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Homiyu Tesfaye weiter hungrig auf Rekorde

Homiyu Tesfaye ist ehrgeizig. Er hat ein großes Ziel vor Augen - den Olympiasieg. Der Mittelstreckler könnte damit Geschichte schreiben. In Wien hat er sich einen ersten Eintrag in die Geschichtsbücher gesichert. Er verbesserte über 1.500 Meter bei der Vienna Indoor Gala den 17 Jahre alten deutschen Hallenrekord von Rüdiger Stenzel. Weitere Rekordläufe sind geplant.
Reinhard Sogl

Vielleicht war es ja doch ganz gut, dass es beim Indoor Meeting am 31. Januar in der Karlsruher Messehalle nicht mit dem erhofften Start im 1.500-Meter-Rennen geklappt hatte für Homiyu Tesfaye.

Eigentlich hatte der 21-Jährige von der LG Eintracht Frankfurt beim Testlauf für die am 21./22. Februar an gleicher Stelle stattfindenden deutschen Titelkämpfe über seine Lieblingsdistanz die Norm für die Hallen-Europameisterschaften in Prag (Tschechische Republik; 5. bis 8. März) laufen wollen. Weil das Mittelstrecken-Ass aber nur über 3.000 Meter einen Startplatz bekommen hatte - aus dem Tesfaye dann vorzeitig ausstieg - entschieden sich er und Bundestrainer Wolfgang Heinig noch am selben Abend kurzfristig für einen Start des WM- und EM-Fünften bei der Vienna Indoor Gala in Wien (Österreich).

Schnellste Zeit weltweit

Die Stippvisite am vergangenen Samstag im Ferry-Dusika-Stadion der österreichischen Hauptstadt sollte sich lohnen: Homiyu Tesfaye unterbot nicht nur die EM-Norm, sondern verbesserte auch den 17 Jahre alten deutschen Rekord des Wattenscheiders Rüdiger Stenzel um fast vier Zehntelsekunden auf 3:35,71 Minuten. So schnell war in diesem Winter zudem weltweit noch kein anderer Läufer unterwegs.

„Dass er die Zeit laufen kann, wusste ich, weil er seit November planmäßig trainieren konnte. Aber einen Rekord kann man nicht planen“, kommentierte Heinig das Husarenstück von Tesfaye, dessen Leistung er trotz allem als „erstaunlich“ bezeichnete. Denn zum einen sei nicht nur das Training auf den Höhepunkt Prag ausgerichtet gewesen, sondern der 21-Jährige war in der zweiten Hälfte des Rennens auch ganz auf sich alleine gestellt.

Tesfaye war einsam, aber schneller, nachdem ihm bis zur 750-Meter-Marke sein Frankfurter Trainingspartner Nico Sonnenberg noch als Tempomacher gedient hatte. Der Hase machte einen optimalen Job: Die Durchgangszeit  über 800 Meter war 1:55 Minuten. „Die letzten zwei Runden waren richtig hart. Mein Trainer hat gesagt, es ist Kopfsache. Daran habe ich geglaubt“, sagte Tesfaye. Sonnenberg war erster Gratulant.

Freiluft-Rekord im Visier

„Das ist eine gute Ausgangsposition für die Hallen-EM und für den Sommer“, sagte Heinig. In Prag will das Lauftalent, das im vergangenen Jahr den Uralt-Freiluftrekord von Thomas Wessinghage von 3:31,58 Minuten nur um vier Zehntelsekunden verpasst hatte, bei der EM 2014 in Zürich Versäumtes nachholen.

Eine Medaille ist das Minimalziel des jungen Mannes, der im Letzigrund in einem von Taktik und Stürzen geprägten Finale nur Fünfter geworden war. Eindeutig zu wenig für den ehrgeizigen Athleten, dessen Ziel nichts weniger als der Olympiasieg ist. Sein genereller Antrieb, Geschichte schreiben zu wollen, ist ihm mit dem Eintrag auf Platz eins in der „ewigen“ deutschen Hallenbestenliste schon einmal gelungen.

Mit seinem Rekord gab Tesfaye eine Woche vor den Hallenmeisterschaften in Karlsruhe auch ein Statement ab in Richtung seiner nationalen Konkurrenten Florian Orth (LG Telis Finanz Regensburg) und Timo Benitz (LG farbtex Nordschwarzwald), die ihm im vergangenen Jahr den Status als aktuell bester  Mittelstreckenläufer Deutschlands streitig gemacht hatten. „Jetzt kurz vor der DM war es ganz gut, dass er gezeigt hat: Ich bin auch wieder richtig da“, meinte Heinig, der die neue Bestzeit aber auch „vielleicht als Ansporn“ für die Konkurrenten wertete, es Tesfaye nachzumachen.

Kein DM-Doppelstart

Um Kräfte zu schonen für Prag, wird Tesfaye am Wochenende nur über die 1.500 Meter seinen Titel verteidigen, nachdem er vor einem Jahr auch über die 3.000 Meter triumphiert hatte. Bei der darauf folgenden Hallen-WM wirkte er dann aber etwas müde. „Der eine Lauf mehr war vielleicht ein bisschen zu viel“, sagte Heinig. Sein Schützling ist auch für das Meeting in Stockholm (Schweden) am Donnerstag (19. Februar) über seine Spezialstrecke gemeldet, weil das EM-Norm-Vorhaben in Wien ja auch hätte schieflaufen können.

Dass Homiyu Tesfaye gut in Form ist, hatte der seit 2013 für Deutschland startberechtigte Äthiopier bereits eine Woche zuvor im französischen Mondeville bewiesen, als er über 800 Meter in 1:48,26 Minuten persönliche Bestzeit lief. Schon im dreiwöchigen Höhentrainingscamp in Kenia im Januar habe Tesfaye laut Heinig so „außergewöhnliche“ Leistungen gezeigt, dass sich sogar die einheimischen Läufer erkundigt hätten, wo der Sportsoldat denn überall starten werde. Wien und der deutsche Rekord standen damals noch nicht auf dem Kalender.

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