| Interview

Raphael Holzdeppe: „Im Sommer wieder vorne mitspringen“

Die Hallensaison verpasste er aufgrund von Rückenbeschwerden, die Sommersaison brach er nach Formproblemen ab. Jetzt trainiert Stabhochsprung-Weltmeister Raphael Holzdeppe (LAZ Zweibrücken) mit dem DLV TopTeam im Trainingslager in Stellenbosch (Südafrika) für die Rückkehr in den Wettkampf-Zirkus. Im Interview berichtet der 25-Jährige, was er sich für das Jahr 2015 vorgenommen hat und erklärt, warum Renaud Lavillenie gezeigt hat, dass jeder in der Lage sein kann, Weltrekord zu springen.
Silke Morrissey

Raphael Holzdeppe, alle fragen sich, wann der Weltmeister wieder springt. Wann springt er denn wieder?

Raphael Holzdeppe:

Am 3. Januar, in Merzig!

Wie groß ist die Vorfreude? Und vielleicht auch die Aufregung?

Raphael Holzdeppe:

Die Vorfreude ist groß, aber aufgeregt bin ich nicht. In der letzten Saison habe ich ja nur wenige Wettkämpfe gemacht, und von den wenigen waren noch weniger sehr gute dabei. Deswegen freue ich mich schon darauf, wieder zu springen. Normalerweise fängt die Hallensaison bei uns um den 20. Januar herum an, da kommt Merzig genau richtig, da kann ich zum Auftakt schon ein, zwei Hallen-Wettkämpfe machen kann.

Das wird dann ja fast ein Heimspiel…

Raphael Holzdeppe:

In zehn Minuten bin ich da! Ich wohne im Saarland und trainiere in der Pfalz.

Sie sind im Herbst nach zwei Jahren aus München zurückgekehrt zu ihrem alten Trainer Andrei Tivontchik in Zweibrücken. Wann fiel die Entscheidung?

Raphael Holzdeppe:

Ach, das war eigentlich ein längerer Prozess, der schon während der Saison begann. Ich habe viele Gespräche geführt, und im Endeffekt war es für mich die beste Wahl. Ich habe meine Familie in Zweibrücken, die Freunde, mit denen ich aufgewachsen bin, sind da, alles ist wieder auf einem Haufen. Ich möchte die zwei Jahre in München auf keinen Fall missen, ich hatte eine super Saison und eine schlechte Saison – aber für die schlechte Saison kann ich München nicht verantwortlich machen. Ich habe dort viel gelernt, und das verarbeite ich auch jetzt noch in Zweibrücken. Das, was mir gut getan hat, integrieren Andrei Tivontchik und ich weiterhin ins Training.

Sie haben es angesprochen: Das vergangene Jahr lief nicht nach Plan. Der Start in die Freiluftsaison war holprig, Mitte Juli haben Sie schließlich die Saison abgebrochen. Mit welchen Gefühlen blicken Sie auf diese Zeit zurück?

Raphael Holzdeppe:

Solche Jahre hat man immer mal. Und wenn man in so einem Jahr mittendrin steckt, ist das natürlich ärgerlich. Aber das ist das Risiko, das man als Sportler eingeht – dass man mal eine Saison hat, in der es nicht so gut läuft. Es war schwer, nach der Verletzung in der Hallensaison im Sommer den richtigen Rhythmus zu finden. Und dann habe ich mich in München beim Jump & Fly noch ein bisschen an der Wade verletzt. So kam ich nicht richtig in Form. Das war mir zu viel Auf und Ab. Daher habe ich mich dazu entschieden, alles erst einmal ruhen zu lassen. Ich habe keine Chance mehr gesehen, mich bei den Europameisterschaften in einer Verfassung zu präsentieren, in der ich hätte springen wollen. Da habe ich mir gesagt: Ich baue lieber auf fürs nächste Jahr. Und ich habe die Entscheidung nicht bereut.

Wenn Sie selbst nicht springen können – achten Sie da auf das, was die Konkurrenz macht?

Raphael Holzdeppe:

Die Wettkämpfe und das, was die anderen springen, verfolge ich weiter mit. Aber das Interesse ist natürlich höher, wenn man selber aktiv mit dabei ist.

Einer dieser Konkurrenten ist Stabhochsprung-Weltrekordler Renaud Lavillenie, den Sie bei der WM in Moskau noch geschlagen haben. Wie bewerten Sie dessen Satz über 6,16 Meter?

Raphael Holzdeppe:

Ich freue mich für die Disziplin! Der Weltrekord von Sergey Bubka galt als Fabel-Weltrekord, er hatte so lange Bestand und wurde nie gebrochen. Es hieß, dafür muss erst ein neuer Sergey Bubka geboren werden - und jetzt hat es jemand geschafft, der ein ganz anderer Springer-Typ ist. Er ist ein Ausnahme-Talent, keine Frage, aber eigentlich verkörpert er gar nicht das typische Bild eines Stabhochspringers. Das zeigt, dass jeder in der Lage sein kann, Weltrekord zu springen. Ich habe das mit sehr viel Interesse verfolgt. Natürlich auch mit ein bisschen Frust: Man sieht, dass er sich in der Halle von Bestleistung zu Bestleistung steigert, und man selbst kann nicht eingreifen. Aber der Gedanke ist da: Wenn ihm das gelingt, wieso sollte es uns nicht auf gelingen können? Und das motiviert extrem.

Renaud Lavillenie ist nur 1,76 Meter klein, sehr leicht und sehr schnellkräftig – können Sie da Parallelen zu sich selbst ziehen?

Raphael Holzdeppe:

Das ist immer schwierig zu sagen, jeder Athlet ist beim Springen ein ganz eigener Typ. Keiner von uns könnte so springen wie er, aber er könnte auch nicht so springen wie wir. Jeder muss den Sprungstil finden, der für seine Körperverhältnisse optimal ist. Daher ist es schwer, sich mit ihm zu vergleichen.

Blicken wir voraus auf die Hallensaison. Was haben Sie sich vorgenommen?

Raphael Holzdeppe:

In der Halle will ich einfach nur Wettkämpfe bestreiten. Natürlich wäre es schön, wenn ich mich für die Hallen-Europameisterschaften qualifiziere, aber im Vordergrund steht, eine solide Hallensaison zu springen und den Sommer vorzubereiten. Was dann im Sommer passiert, sehen wir nach der Hallensaison – aber ich habe auf jeden Fall vor, wieder vorne mitzuspringen! Das ist das Fernziel.

Was steht nach Merzig auf dem Plan?

Raphael Holzdeppe:

Ich springe bei den Meetings in Düsseldorf und Karlsruhe, dann noch bei einem Meeting in Tschechien, Malmö, Zweibrücken, Hallen-DM… Und dann schauen wir mal, was mit der Hallen-EM ist. Ja, die Hallensaison ist vollgepackt!

Die Probleme, die Sie im Jahresverlauf belastet haben, sind abgehakt?

Raphael Holzdeppe:

Die Probleme sind abgehakt. Vielleicht hat der Körper die Ruhe einfach gebraucht. Man weiß nie, wofür so eine Saison gut ist. Jetzt im Moment ist alles einwandfrei. Seitdem ich wieder angefangen habe zu trainieren, hatte ich keine Verletzung, und ich hoffe, das bleibt auch so.

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