons (27. September) haben die Zwillingsschwestern Anna und Lisa Hahner (run2sky.com) im Doppel-Interview über ihren Aufenthalt in Rio (Brasilien), wo sie Ende Juli Test-Rennen bestritten, und ihren olympischen Traum gesprochen. Mit großer Motivation geht Anna am Sonntag in der Hauptstadt an den Start, Lisa vier Wochen später in Frankfurt (25. Oktober). Ziel: die Olympia-Norm.
pm/pr

Anna und Lisa Hahner, ist es Ihnen schwer gefallen, wieder aus Rio de Janeiro abzureisen?

Anna Hahner:

Oh ja, Rio ist eine großartige Stadt, die so faszinierend ist. Überall gibt es etwas Neues zu entdecken. Gleichzeitig habe ich mich aber auch darauf gefreut, die Bilder und Emotionen mit nach Deutschland zu nehmen und mich dort weiter auf den Berlin-Marathon vorzubereiten.“

Lisa Hahner:

Ich liebe Rio und ich weiß, dass wir bald schon wieder herkommen werden. Daher hat selbst bei der Abreise das Gefühl der Vorfreude überwogen. Es ist ja nur ein Abschied auf Zeit, und bis dahin ist Rio stets präsent, bei jedem Training, jedem Wettkampf und selbst beim Frühstück, weil wir jeden Morgen aus Kaffeetassen mit dem Logo der Olympischen Spiele trinken.
 
Anna, Sie sind beim Rio-Marathon über die volle Distanz Zweite geworden. Welche Erkenntnisse haben Sie gewonnen?

Anna Hahner:

Rio rockt. Es macht so viel Spaß, in der Stadt zu laufen. Die wichtigste Erkenntnis lautet trinken, trinken, trinken. Bei den klimatischen Bedingungen habe ich viel mehr geschwitzt als sonst beim Laufen.
 
Lisa, Sie haben in Rio den Halbmarathon bestritten. Was haben Sie aus Brasilien mitgenommen?

Lisa Hahner:

Es war ein richtig tolles Gefühl, nach dem Halbmarathon in Rio über die Ziellinie zu laufen. Insgesamt habe ich aus Brasilien ganz viele tolle Momente mitgenommen, die mich nun bei jedem Training begleiten. Das motiviert und lässt meine Beine noch schneller laufen.
 
Abgesehen von der sportlichen Vorbereitung: Inwieweit hilft der Aufenthalt beim Erreichen des großen Traums Olympische Spiele?

Anna Hahner:

Große Bilder von den Olympischen Spielen haben wir schon seit London 2012 im Kopf. Die Bilder sind durch den Rio-Trip mit Erlebnissen und Emotionen aufgeladen worden. Wir standen im Sambadrom, dort wo der Olympische Marathon gestartet und gefinisht wird. Dieses Bild und das Gefühl nehme ich mit in jede Trainingseinheit.

Lisa Hahner:

Aus dem abstrakten Ziel Olympische Spiele in Rio sind jetzt ganz viele bunte Bilder mit vielen Emotionen geworden. Um unsere Ziele besser zu erreichen, machen wir uns Zielbilder. Wir stellen uns vor, wie es ist, das Ziel bereits erreicht zu haben. Das geht so viel leichter, weil wir jetzt wissen, wie es in Rio aussieht. Wir kennen das Wetter, die Landschaft und die Leute. So zieht es uns noch stärker zu unserem Ziel.
 
Haben Sie schon eine Vorstellung davon, wie es wäre, bei Olympia dabei zu sein? Nahezu jeder Sportler sagt, es gäbe nichts Größeres oder Schöneres...

Anna Hahner:

Ich glaube, das Faszinierende wird sein, mit so vielen Athleten aus verschiedensten Sportarten und Nationen zusammen zu treffen. Die Olympischen Spiele sind das größte Sportereignis der Welt, davon möchte ich ein Teil sein. Wie es sich dann tatsächlich anfühlt, werde ich im August nächsten Jahres wissen.

Lisa Hahner:

Die Energie, die bei dem Ereignis herrscht, muss unfassbar groß sein. Die Sportler, die es dorthin geschafft haben, sind Menschen, die ihren Traum leben. Sie richten ihr Leben danach aus, und in den gut zwei Wochen sind alle an einem Ort vereint. Ich denke, das Gefühl ist mit keinem anderen zu vergleichen.
 
Ehe es soweit ist, müssen Sie die Olympia-Norm laufen, die bei 2:28:30 Stunden liegt. Anna, mit 2:26:44 Stunden haben Sie diese Zeit beim Berlin-Marathon 2014 unterboten. Gelingt Ihnen das in diesem Jahr wieder?

