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Leichtathletik-Paare: Gemeinsam doppelt so stark

Die gleiche Sportart, zum Teil die gleiche Disziplin, gemeinsame Ziele und Team-Player im Alltag: Unter den DLV-Athleten gibt es einige Sportler, die privat liiert sind und davon profitieren. Wir stellen fünf Leichtathletik-Paare vor und haben nachgefragt, welche Vorteile es mit sich bringt dieselbe Leidenschaft zu teilen.
Pamela Ruprecht
Lisa Mayer & Marc Reuther: Verständnis und Professionalität im Doppelpack

Disziplin: 100 und 200 Meter/800 Meter
Verein: Sprintteam Wetzlar/Wiesbadener LV
Alter: 20/20 Jahre
Größte Erfolge: Olympia-Vierte 4x100 Meter/DM-Dritter 2016

Sprinterin Lisa Mayer findet es hilfreich, dass ihr Freund auch Leistungssportler ist. „So jemand hat einfach mehr Verständnis“, sagt die 20-Jährige, wenn es um die hohen Trainingsumfänge geht, man abends erschöpft ist oder kürzer treten muss, weil am nächsten Tag ein Wettkampf bevor steht. Die Hallen-EM-Fünfte über 60 Meter ist seit knapp vier Jahren mit 800-Meter-Läufer Marc Reuther liiert. Kennengelernt haben sich die beiden Hessen in der Jugend über Wettkämpfe und Trainingslager ihres Landesverbandes. Der Kontakt kam also über die Leichtathletik zustande.

Gemeinsam sportlich in Aktion ist das Paar seit Eintritt in die Aktiven-Klasse mittlerweile fast ausschließlich bei großen Meisterschaften wie zum Beispiel nationalen Titelkämpfen. „Es ist schön, wenn man zusammen auf Wettkämpfe fahren und sich das Hotelzimmer teilen kann und so seine vertraute Umgebung hat“, erzählt die Olympiateilnehmerin. Wenn es darauf ankommt und die Leistung zählt, „sind wir beide aber professionell genug und machen unser eigenes Ding“, meint Lisa Mayer. Es kann etwa vorkommen, dass Marc Reuther im Finale an der Startlinie steht, während die Sprinterin gerade in der Aufwärm-Phase für ihren Wettkampf ist. Die zwei Minuten Auszeit eines 800-Meter-Rennens als Zuschauerin sind in dieser Konzentrationsphase aber meistens drin.

Die Trainingslager der Sprinter und Läufer – Marc Reuther war aktuell in der Höhe von Potchefstroom (Südafrika) – finden an ganz unterschiedlichen Orten statt, so dass gemeinsame Trainingsaufenthalte selten sind. Zusammen im Nationaltrikot am Start war das Paar zuletzt 2015 bei der U20-EM in Eskilstuna (Schweden), wo Lisa Mayer U20-Vize-Europameisterin über 100 Meter wurde. Mit erst 20 Jahren könnten in Zukunft noch viele weitere DLV-Einsätze folgen.

Nadine Gonska & Patrick Domogala: Heim-EM 2018 als gemeinsames Ziel 

Disziplin: 200 Meter/100 Meter
Verein: beide MTG Mannheim
Alter: 27/24 Jahre
Größte Erfolge: Olympia-Teilnehmerin 2016/U23-EM-Teilnehmer 2015

Die Sprinter Nadine Gonska und Patrick Domogala sind seit gut zwei Jahren ein Paar und lernten sich durch den Wechsel der 200-Meter-Spezialistin aus ihrer Heimat Bad Kreuznach zur MTG Mannheim kennen. Obwohl beide im selben Verein und in fast derselben Disziplin beheimatet sind, trainieren sie in unterschiedlichen Trainingsgruppen. „Ab und zu sind wir mal zur selben Zeit am Olympiastützpunkt in Heidelberg zum Krafttraining“, sagt der Deutsche U23-Meister über 100 Meter von 2015. Als beide keinen Trainingspartner hatten, gab es eine einmalige Ausnahme von ein paar Starts gegeneinander.

