| Interview der Woche

Miriam Dattke: „Ein EM-Start wäre eine große Ehre“

Miriam Dattke zählt zu den größten deutschen Lauf-Talenten. Was in ihr steckt, bewies die 19-Jährige von der LG Telis Finanz Regensburg zuletzt Mitte März mit ihrer Steigerung über 10.000 Meter auf 32:59,07 Minuten. Im Interview spricht die Jura-Studentin über die Liebe zum Laufen, ihr breites Streckenspektrum von 800 Metern bis zum Halbmarathon und ihre EM-Chancen.
Martin Neumann

Miriam Dattke, wie groß ist mittlerweile Ihr Schokoladenvorrat?

Miriam Dattke:
Der hält sich im Gleichgewicht, schließlich esse ich ja gern davon. Die 300 Gramm für meine 10.000-Meter-Bestzeit habe ich auch gerade erst ausgezahlt bekommen. Da achte ich schon darauf, dass mein Trainer mich nicht über den Tisch zieht (lacht).

Sie sprechen es an: Ihr Trainer Kurt Ring belohnt Sie mit drei Tafeln Schokolade pro neuer Bestzeit. Davon gab’s in den vergangenen Monaten gleich einige. Verraten Sie uns Ihr Erfolgsrezept?

Miriam Dattke:
Eigentlich habe ich im Training nicht viel verändert seit dem vergangenen Jahr. Allerdings merke ich, dass ich mittlerweile in Regensburg angekommen bin. Seit Oktober wohne ich im Athletenhaus und habe mich ans Training und ans Umfeld gewöhnt. Jeder Kilometer fällt mir so ein wenig leichter. 2017 habe ich ja noch größtenteils in Berlin trainiert und war nur an den Wochenenden oder in den Ferien in Regensburg.

Mitte März sind Sie <link news:62204>über 10.000 Meter erstmals unter 33 Minuten geblieben und haben die EM-Norm nur um vier Sekunden verpasst. Wie haben Sie das harte Rennen für Körper und Kopf erlebt und verkraftet?

Miriam Dattke:
Am Anfang lief es ziemlich leicht, ab Kilometer fünf wurde es dann härter. Es ist einfach eine unglaublich lange Strecke, wenn man aus der Jugendklasse kommt, in der ja hauptsächlich die 3.000 Meter gelaufen werden. Klar musste ich am Ende kämpfen, aber es hat unglaublich großen Spaß gemacht, in Regensburg mit den ganzen Vereinskameraden zu starten. Nach dem Rennen bin ich zu meiner Familie nach Berlin gefahren, dort konnte ich mich erholen und war abgelenkt. Das Rennen habe ich schon gespürt, ich war aber nicht müder als sonst.

Haben Sie denn damit gerechnet, bei Kälte und Wind schon so dicht an die Berlin-Vorgabe von 32:55,00 Minuten zu kommen?

Miriam Dattke:
Nein, gar nicht. Die Zeit von 32:59,07 Minuten hat mich wirklich überrascht. Ich habe mir gar keinen Stress mit der Norm gemacht. Für mich ist 2018 ein Übergangsjahr, denn in der U23-Klasse gibt es in dieser Saison ja keine große Meisterschaft.

Sie scheinen richtig Spaß an der 25-Runden-Distanz zu haben. Werden Sie in den kommenden Monaten noch einmal die 10.000 Meter laufen und einen Norm-Angriff wagen?

Miriam Dattke:
Auf jeden Fall werde ich noch einmal die 10.000 Meter laufen. Ich sehe das Rennen aber nicht als Norm-Angriff. Vielmehr will ich bei besseren Bedingungen als in Regensburg noch einmal antreten. Es gibt momentan in Deutschland so viele Mädels, die unter der Norm bleiben können. „Nur“ die Norm zu laufen, wird für den EM-Start wahrscheinlich gar nicht reichen.

Sie sind seit Samstag im Oster-Trainingslager in Cervia. Wie sind die Bedingungen an der italienischen Adria?

Miriam Dattke:
Nach den ersten Tagen kann ich sagen, dass es leichter ist, hier zu laufen als zu Hause bei Minusgeraden. In Berlin hatten wir in der vergangenen Woche noch mit Schnee und Eis zu kämpfen. Da fällt hier ein morgendlicher Dauerlauf bei sieben, acht Grad und Sonnenschein natürlich leichter.