Anna Hahner:

Das ist ganz klar mein Ziel und ich bin überzeugt, dass ich dieses erreichen werde.
 
Es wird Ihr dritter Start in Berlin sein. Was macht diese Veranstaltung aus?

Anna Hahner:

Der Berlin-Marathon ist stimmungsmäßig unschlagbar. Auf der kompletten Distanz von 42,195 Kilometer stehen Zuschauer, die die Läufer anfeuern und ihnen zujubeln. Der krönende Abschluss ist die Zielgerade durch das Brandenburger Tor. Das ist ein absolutes Gänsehautfeeling, plötzlich ist das riesige Bauwerk vor einem und man fühlt sich selbst so klein. Gleichzeitig weiß man, dass man was Großes vollbracht hat, nämlich einen Marathon gelaufen zu sein.
 
Lisa, Ihre Bestzeit liegt bei 2:30:17 Stunden, gelaufen 2013 in Frankfurt. In diesem Jahr werden Sie dort erneut starten. Welches Ziel haben Sie sich gesetzt?

Lisa Hahner:

Ich möchte in Frankfurt die Norm für die Olympischen Spiele laufen. Dafür werde ich ein ganzes Stück schneller als meine Bestzeit laufen. Außerdem sind in Frankfurt in diesem Jahr die Deutschen Marathon-Meisterschaften. Ich denke, dass ich mit einer Zeit deutlich unter 2:30 Stunden um den Titel mitlaufen werde.
 
Frankfurt ist Ihr Heimatmarathon und daher sicher etwas Besonderes. Sind Sie heimatverbunden?

Lisa Hahner:

Mit dem Frankfurt Marathon verbinde ich viele schöne Erinnerungen. Heimat ist für mich ein Gefühl, das ich an besonderen Orten empfinde. Dazu zählen die hessische Vorderrhön, wo ich aufgewachsen bin, und der Schwarzwald, wo ich mittlerweile wohne. Ich liebe beide Orte und würde mich als hessische Schwarzwaldläuferin bezeichnen.
 
Plaudern Sie doch mal aus dem Nähkästchen: Gibt es eine lustige Anekdote oder Kuriosität, die Sie bei Ihrer Rio-Reise erlebt haben?

Anna Hahner:

Ich glaube das Kurioseste war die Fahrt am Morgen vom Marathon zum Start. Mit einem sehr motivierten Fahrstil des Taxifahrers habe ich es drei Minuten vor Startschuss an die Startlinie geschafft. Geplant war eigentlich, dass ich eineinhalb Stunden vorher da bin. Aber der Verkehr in Rio ist überhaupt nicht planbar.

Lisa Hahner:

Da kann ich mich anschließen. Ich bin die letzten zwei Kilometer zur Startlinie gerannt und habe erst während des Countdowns die Startlinie zu meinem Halbmarathon erreicht. Das alles, obwohl es sogar eine technische Besprechung am Vortag des Wettkampfs gab, wo uns gesagt wurde, dass angeblich ein Bus die Elite-Athleten beim Hotel abholen würde. Nach 45-minütigem Warten haben wir dann selbst unser Glück in die Hand genommen und den Transfer zum Start organisiert.
 
Wer ist Ihr sportlich größtes Idol?

Anna Hahner:

Haile Gebrselassie. Wir hatten das Glück, ihn während unseres Trainingslagers in Äthiopien persönlich kennenlernen zu dürfen. Er ist eine faszinierende Person, die so viel Wärme und Freude ausstrahlt. Und darüber hinaus natürlich eine absolute Ikone im Langstreckenlauf. Mir hat es imponiert, wie er mit seinen Mitmenschen umgeht.

Lisa Hahner:

Haile ist grandios. Er läuft so federleicht wie eine Gazelle, es ist großartig, ihn laufen zu sehen. Haile ist ein Vorbild als Mensch, als Sportler und als Geschäftsmann.
 
Unternehmen wir eine kleine Zeitreise: Sie sitzen heute in einem Jahr zusammen im Café und unterhalten sich über die vergangenen Monate. Was würden Sie sich gerne erzählen?

Anna Hahner:

Ich habe mir seit vier Jahren ausgemalt, wie großartig es sein wird, den Olympischen Marathon in Rio zu laufen. Jetzt ist er einen Monat her und ich bin immer noch geflasht. Er hat alle meine Erwartungen sogar noch um Längen übertroffen. Einfach nur megamäßig, das war der absolute Oberhammer.

Lisa Hahner:

Was kann es cooleres geben, als bei den Olympischen Spielen die beste sportliche Leistung zu bringen? Das haben wir geschafft. Im Ziel liegen wir uns total überwältigt, erschöpft und mega-glücklich in den Armen.

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