Insgesamt sieht Patrick Domogala einen großen Vorteil darin, dass beide dieselbe Leidenschaft teilen: „Wir bringen gegenseitig vollstes Verständnis für den Sport auf.“ Zum Beispiel, wenn eine Trainingseinheit außerplanmäßig auf den freien Sonntag fällt. Als großen Pluspunkt sieht auch Nadine Gonska an ihrer Beziehung, dass „wir den anderen zu 100 Prozent verstehen, wenn wir abends von unserem Tag erzählen. Dies bezieht sich sowohl auf die positiven als auch die negativen Dinge des Sports.“

In der Gestaltung des Tagesablaufs können die Mannheimer voneinander profitieren. „Wir achten darauf, uns bewusst zu ernähren, nehmen uns Zeit zum Kochen und nutzen die Wochenenden zur Regeneration“, erzählt Nadine Gonska. „Ansonsten unterstützen wir uns, wie jedes andere Paar auch, in jeder Hinsicht und haben auch einige Dinge abseits der Leichtathletik, die uns verbinden.“ Dass beide Sprinter sind, bringt mit sich, dass sie manchmal gemeinsam ins Trainingslager reisen können. Ein Paar-Ziel gibt es auch: „Berlin 2018 gemeinsam zu erleben, wäre schon eine sehr schöne Sache“, meint die 27–Jährige mit Blick auf die Heim-Europameisterschaften in zwei Jahren.

Anna Rüh & Martin Wierig: Zu zweit zur WM nach London

Disziplin: Kugelstoßen/Diskuswurf und Diskuswurf
Verein: beide SC Magdeburg
Alter: 23/29 Jahre
Größte Erfolge: U23-Europameisterin 2013/WM-Vierter 2013

"Anna und ich kennen uns schon sehr lange. 2008 haben wir uns das erste Mal in Kienbaum gesehen", blickt Martin Wierig auf ein Trainingslager mit ihren damals jeweiligen Trainingsgruppen zurück. Dieselbe Disziplin – das Diskuswerfen – verbindet, fortan unterhielt man sich, gab Tipps weiter und war sich auch Vorbild. Nach dem Wechsel von Anna Rüh von Neubrandenburg zum SC Magdeburg, dem langjährigen Verein des WM-Vierten von 2013, wurden die beiden Werfer im Januar 2016 ein Paar. Sie trainieren zusammen in der Gruppe von Armin Lemme und können sich gegenseitig unterstützen.

"Wir sind ein ganz normales Paar", anders sei nur, "dass wir beide Leistungssportler sind und etwas mehr in der Öffentlichkeit stehen", sagt Anna Rüh. Eine große Herausforderung gibt es im Alltag: "Das Besondere ist, dass wir uns 24 Stunden am Tag sehen, alles teilen und versuchen, uns nicht auf die Nerven zu gehen", berichtet die U23-Europameisterin mit einem Augenzwinkern. Sie erleben die schönen und schweren Momente im Sport gemeinsam und freuen sich auf viele weitere Erlebnisse.

Dieses Jahr hat das Diskus-Paar die Weltmeisterschaften in London (Großbritannien; 3. bis 14. August) ins Auge gefasst. "Wir beide möchten natürlich nicht wieder vor dem Fernseher sitzen", wie anlässlich der Olympischen Spiele in Rio de Janeiro (Brasilien), erklärt die 23-Jährige. Beide haben das Potenzial zu Weltklasse-Weiten, dementsprechend ehrgeizig sind auch ihre Ziele. "Ich möchte einmal im Leben 70 Meter werfen, wenn auch 'nur' im Training", sagt Anna Rüh. Martin Wierig will die Bestleistung ihres Trainers, die seit 1982 bei 68,50 Metern steht, toppen.

