| Thema Inklusion

Peter Salzer: "Inklusion sollte Verbandskultur werden"

Er hat Olympia-Teilnehmer geformt und Sieger bei den Paralympischen Spielen. Der Stuttgarter Wurftrainer Peter Salzer steht in der Leichtathletik wie kaum ein Zweiter für die erfolgreiche Inklusion von behinderten und nicht-behinderten Athleten in eine Trainingsgruppe. Am 2. August zählt er zu den Referenten beim 1. DLV-Inklusionsworkshop in Berlin. Wir haben mit ihm über das Thema Inklusion gesprochen.
Bettina Andres

Peter Salzer, wie sind Sie als Trainer zu dem Thema Inklusion gekommen?

Peter Salzer:
Es waren zwei Begegnungen: Die eine mit Sandra Mast, der geistig behinderten Tochter des Trainer-Ehepaares Mast aus Freudenstadt. Er war der ehemalige Heimtrainer von 20-Meter-Stoßerin Petra Lammert. Sandra Mast nahm viele Jahre im Kugelstoßen und Diskuswerfen an Wettbewerben der weniger behinderten Athleten teil, bevor sie vom Deutschen Behinderten-Sportbund (DBS) entdeckt wurde und schließlich 2012 bei den Paralympics in London als einzige deutsche Starterin mit geistiger Behinderung im Kugelstoßen den sechsten Platz belegte. Irgendwann im Winter 2014 habe ich ihr dann in nur einer Trainingseinheit die Dreiviertel-Drehung beigebracht, was uns beiden unsäglichen Spaß bereitete.

Die andere Begegung war jene mit Niko Kappel. Er absolvierte irgendwann im Winter 2013/2014 mit seinem damaligen Heimtrainer Thomas Strohm, Landestrainer Wurf im Württembergischen Behinderten- und Rehabilitationssportverband (WBRS), im Bundesleistungszentrum Stuttgart ein Schnuppertraining und holte sich wertvolle Tipps zur Angleittechnik ab. Im Winter 2014/2015 begann dann unsere Zusammenarbeit mit der Umstellung auf die Drehstoßtechnik, die zu den bekannten Erfolgen führte.

Sie beschäftigen sich seit Jahren mit Inklusion. Wie wichtig ist es, gemeinsame Wettkämpfe für behinderte und nichtbehinderte Sportler durchzuführen?

Peter Salzer:
Um Berührungsängste abzubauen gibt es nichts Besseres. Das Motto muss lauten: so früh wie möglich und so oft wie möglich!

Wie sieht Ihr Part beim DLV-Inklusionsworkshop aus, der am 2. August in Kooperation mit dem DBS in Berlin stattfindet?

Peter Salzer:
In meinem Vortrag möchte ich zunächst darstellen, wie sich die Zusammenarbeit mit Niko Kappel in den vergangenen vier Jahren entwickelt hat. Besonders eingehen möchte ich dabei auf die Entwicklung der Stoßtechnik und auf die Besonderheiten bei der Entwicklung der Athletik und der Maximalkraft.

Worin liegt Ihre Zielsetzung beim DLV-Inklusionsworkshop?

Peter Salzer:
Ich möchte aufzeigen, dass mit Intuition, Inspiration, Innovation und Kreativität ein sehr erfolgreiches und vor allem nachhaltiges gemeinsames Trainingssystem im Leistungssport der Behinderten und weniger Behinderten möglich ist!

Worin liegt der Unterschied zwischen Inklusion und Integration?

Peter Salzer:
Versteht man unter Integration das Hineinnehmen eines Menschen in ein bestehendes System, Inklusion aber als ein von Anfang an gemeinsames System für alle Menschen, ist das im Leistungssport schwierig zu gestalten. In meinem Fall kam Niko Kappel erst mit 18 Jahren in meine Trainingsgruppe, zuvor durchlief er die Kader des WBRS. Für mich selbst bedeutet das daher, mich noch mehr – aber vor allem auch früher – in solche Entwicklungsprozesse einzubringen. Das beste Beispiel ist momentan die Zusammenarbeit mit zwei jungen Kleinwüchsigen aus dem Bodensee-Raum, die inzwischen monatlich einmal bei mir in Stuttgart trainieren! Für eine Gesamtgesellschaft sollte Inklusion übrigens eine Selbstverständlichkeit darstellen!

Was sind die Grundvoraussetzungen für einen gelungenen Inklusions-Prozess?

Peter Salzer:
Zunächst müssen die gesellschaftlichen Rahmenbedingungen erfüllt sein: Jeder Mensch sollte mit oder ohne Behinderung überall dabei sein können, am Wohnort, in der Schule, am Arbeitsplatz, in der Freizeit und so weiter. Im Leistungssport muss daher die Aufgabe sein, mit dem bereits jetzt Erreichten nicht zufrieden zu sein, sondern weiter daran zu arbeiten, dass als Übersetzung von Inklusion nicht nur Zugehörigkeit, sondern auch Zugewinn gemeint ist.

Wie wichtig ist in einem Verband die Position eines Inklusionsmanagers beziehungsweise einer Inklusionsmanagerin?

Peter Salzer:
Eine sehr wichtige Funktion, um allen Sportvereinen aufzuzeigen, Inklusion nicht als Problem zu sehen, sondern als Chance, um neue Mitglieder, aber auch neue Ehrenamtliche zu gewinnen. Er sollte hauptsächlich dafür verantwortlich zu sein, mehr Berührungspunkte zu schaffen – Inklusion sollte Verbandskultur werden.

 

DLV-Inklusionsworkshop am 2. August in Berlin
Am kommenden Wochenende endet die Anmeldefrist für den 1. DLV-Inklusionsworkshop, der am 2. August in Kooperation mit dem Deutschen Behindertensportverband (DBS) in Berlin ausgerichtet wird. <link>Sichern Sie sich noch jetzt noch schnell ihren Platz!

<link btn>DLV-Inklusionsworkshop 2019

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