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1.458 Tage warten: Julian Howard startet endlich auch im Sommer durch

Bad Langensalza und die acht Meter: Die Marke will für Julian Howard einfach nicht fallen. Beim Weitsprung-Meeting im Salza-Park holte sich der 28-Jährige am vergangenen Samstag bei wechselhaften Bedingungen mit 7,88 Metern den dritten Platz. Schon 2013 hatte er 7,98 Meter erzielt. Ein Blick in die deutsche Bestenliste offenbart sein Potenzial: Das Ranking führt der Athlet der LG Region Karlsruhe mit 8,15 Metern an, die WM-Norm für London ist damit exakt abgehakt. Schon am kommenden Wochenende darf er im Nationaltrikot bei der Team-EM in Lille ran.
Sandra Arm

In Bad Langensalza war alles hergerichtet für die große Flugshow: ein gut aufgelegter Julian Howard (LG Region Karlsruhe), ein begeistertes Publikum und ein Moderationsduo mit Konstantin und Hardy Krause, das mit flotten Sprüchen bestens unterhielt. "Es macht richtig viel Spaß hier zu springen. Die Atmosphäre ist unheimlich schön", betonte Julian Howard, der sich für seinen Wettkampf "mindestens eine Acht vor dem Komma" erhofft hatte.

Im gleichen Atemzug bat er um Nachsicht, dass nicht in jedem Wettkampf eine Weite über acht Meter möglich sei. Doch gerade nach seinen Auftritten in Weinheim (8,11 m) und Oberteuringen (8,15 m) hatte er sich für seinen fünften Wettkampf der Freiluftsaison mehr erhofft als 7,88 Meter. Es waren durchaus zwei, drei Sprünge dabei, die in die richtige Richtung gingen. Die Versuche hatten nur einen Haken: ungültig. Geschuldet seiner Einstellung.

Drei Jahre warten auf den neuen Hausrekord

Doch der Reihe nach. Nach drei bescheidenen, vom Verletzungspech geprägten Jahren, läuft es beim 28-Jährigen nun wieder runder. "Das Karma hat eingesehen, dass ich jetzt dran bin, verletzungsfrei zu bleiben und sauber durchzukommen. Ich hatte in den vergangenen Jahren immer Pech. Nach guten Leistungen in der Halle habe ich es anschließend nie geschafft, das Niveau mit nach draußen zu nehmen", sagt der Top-Springer.

Nun scheint sich das Blatt zu wenden. "Dieses Jahr ist mir das Glück ein bisschen hold", sagt Julian Howard, "ich bin bisher ohne Verletzung geblieben, gut durchgekommen und habe nie die Hoffnung aufgegeben, dass es weit gehen kann. Ich wusste, dass noch ein bisschen mehr in mir steckt als 8,07 Meter." Lange musste er auf eine neue Bestweite warten. 1.458 Tage um genau zu sein. In Weinheim platzte der Knoten endlich. "Die Bedingungen waren einfach top. Ich habe mich unglaublich toll und schnell gefühlt. Und da wusste ich, heute ist eine Bestleistung drin." Das Gefühl trog nicht, 8,11 Meter waren der verdiente Lohn.

Und es ging sogar noch mehr. Was vorher Tage, Monate, Jahre gedauert hatte, sollte sich nun innerhalb von einer Woche zweimal erfüllen: Julian Howard packte die nächste Topweite aus. Beim Meeting in Oberteuringen standen 8,15 Meter im Protokoll. Zugleich die Norm für die Weltmeisterschaften in London (Großbritannien; 4. bis 13. August) und der Sprung an die Spitze der deutschen Bestenliste. "Ich war in dem Moment selbst überrascht. Die Weite war umso schöner, weil es zuvor in Weinheim mit der Norm noch nicht geklappt hatte."

Hallensaison gibt Selbstvertrauen für den Sommer

Mächtig Rückwind für die Topleistungen gab eine tolle Hallensaison mit dem deutschen Meistertitel und dem fünften Platz bei der Hallen-EM in Belgrad. Und auch die anschließende Vorbereitung auf die Freiluftsaison verlief reibungslos. "Ich wusste, ich muss eigentlich nur konsequent durcharbeiten und dann geht es draußen auch weit. Das habe ich gemacht. Für mich ist das ein sehr schönes Gefühl", sagt Julian Howard sichtlich zufrieden. Trainiert wurde vorrangig in Karlsruhe, den Heim-Einheiten schlossen sich Trainingslager in Belek (Türkei) und Monte Gordo (Portugal) an.

Woran wurde verstärkt gearbeitet? Trainer Udo Metzler und sein Schützling bevorzugen "ein geschwindigkeitsorientiertes Springen mit möglichst wenig Geschwindigkeitsverlusten am Brett". Bisher setzte Julian Howard die Philosophie gut um, was sich auch in den biomechanischen Analysen des OSP Hessen bestätigt. "Wenn man verletzungsfrei ist, im Training aus längerem Anlauf springen kann, dann ähnelt dies mehr einem Wettkampfsprung. In konnte in dem Bereich mehr machen, weil ich gesund war und profitiere nun davon – es ist alles harmonischer am Brett", erklärt er die Vorzüge einer Vorbereitung ohne Zwangspausen.

Experimentieren ohne Normdruck

Zurück nach Bad Langensalza: Noch passt es nicht perfekt mit dem Anlauf. Die Tage zuvor hatten Trainer und Athlet noch intensiv daran gearbeitet. Beim Meeting wurde nun fleißig ausprobiert, die Sprünge noch nicht aus einem Guss. "Ich bin generell jemand, der gern rumspielt und experimentiert. Deshalb war auch der eine oder andere Sprung leicht übergetreten."

Die "Spielerei" kann Julian Howard sich leisten, so ganz ohne Normdruck. "Man kann sich das nicht vorstellen, welch ein unheimlicher Druck auf uns Athleten lastet. Mit erfüllter Norm ist es ganz schön, wenn man zum Wettkampf fährt und nicht jeden Sprung maximal draufballern muss, sondern schauen kann, wie er sich am besten anfühlt."

In Erfurt "heißer Fight" um den DM-Titel

Doch der Weitspringer ist sich auch der Gefahr der ungewohnten Situation bewusst: "Ich habe die Norm früh abhaken können. Fatal wäre es, sich jetzt darauf auszuruhen.“ Er muss weiterhin Gas geben – als nächstes für möglichst viele Punkte für die deutsche Nationalmannschaft: Julian Howard wurde für die Team-EM in Lille (24./25. Juni) nominiert. "Ich freue mich extrem auf meinen Einsatz für die Nationalmannschaft und werde dort mein Bestmögliches tun, um über acht Meter zu springen", blick er voraus.

Nach einem anschließenden Trainingsblock warten die <link>Deutschen Meisterschaften in Erfurt (8./9. Juli). Einfach hinfahren, springen und den Titel abholen, so leicht wird es dem derzeit besten deutschen Springer wohl nicht gemacht. "Das wird keinesfalls ein Selbstläufer. Ich erwarte einen heißen Fight um den Titel. Ich muss fokussiert in den Wettkampf gehen und meine beste Leistung abrufen, um zu gewinnen", weiß Julian Howard. Im Sommer stand er noch nie ganz oben auf dem Treppchen. "Ich will mir selbst beweisen, dass ich Deutscher Meister werden kann", sagt er. Vielleicht sogar mit einem Acht-Meter-Sprung.

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