| Road to Baku

Samuel Claudy springt an Europas U18-Spitze

Der weiteste Satz eines deutschen Nachwuchs-Weitspringers ging bei der Junioren-Gala in Mannheim am Sonntag auf die Kappe von Samuel Claudy. Der U18-Athlet flog auf 7,57 Meter und liegt damit auf dem geteilten ersten Platz der europäischen Bestenliste. Seit der Jahrtausendwende ist kein DLV-Youngster seiner Altersklasse weiter gesprungen.
Pamela Lechner

Dynamischer Anlauf und starker Absprung: Samuel Claudy hat in Mannheim im entscheidenden Wettkampf um das eine Ticket für das Europäische Olympische Jugend-Festival (EYOF) in Baku (Aserbaidschan; 21. bis 27. Juli) einen verdammt guten Sprung erwischt. Bei seinem ersten Versuch landete der Leichtathlet der LAV Bayer Uerdingen/Dormagen erst nach 7,57 Metern (+1,1 m/sec).

Seit Beginn der Online-DLV-Bestenliste 2001 ist regulär kein deutscher U18-Athlet weiter geflogen als der 17-Jährige. Letztes Jahr hatte sich Nick Schmahl (TSV Heiligenhafen) mit windunterstützten 7,60 Metern (+2,7 m/sec) den U18-Europameister-Titel in Györ (Ungarn) geholt.

Und auch Samuel Claudy steht nun mit seiner Leistung im kontinentalen Vergleich ganz oben: Mit dem Briten Dominic Ogbechie führt er weitengleich die europäische U18-Bestenliste an. Diesen Fakt hatte er nach dem Wettkampf sofort parat und ist sich bewusst: "Es gibt die Perpektive, dass ich in Baku gewinnen kann, aber ich lasse mich überraschen." Dabei kann er auf seine Stärken zählen, eine schnelle Anlaufgeschwindigkeit und ordentlich Sprungkraft. "Ich denke, das ist eine gute Kombination."

Sechs Wochen vor Mannheim verletzt

Da Samuel Claudy die letzten sechs Wochen verletzt war, kam die neue Bestleistung doch ziemlich überraschend. "Es ist auf jeden Fall richtig cool, dass ich so weit gesprungen bin, ich bin mega-froh und ziemlich glücklich darüber", freute sich der Achte der diesjährigen Jugend-Hallen-DM. Bei seinem ersten Saisonwettkampf Mitte Mai in Dormagen hatte er sich einen Innenbandriss zugezogen. Seine dortige Weite von 7,45 Metern brachte ihm aber zumindest die Einladung zur EYOF-Quali in Mannheim ein.

Bei der Gala spielte ihm das heiße Wetter weit über 30 Grad in die Karten. "Bei solchen Temperaturen kann man am besten springen, und der Wind war auch perfekt, besser geht's nicht." Über die Drucksituation der Ausscheidung hatte er sich zuvor keinen Kopf gemacht. "Ich wusste, wenn ich so und so weit springe, habe ich das Ticket in der Tasche."

Spannend blieb es allerdings von Anfang bis Ende, weil sein härtester Kontrahent um den Startplatz Carl-Junior Mireku-Boateng (Hamburger SV) im zweiten Versuch mit ebenfalls starken 7,50 Metern bis auf sieben Zentimeter an die spätere Siegesweite herankam. Und bis zum Schluss alles riskierte, während Samuel Claudy aus Vorsicht nach der Verletzung nurmehr einen weiteren Anlauf nahm. 

Umzug ins Sportinternat mit 14 Jahren

Mit der Teilnahme an den Jugendspielen in Aserbaidschan nimmt die Karriere des zielstrebigen Talents an Fahrt auf. Schon im Alter von 14 Jahren war er von Hessen nach Nordrhein-Westfalen gezogen, ins Sportinternat Knechtsteden bei Dormagen, um seine sportlichen Träume weiter voranzutreiben. Diese heißen: "Europameisterschaften, Weltmeisterschaften und Olympische Spiele."

In seiner hessischen Heimat kam Samuel Claudy mit sechs Jahren zur Leichtathletik – zwischendrin gab es nur einen kurzen Abstecher zum Fußball. Sein Trainer bei der LG Wetzlar war Mark Schwesig, der heute das derzeit wohl größte deutsche 800 Meter-Talent Sophia Volkmer (TV Wetzlar) betreut. Die Mittelstrecklerin hat mit ihrem früheren Trainingskollegen eines gemeinsam: Auch sie ließ in Mannheim die bis zu zwei Jahre ältere nationale Konkurrenz hinter sich und wird die Reise nach Baku antreten.

In der Läufer-Gruppe sah der angehende Weitspringer für seine Disziplin vor drei Jahren nicht ausreichend Perspektive und entschloss sich zum Wechsel. Sein neuer Trainer wurde Dirk Zorn, der zuletzt auch U18-WM-Teilnehmer Ole Grammann vor dessen Wechsel nach Münster gecoacht hatte. "Die Zusammenarbeit klappt supergut, ich kann mir keinen besseren Trainer vorstellen, das Training macht auch Mega-Spaß", erzählt Samuel Claudy. Trainiert wird von Montag bis Freitag, wochenends ist frei, außer es stehen Wettkämpfe an.

Vorbild Ashton Eaton

Ursprünglicher Plan von Samuel Claudy war es, am neuen Standort für den Mehrkampf zu trainieren. Doch als der erste Neunkampf bevorstand war er verletzt und entschied dann, in Zukunft auf den Weitsprung zu setzen. Sein Vorbild blieb trotzdem weiterhin Ashton Eaton, der Ex-Zehnkampf-Weltrekordler. "Die Art und Weise, wie Ashton Eaton an seine Zehnkämpfe und Wettkämpfe rangegangen ist, fand ich sehr inspirierend. So möchte ich auch mal sein, zwar nicht im Zehnkampf, aber im Weitsprung."

Der frühe Auszug von zu Hause ist ihm zunächst nicht leicht gefallen, seine Eltern, die beide auch Leichtathletik gemacht haben, vermisste er anfangs. Aber schon bald lebte sich der Teenager gut ein. Die Familie besucht er alle zwei bis drei Wochen und in den Schulferien. Der mutige Schritt hat sich spätestens jetzt gelohnt, denn sein erster Start im Nationaltrikot steht in knapp drei Wochen bevor.

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