Hanna Klein & Marcel Fehr: Zusammen die eigenen Grenzen austesten

Disziplin: Mittelstrecke/Langstrecke
Verein: beide SG Schorndorf 1846
Alter: 23/24 Jahre
Größte Erfolge: Hallen-EM-Neunte 3.000 Meter/Deutscher U23-Meister 5.000 Meter 2014

Schon seit fünf Jahren sind die Läufer Hanna Klein und Marcel Fehr zusammen. Kennengelernt haben sie sich 2011 ganz zufällig bei einem Wettkampf. Da die Hallen-EM-Neunte über 3.000 Meter aus Rheinland-Pfalz stammt und der Deutsche U23-Meister über 5.000 Meter von 2014 aus Baden-Württemberg und beide nicht im selben Jahr geboren sind, hatte es vorher keine Treffpunkte gegeben. Mittlerweile trainieren sie beim gleichen Verein, der SG Schorndorf 1846, in der Mittel- und Langstreckengruppe von Uwe Schneider. "Wir machen, wenn es passt, den ein oder anderen Dauerlauf gemeinsam", sagt Marcel Fehr. Die spezifischen Einheiten absolvieren sie jedoch mit ihren jeweiligen Trainingspartnern.

In der wettkampffreien Zeit nutzen sie ihre läuferischen Fähigkeiten "auch gerne mal, um die Gegend zu erkunden oder im Urlaub beim Sightseeing weitere Strecken zurückzulegen", berichtet der 24-Jährige. Als Leistungssportler muss man viele Kompromisse eingehen: Wettkämpfe an den Wochenenden, Trainingslager statt Urlaub und strikte Taktung des Alltags. "Für Außenstehende ist das oft schwer nachvollziehbar und deshalb ist es total angenehm, dass wir bei solchen Themen absolut auf einer Wellenlänge liegen." Und weiter: "Außerdem sind die Momente, in denen man mal wieder in Tight und Trikot nach einem Training noch schnell durch den Supermarkt geht, nicht ganz so peinlich, wenn man jemanden dabei hat, der genauso aussieht."

Die gleiche Leidenschaft zu teilen, sei schön. "Gleichzeitig ist es uns wichtig, dass wir in der gemeinsamen Freizeit auch Dinge tun können, die nichts mit Sport oder Laufen zu tun haben", sagt Hanna Klein, die bei der Hallen-EM in Belgrad (Serbien) ihre Premiere im Nationaltrikot feiern durfte. Einen Anteil an der Entwicklung hat ihr Freund: "Marcel half mir schon bei einigen Wettkämpfen, gerade zum Saisoneinstieg, als Tempomacher. Das gibt mir beim Laufen immer ein besonders gutes Gefühl, weil ich weiß, dass ich ihm vertrauen kann." Läuft es mal nicht so gut, hat er bei Enttäuschungen "immer ein offenes Ohr für mich und baut mich wieder auf", erzählt die 23-Jährige. Als gemeinsames Ziel verbindet sie die Ambition, immer weiter die eigenen Grenzen auszutesten und das Beste aus sich herauskitzeln zu wollen, ohne sich dabei – das gilt für Hanna Klein – zu viel Druck für eine bestimmte Meisterschaftsteilnahme zu machen.

Maren & Florian Orth: Frisch verheiratet zum nächsten DM-Doppelsieg

Disziplin: Mittel- und Langstrecke/Mittel- und Langstrecke
Verein: beide LG Telis Finanz Regensburg
Alter: 26/27 Jahre
Größte Erfolge: EM-Sechste 1.500 Meter 2016/EM-Siebter und Olympiateilnehmer 5.000 Meter 2016

Das Läufer-Paar Maren Kock und Florian Orth hat am Samstag standesamtlich geheiratet. Seit knapp drei Jahren sind die beiden Athleten der LG Telis Finanz Regenburg schon liiert und tragen nun in den Wettkämpfen den gleichen Nachnamen. 2012 hatten sie ihren ersten gemeinsamen internationalen Einsatz bei den Europameisterschaften in Helsinki (Finnland). Ihre erste gemeinsame WM-Teilnahme wollen sie im Sommer bei den Titelkämpfen in London realisieren. <link news:55386>Mehr zur Hochzeit und ihrem Alltag als Leistungssportler.

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