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Martin Grau: Husarenritt mit Ansage

Immer wieder Dessau. So ganz kann es sich Hindernisläufer Martin Grau (LSC Höchstadt/Aisch) auch nicht erklären, warum er beim Anhalt-Meeting regelmäßig zu Höchstform aufläuft. Bereits 2014 hatte er im Paul-Greifzu-Stadion seine Bestzeit aufgestellt, die bis heute Bestand hat: 8:24,29 Minuten. Am vergangenen Freitag kam Grau wieder ziemlich nah an diese Marke heran. In 8:26,18 Minuten gelang ihm in Dessau der zweitschnellste Lauf seiner Karriere, was ihm Platz drei hinter Nicholas Bett (Kenia; 8:13,18 min) und Chala Beyo (Äthiopien; 8:17,45 min) bescherte.
Philip Häfner

Es war ein Husarenritt mit Ansage. Martin Grau hatte den Zeitpunkt des dreiwöchigen Höhentrainingslagers extra so gelegt, dass er beim Anhalt-Meeting in Topform sein würde. Die Norm (8:34,00 min) für die Europameisterschaften in Berlin (7. bis 12. August) hatte er zuvor bereits beim Pfingstsportfest in Rehlingen abgehakt, wo er zum Einstieg 8:33,88 Minuten gelaufen war.

Dass er läuferisch gut drauf ist, habe er schon in Rehlingen festgestellt, sagt der 26-Jährige. Doch er habe auch gemerkt, dass er ein Dreivierteljahr kein Hindernisrennen mehr absolviert hatte – die Renngestaltung sei deshalb noch nicht optimal gewesen. In Dessau machte der Universiade-Gewinner von 2015 auch in dieser Hinsicht einen weiteren Schritt nach vorn. „Das hat sich richtig gut angefühlt“, sagt Grau.

Vorsichtig optimistisch mit Blick auf die EM

Mit seiner Leistung schob sich Grau in der europäischen Bestenliste auf Platz drei vor. Damit weckt er schon frühzeitig Medaillenhoffnungen für die EM im Berliner Olympiastadion. Zuletzt war 1998 in Budapest (Ungarn) ein DLV-Hindernisläufer aufs Treppchen gelaufen, als Damian Kallabis zugleich auch den bislang letzten deutschen Titel holte.

Martin Grau selbst meint: „Ich gebe aktuell noch nicht allzu viel auf die Bestenliste. Es fehlen noch ein paar Läufer. Mindestens drei Leute, die ich auf der Rechnung habe, sind noch gar nicht eingestiegen.“ Er sagt aber auch: „Ich weiß jetzt, dass ich das Niveau für 8:26 Minuten habe. Wenn ich auf der letzten Runde noch ein bisschen spritziger bin, dann kann ich mit dem Publikum im Rücken vorn mitmischen.“

Neuer Trainer, neue Inhalte

Auf dem Weg zur Heim-EM wird Martin Grau von einem neuen Trainer begleitet. Bundestrainer Enrico Aßmus ist seit vergangenen Herbst auch sein Heimtrainer. Schon 2016 hatte Grau einen Trainerwechsel erwogen, doch erst im Oktober 2017 setzte er den Plan in die Tat um. „Ich hatte einfach das Gefühl, dass ich eine Veränderung brauche“, sagt er. Grau wohnt nun nicht mehr zu Hause, sondern ist nach Erfurt ins Haus der Athleten gezogen. Zu seiner Trainingsgruppe zählen dort unter anderem der letztjährige Deutsche Meister Tim Stegemann, Kevin Stadler und Sebastian Keiner (alle LAC Erfurt).

Auch inhaltlich läuft das Training etwas anders ab. Sein bisheriger Trainer Markus Mönius hatte viel Wert auf Sprint und Technik gelegt, auch weil er dort über eine besondere Expertise verfügt. Dagegen liegen die Schwerpunkte von Enrico Aßmus eher im Ausdauerbereich. „Ich habe das neue System angenommen, aber gleichzeitig auch die Dinge, die ich in Höchstadt gut fand, mitgenommen. So kann ich von beiden profitieren“, sagt Martin Grau.

Durchwachsene Premiere in der Diamond League

Mit Markus Mönius ist Grau auch nach der Trennung weiter gut befreundet. Immer noch wendet er sich regelmäßig für Ratschläge an seinen langjährigen Mentor. Der Zufall wollte es, dass Mönius auch gerade Urlaub in Rom (Italien) machte, als Martin Grau dort vor einigen Wochen seine Premiere in der Diamond League feierte. Er besorgte sich Karten und schaffte es sogar irgendwie, dass er Grau auf dem Aufwärmplatz treffen konnte.

In seinem ersten Rennen in der besten Meetingserie der Welt war der Höchstädter am Ende trotz der Unterstützung nicht über den 17. und letzten Platz hinausgekommen. „Ich war an diesem Tag leider technisch nicht ganz auf der Höhe und auch nicht so frisch in den Beinen.“ Am Ende tröstete er sich damit, dass er gegen die afrikanische Konkurrenz selbst mit einer neuen persönlichen Bestleistung nicht viel weiter vorn gelandet wäre. „Das ist schon eine ganz andere Hausnummer“, sagt er. „Die Diamond League kannte ich bislang ja nur aus dem Fernsehen. Aber ich könnte mich daran gewöhnen, dort öfter zu laufen.“

Erst in die Höhe und dann hoch hinaus

Der nächste Start in der Diamond League muss allerdings noch ein wenig auf sich warten. Nach einem weiteren Wettkampf beim Soundtrack-Meeting in Tübingen am kommenden Samstag (16. Juni) wird sich Martin Grau noch einmal für drei Wochen ins Höhen-Trainingslager nach St. Moritz (Schweiz) begeben, um dort an seiner Ausdauer zu feilen.

Erst Anfang Juli wird er auf die Bahn zurückkehren. Kurz darauf finden die Deutschen Meisterschaften in Nürnberg (21. bis 22. Juli) statt, ehe danach mit der EM auch schon der Saisonhöhepunkt ansteht. Auf der Anreise nach Berlin wird Martin Grau auch an Dessau vorbeifahren. Eine gute Gelegenheit, um noch einmal in Erinnerungen zu schwelgen, die ihn dann auch in Berlin beflügeln sollen.

Mehr zum Anhalt Meeting in Dessau:

<link news:63499>DLV-Speerwerfer schlagen zurück – Martin Grau präsentiert sich in Topform

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