| On Camp with Ashton Eaton

Niklas Kaul lernt vom Weltrekordler

Am letzten Samstag holte Ashton Eaton (USA) Gold im Siebenkampf der Hallen-WM von Portland. Die Vorbereitung auf die Titelverteidigung durften im Rahmen des Projekts „On Camp With IAAF“ vier Nachwuchs-Hoffnungen hautnah miterleben. Mittendrin: U18-Weltmeister Niklas Kaul, der aus zehn Tagen USA viel mehr mitnahm als nur ein paar Trainingseinheiten.
Silke Morrissey

„Meine Erwartungen wurden bei weitem übertroffen“, bilanzierte Niklas Kaul, nachdem die letzte Trainingseinheit mit Ashton Eaton, seiner Frau Brianne Theisen-Eaton (Kanada) und deren Coach Harry Mara am Mittwoch vor den Titelkämpfen hinter ihm lag. „Ich dachte, Ashton besucht uns vielleicht mal eine Stunde beim Training. Aber er hat sich unheimlich viel Zeit für uns genommen!“

Niklas Kaul war eines von insgesamt vier Talenten, die aufgrund ihrer Leistungen bei den U18-Weltmeisterschaften in Cali (Kolumbien) vom Weltverband IAAF und Ashton Eaton in die Heimat des Weltrekordlers eingeladen wurden. Als U18-Weltmeister im Zehnkampf und U18-Vize-Weltmeister im Speerwurf führte am Athleten vom USC Mainz kaum ein Weg vorbei. Darüber hinaus durften Diskuswerfer Werner Visser (Südafrika), Hürdensprinterin Maribel Caicedo (Ecuador) und Sprinterin Khalifa St Fort (Trinidad und Tobago) die Reise nach Oregon antreten.

Über Portland nach Eugene

Los ging’s für den jungen Mainzer fast zeitgleich mit der deutschen Delegation für die Hallen-WM am 10. März. Die Reise führte Niklas Kaul zunächst nach Portland, wo er die Möglichkeit hatte, dem Oregon Convention Center schon bei den US-Trials einen Besuch abzustatten. Anschließend ging’s weiter nach „TrackTown USA“ Eugene.

Dort trainiert der beste Allrounder aller Zeiten: Im Hayward Field, Austragungsstätte des Diamond League Meetings von Eugene, der U20-Weltmeisterschaften von 2012 und den Weltmeisterschaften im Jahr 2021, sowie den dazugehörigen Trainingsstätten legt der 28 Jahre alte US-Amerikaner Ashton Eaton die Grundlagen für Leistungen wie den Freiluft-Weltrekord im Zehnkampf (9.045 Punkte) und den Hallen-Weltrekord im Siebenkampf (6.645 Punkte).

An seiner Vorbereitung auf die Hallen-WM ließ Ashton Eaton nun die vier Youngster teilhaben. „Ich hätte nicht gedacht, dass er drei Tage vorher noch Zeit hat, mit uns Kiddies zu trainieren“, staunte Niklas Kaul. „Jeder andere wäre angespannt, aber er überhaupt nicht.“ So standen nicht nur gemeinsame Trainingseinheiten auf dem Programm, sondern auch ein Abend mit gemeinsamem Essen, Laser-Tag-Spiel und Bowling.

Tipps von Weltrekordler und Coach

Der Bonus beim Training mit dem Weltrekordler: Auch der Coach des Weltrekordlers hatte ein Auge auf die jungen Athleten. „Harry Mara hat uns Tipps gegeben“, berichtete Niklas Kaul. „Er hat gesagt, es sei ihm viel wichtiger, dass ein Athlet zu 100 Prozent gesund ist, als dass die Form zu 100 Prozent stimmt. Und dass Ashton mit kleinen Wehwehchen nie einen Zehnkampf bestreiten würde.“ Besonders habe er davon gelernt, wie der Olympiasieger von London (Großbritannien) an einen Wettkampf wie die Hallen-WM herangeht – die Lockerheit habe ihn beeindruckt.

Davon konnten sich beim Abschlusstraining am Mittwoch vor den Titelkämpfen in Portland auch andere überzeugen: Zwischen Versuchen im Kugelstoßen nahm sich Ashton Eaton noch die Zeit, der deutschen Delegation sein Mitgefühl über die schwere Verletzung des Vize-Weltmeisters von 2013, Michael Schrader (SV Hessen Dreieich), zuzurufen: „I am sorry about Michael“, sagte er, er habe von der Knieverletzung gehört.

„It was fun!“

Nicht nur Niklas Kaul zog ein positives Fazit von „On Camp with Ashton Eaton“, auch Ashton Eaton selbst. „It was fun!“, sagte er und fügte sogleich hinzu, dass auch er selbst viel gelernt habe. Die Jugendlichen machten sich über einzelne Details der Technikausführung keinen Kopf, sie würden einfach versuchen Spaß zu haben. „Ich hätte gerne noch mehr Zeit mit ihnen verbracht!“

Das Projekt sei auf Initiative der IAAF entstanden. Er sei angesprochen worden, ob er es sich vorstellen könne, Jugendlichen etwas von seinen Erfahrungen weiterzugeben. Gemeinsam mit seinem Coach wolle er seinem Sport etwas zurückgeben.

Und was hält er von Niklas Kaul? „Ich mag ihn sehr! Er ist ein großer Junge, sehr athletisch, hat sehr gute physische Voraussetzungen.“ Wenn er sich selbst im Alter von 18 Jahren mit dem Mainzer vergleicht, sei er „Lichtjahre entfernt“ von dessen Leistungsstand gewesen. Ashton Eaton hat erst im Alter von 19 mit Start seiner College-Karriere seinen ersten Mehrkampf bestritten.

Hallen-WM als krönender Abschluss

Wozu es ein Spätstarter wie er bringen kann, hat nicht zuletzt die jüngste Hallen-WM gezeigt. Ashton Eaton dominierte den Siebenkampf in seiner Heimatstadt Portland nach Belieben. Mit fast 300 Punkten Vorsprung auf Rang zwei und einer Endsumme von 6.470 Punkten holte er seine dritte Goldmedaille bei Hallen-Weltmeisterschaften.

Niklas Kaul durfte sich das Spektakel im Oregon Convention Center als Zuschauer ansehen und wird weiter Motivation und Inspiration getankt haben. Bevor er auf einer solch großen Bühne sein Können unter Beweis stellen darf, wird es noch eine Weile dauern. Erst vor wenigen Wochen ist er 18 Jahre alt geworden, ihm stehen zunächst noch zwei Saisonen in der U20-Altersklasse bevor.

Nach dem Rückflug nach Deutschland heißt es zunächst wieder Schuften für den nächsten Leistungsschritt: Mit dem USC Mainz steht ein Trainingslager in Hannover auf dem Programm. Es ist nicht ganz das Hayward Field oder die ausverkaufte Arena der Hallen-WM. Aber Niklas Kaul weiß jetzt besser denn je, dass ihn sein Weg in diese Arenen führen kann, wenn er fokussiert und mit einer Portion Lockerheit weiter arbeitet für seine Ziele.

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