| DM 2017 Erfurt

Laura Müller nimmt die Abkürzung nach London

Über 400 Meter hat es mit der Norm nicht geklappt? Dann qualifiziere ich mich eben über 200 Meter für die Weltmeisterschaften in London (Großbritannien)! So hat es Laura Müller (LC Rehlingen) gemacht: Bei der DM in Erfurt schnappte sich die Viertelmeilerin mit pfeilschnellen 22,65 Sekunden das Ticket zur WM.
Philip Häfner

Laura Müller hat den kurzen Weg nach London (Großbritannien) eingeschlagen. Nachdem es über 400 Meter in dieser Saison noch nicht geklappt hatte mit der Norm für die Weltmeisterschaften (4. bis 13. August), konnte die 21-Jährige in Erfurt den geforderten Richtwert über 200 Meter gleich im Vorlauf erreichen. Mit 22,85 Sekunden lief sie exakt die Zeit, die für einen Start bei der WM gefordert wird.

Von den Deutschen U23-Meisterschaften in Leverkusen hatte die Sprinterin vom LC Rehlingen bereits 22,98 Sekunden stehen – Platz drei in der DLV-Bestenliste. Weil sie aber gleichzeitig über 400 Meter mit 52,04 Sekunden die schnellste Zeit des Jahres vorweisen konnte, rechneten wohl die meisten Beobachter damit, dass Müller in Erfurt über diese Distanz an den Start gehen würde.

Doch als Ruth Sophia Spelmeyer (VfL Oldenburg) im 400-Meter-Finale in 51,84 Sekunden zum Titel stürmte – nach 51,72 Sekunden im Vorlauf, womit sie nur zwei Hundertstel über der WM-Norm geblieben war –, stand Laura Müller noch auf dem Aufwärmplatz und bereitete sich auf ihren Endlauf über 200 Meter vor. „Der Vorlauf war noch nicht ganz rund. Ich wusste, dass da noch mehr geht“, sagte sie später.

Schnellste Siegerzeit seit 1996

Im Finale legte sie tatsächlich noch einen Zahn zu. Laura Müller schoss aus den Blöcken (Reaktionszeit: 0,103), ging als Führende vor Rebekka Haase (LV 90 Erzgebirge) auf die Zielgeraden. Und sie baute ihren Vorsprung sogar noch aus. Nach 22,65 Sekunden war sie im Ziel – nur eine Hundertstel über der deutschen Jahresbestzeit und die schnellste Zeit bei Deutschen Meisterschaften seit 1996, als Melanie Paschke 22,64 Sekunden gesprintet war. Sie konnte es selbst nicht fassen. Immer wieder schlug sie die Hände vors Gesicht. „Für mich hat heute einfach von Anfang bis Ende alles gepasst“, sagte sie freudestrahlend.

Man mag es ihr von Herzen gönnen. In den vergangenen Jahren hatte Müller bei Deutschen Meisterschaften viel Pech gehabt. Bei den Hallen-Titelkämpfen 2016 in Leipzig jubelte sie im Ziel zunächst über den vermeintlichen Titel, wurde Minuten später aber disqualifiziert, weil sie vor der zweiten Kurve auf eine Linie getreten war.

Im Februar 2017 war sie dann an gleicher Stelle beim Probestart vor ihrem 400-Meter-Vorlauf mit einem Kameramann zusammengestoßen. Sie lief trotzdem, gewann das Rennen sogar, gab danach aber zu: „Das war nicht die beste Idee, ich fühle mich wie nach einem Autounfall.“ Auf das Finale musste sie mit Schmerzen im Bereich der Halswirbel verzichten.

Doppelstart bei der U23-EM

Das Wochenende in Erfurt war Balsam für die geschundene Sprinterseele. Nach dem erfolgreichen Auftritt im Steigerwaldstadion reist Laura Müller mit viel Selbstvertrauen zu den U23-Europameisterschaften nächste Woche in Bydgoszcz (Polen; 13. bis 16. Juli). Dort hat die Saarländerin wieder die 400 Meter auf ihrem Wettkampf-Programm. Auf der Stadionrunde ist sie aktuell die Nummer zwei in Europa.

Egal ob 200 oder 400 Meter: Laura Müller weiß jetzt, dass sie zwei Asse im Ärmel hat. Und was manchmal wie ein Umweg erscheint, kann schnell zur Abkürzung werden. Der Weg nach London führt sie nun jedenfalls erst einmal über Bydgoszcz.

<link btn>DM 2017 Erfurt

Teilen
#TrueAthletes – TrueTalk

Hier finden Sie alle Folgen des Podcasts des Deutschen Leichtathletik-Verbandes!

Zum Podcast
Jetzt Downloaden
DM-Tickets 2024