Wie sieht in Cervia Ihr Training in den kommenden Tagen aus?

Miriam Dattke:
Ich werde einige Kilometer sammeln, daran habe ich zuletzt ein wenig gespart. Das ist wichtig vor der Halbmarathon-DM in Hannover. Vor den 10.000 Metern hatte ich eine nicht so gute Trainingsphase und war etwas müde. Hier kann ich in Ruhe zehn Tage lang trainieren.

Können Sie schon etwas über Ihre Saisonplanung verraten und welche Strecken im Fokus stehen werden?

Miriam Dattke:
Auf jeden Fall werde ich viele verschiedene Strecken laufen. 2017 habe ich durchs Abitur und den Umzug nicht so viele Rennen bestritten, das soll dieses Jahr anders werden. Wie gesagt starten wir mit der Halbmarathon-DM am 8. April in Hannover. Im Sommer möchte ich die Mittelstrecken in Angriff nehmen, auch die 800 Meter. Ich kann mich gar nicht mehr an mein letztes 800-Meter-Rennen erinnern. Bei den 1.500 und 5.000 Metern geht es darum, eine solide Basis zu legen und Zeiten konstant anbieten zu können. Nicht nur um den einen Ausreißer.

Auf welche Distanzen legen Sie im Sommer Ihr Hauptaugenmerk?

Miriam Dattke:
Das werden die 5.000 und 10.000 Meter sein. Darauf ist die Saisonplanung ausgerichtet.

Welche Zeiten trauen Sie sich in diesem Jahr zu?

Miriam Dattke:
Da lasse ich mich überraschen, konkrete Zeiten habe ich nicht im Kopf. Wie gesagt: Das Hauptziel ist eine größere Konstanz. Nur über 3.000 Meter soll auf jeden Fall eine neue Bestzeit her. Die ist nämlich schon drei Jahre alt. Dass ich auf dem richtigen Weg bin, haben die 10.000 Meter ja gezeigt.


Mit Konstanze Klosterhalfen, Gesa Felicitas Krause, Alina Reh, Hannah Klein und Caterina Granz gibt es momentan eine ganze Reihe starker deutscher Läuferinnen auf den Mittel- und Langstrecken. Sehen Sie die Läuferinnen mehr als Konkurrentinnen oder sind es Vorbilder?

Miriam Dattke:
Beides. Im Rennen sind es natürlich Konkurrentinnen. Aber man kann sich von jeder Läuferin positive Eigenschaften abschauen. Da muss es gar keine Läuferin sein, die viel schneller ist als man selbst.

Welche positiven Eigenschaften würden Sie denn gern von Konstanze Klosterhalfen übernehmen?

Miriam Dattke:
Bei Konstanze bewundere ich ihren leichten Schritt und ihren Mut im Rennen.

Sie studieren Rechtswissenschaften und damit ein lern- und zeitintensives Fach. Wie bekommen Sie Training und Studium unter einen Hut?

Miriam Dattke:
Momentan ganz gut, aber ich bin ja auch erst im ersten Semester. Ich liebe das Laufen und die Rechtswissenschaften sind ein spannendes Feld. Wenn man Dinge mit dem Herzen macht, bekommt man das auch hin.

Sie haben sich 2016 dazu entschieden, aus der Metropole Berlin ins eher beschauliche Regensburg zu wechseln und sind im Herbst 2017 dann komplett umgezogen. Vermissen Sie manchmal die quirlige Hauptstadt?

Miriam Dattke:
Regensburg gefällt mir sehr, die Altstadt und die Donau sind wunderschön. Aber auch halt ganz anders als die ganzen Menschen, das U-Bahn-Fahren und die angenehme Hektik in Berlin. Ich bin immer noch sehr gern in Berlin, aber mittlerweile auch froh, wenn ich nach ein paar Tagen wieder in Regensburg bin.

Aber Sie hätten nichts dagegen, Anfang August in Berlin zu sein und im Olympiastadion zu laufen?

Miriam Dattke:
Ich werde auf jeden Fall dort sein und meine Teamkollegen bei der EM anfeuern. Sollte ich selbst im Olympiastadion starten, wäre es eine große Ehre.

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