| Interview

Kai Kazmirek: "Spaß haben und Erfahrungen sammeln"

Ein wenig feuchte Hände hatte Kai Kazmirek (LG Rhein-Wied) vergangenes Wochenende schon, als er den Zehnkampf in Ratingen verfolgte. Doch am Ende reichte seine 8.471-Punkte-Vorlage aus Götzis (Österreich), um ganz sicher das EM-Ticket zu buchen. Im Interview spricht der 23-Jährige über seine ungewohnte Rolle als Zuschauer, seine Ziele für Zürich und seinen neuen Speerwurftrainer.
Martin Neumann

Kai Kazmirek, konnten Sie den zweiten Tag des Ratinger Zehnkampfes entspannt als Zuschauer im Stadion genießen?

Kai Kazmirek:

Entspannt nicht. Aber von Disziplin zu Disziplin bin ich doch ein wenig ruhiger geworden.

Hatten Sie denn gezweifelt, dass Ihre 8.471-Punkte-Vorlage aus Götzis nicht zum EM-Ticket reichen würde?

Kai Kazmirek:

Ganz ehrlich: Als ich am Samstagmittag die 10,40 Sekunden von Rico Freimuth und die 10,67 Sekunden von Arthur Abele über 100 Meter erfahren habe, wusste ich, dass die Jungs gut drauf waren. Pascal Behrenbruch hatte sich gegenüber Götzis mit 11,00 Sekunden auch erheblich gesteigert. Da war es nicht ausgeschlossen, dass mich noch drei Jungs übertreffen würden.

Wie haben Sie den ersten Tag verfolgt, vor Ort waren Sie ja nicht?

Kai Kazmirek:

Am Samstag bin ich ja selbst in Bad Neuenahr bei den Rheinland-Pfalz-Meisterschaften in drei Disziplinen gestartet und wollte mir eigentlich bis nach dem Wettkampf verbieten, mich mit den Ergebnissen aus Ratingen zu beschäftigen. Leider hat mir die Stadionsprecherin einen Strich durch die Rechnung gemacht und die Ergebnisse zeitnah durchgesagt.

Nun können Sie aber mit der EM in Zürich planen. Welche Ziele haben Sie sich gesetzt?

Kai Kazmirek:

Einen Platz unter den besten Fünf traue ich mir zu.

Das ist aber ziemlich tiefgestapelt. Momentan führen Sie mit Ihrer Götzis-Punktzahl die Europa-Bestenliste an und werden damit wahrscheinlich der Gejagte in Zürich sein …

Kai Kazmirek:

... aber bei der EM geht es nicht um Punkte, sondern um Plätze. Außerdem ist es meine erste große Meisterschaft bei den Männern, das darf man nicht vergessen. Die meisten anderen Athleten sind deutlich erfahrener als ich, kennen die Situation in einem vollen Stadion und bei einem extrem gestreckten Zeitplan. Ich will in Zürich Spaß haben und Erfahrungen sammeln. Für mich gehört der Spaß auch bei einer großen Meisterschaft absolut dazu.

Wer sind Ihre Medaillenkandidaten für Zürich?

Kai Kazmirek:

Es gibt eine Reihe Anwärter auf die vorderen Plätze. Natürlich die drei deutschen Starter, aber auch Kevin Mayer, der sich mit 8.323 Punkten in Ratingen eindrucksvoll zurückgemeldet hat.

Sie kennen den Franzosen ziemlich gut aus vielen Wettkämpfen und aus gemeinsamen Trainingslagern.

Kai Kazmirek:

Das stimmt. Er hat die U20-WM 2010 in Moncton gewonnen, als ich Sechster geworden bin. Im April haben wir sogar für zwei Wochen zusammen bei ihm in Montpellier trainiert. Er ist zwar ein Jahr jünger als ich, hat aber schon deutlich mehr internationale Erfahrung. So war er ja schon WM-Vierter 2013 in Moskau. Er hat sehr erfahrene Trainer, die mir auch weitergeholfen haben.

Im Stabhochsprung wird Ihr Trainer Jörg Roos von Herbert Czingon unterstützt. Wann steht die nächste Einheit beim ehemaligen DLV-Cheftrainer auf dem Programm?

Kai Kazmirek:

In dieser Woche bin ich wieder in Mainz zum Training, danach geht es weiter nach Magdeburg zum Speerwurf-Training bei Ralf Wollbrück.

Das heißt, Sie trainieren den Speerwurf nicht mehr bei Professor Hermann Salomon in Mainz?

Kai Kazmirek:

Wir haben unsere Zusammenarbeit beendet, da es Meinungsverschiedenheiten gab. Jedoch haben wir uns in Freundschaft getrennt, sodass ich, falls ich einmal einen Rat brauchen sollte, ihn jederzeit um Hilfe bitten kann.

Das ist aber ein ganz schön großer Aufwand, für eine Disziplin von Kob-lenz nach Magdeburg zu fahren …

Kai Kazmirek:

… das wird auch nur für die kommenden Wochen sein. Ab September werde ich im Speerwurf von Holger Klein betreut. Er kommt aus dem Wurf und trainiert in Koblenz unter anderem die Siebenkampf-U18-Weltmeisterin Celina Leffler. Ich freue mich auf die Zusammenarbeit mit ihm.

Warum setzt Ihr „Cheftrainer“ Jörg Roos in mehreren Disziplinen auf externe Berater?

Kai Kazmirek:

Dies dient zum einen der Entlastung von Jörg, zum anderen ist es ganz normal, dass man sich Rat bei ausgewiesenen Experten holt. Außerdem darf man nicht vergessen, dass Jörg kein Vollzeittrainer ist, sondern nur eine halbe Stelle innehat. Daneben arbeitet er halbtags als Architekt. Da ist es gar nicht möglich, dass er jeden Tag zweimal auf dem Platz steht.

<link>Quelle: Leichtathletik - Ihre Fachzeitschrift

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