| Interview der Woche

U23-Gold-Team: "Wir haben uns den Sieg definitiv verdient"

Anna Gehring (ASV Köln), Miriam Dattke (LG Telis Finanz Regensburg), Lisa Tertsch (ASC Darmstadt), Lea Meyer (VfL Löningen) und Svenja Pingpank (Hannover Athletics) haben am Sonntag bei der Cross-EM im niederländischen Tilburg in der U23-Klasse den Team-Sieg erkämpft. Im Interview spricht das Gold-Quintett unter anderem über die Gruppendynamik, gesteigertes Selbstbewusstsein und Ziele für 2019.
Harald Koken

Anna Gehring, was war das für ein Gefühl, als bei der Siegerehrung die deutsche Nationalhymmne erklang?

Anna Gehring:

Das Gefühl ist unbeschreiblich. Wir haben es als Team richtig stark gemacht, sind vor allen Dingen auch gemeinsam gelaufen, haben als Team zusammen gekämpft. Ich glaube, das hat man auch gesehen. Den Sieg haben wir uns definitiv verdient.

Wie bewerten Sie Ihren zweiten Platz in der Einzelwertung?

Anna Gehring:

Ich bin super zufrieden mit dem Rennen. Ich habe etwas zu früh Druck gemacht. Ich wusste, dass die anderen Läuferinnen super stark im Sprint sind und wollte mich deshalb lösen. Aber der Wind kam dann doch sehr stark in Böen und dann bin ich am Ende etwas eingebrochen. Gerade beim Cross laufe ich gerne meinen eigenen Schritt. Dass ich das Tempo variieren kann, ist meine Stärke. Am Ende war es sehr hart, der Boden war ganz schön tief.

Miriam Dattke, Sie haben während des Rennens Ihren linken Schuh verloren, haben aber dennoch einen couragierten Auftritt gezeigt. Sind Sie mit dem sechsten Platz zufrieden?

Miriam Dattke:

Ich habe auch auf eine Medaille gehofft, aber das war ohne Schuh schwierig. Ich bin trotzdem zufrieden. In der zweiten Runde hat mir jemand einen Schuh ausgetreten. Da habe ich kurz überlegt, ob ich ihn wieder anziehe. Aber ich hatte Bammel, dass dadurch zu viel Zeit verloren geht, da bin ich halt so durchgelaufen. Es war ohne Schuh nicht ganz einfach, weil ich schlechter um die Kurven gekommen bin. Das war natürlich ärgerlich, aber so etwas passiert.

Hatten Sie mit dem Mannschaftssieg spekuliert?

Miriam Dattke:

Wir hatten uns schon vorgenommen, eine Medaille zu holen. Dass es Gold geworden ist, hat uns alle überrascht. Wir haben uns riesig darüber gefreut und unsere eigene Zielsetzung übertroffen.

Lisa Tertsch, Sie haben als 14. für das Team gepunktet. Wie sehr hat der interne Wettbewerb um den dritten Mannschaftsplatz angespornt?

Lisa Tertsch:

Ich muss ehrlich zugeben, dass für mich nicht wichtig war, wer den dritten Platz in der Mannschaft bekommt. Lea (Meyer) und ich sind die ganze Zeit zusammengelaufen. Es hat super Spaß gemacht. Es hat mich einfach gefreut, dass wir zusammenarbeiten konnten. Es ging um die Team-Wertung und nicht darum, wer jetzt Dritte, Vierte und Fünfte innerhalb des Teams wird. Es ging darum, dass wir uns gegenseitig nach vorne pushen und für das Team den besten Platz rausholen.

Lea Meyer, sehen Sie das auch so?

Lea Meyer:

Auf jeden Fall. Wir haben ja auch alle eine Goldmedaille bei der Siegerehrung bekommen. Es ging während des Rennens darum, jeden Platz gut zu machen. Wenn man zusammenarbeitet, geht das halt noch besser. Ich sag mal so: Jede von uns, die auch als Vierte und Fünfte noch vor der nächstbesten Spanierin oder Britin war, hat einen wichtigen Beitrag zum Mannschaftserfolg geleistet. Von daher: Es war eine hervorragende Team-Leistung, und die hat sich ausgezahlt.

Svenja Pingpank, wie fällt Ihr Urteil über die Strecke aus?

Svenja Pingpank:

Die Strecke war sehr anspruchsvoll, wir alle haben sie sehr gut gemeistert. Es war eine regelrechte Schlammschlacht, aber unser Gold spricht für sich. 

Anna Gehring, Mannschafts-Gold und Einzel-Silber haben Ihnen den größten sportlichen Erfolg überhaupt beschert. Vor zwei Jahren waren sie bei der Cross-EM zweimal Zweite. Waren Rennen und Vorbereitung ähnlich?

Anna Gehring:

Ich glaube, ich bin ein bisschen anders gelaufen, nämlich mutiger. Wir haben gut trainiert. Ich bin selbstbewusst ins Rennen gegangen. Ich habe schon zwei Wochen zuvor in Darmstadt gespürt, dass ich fit bin. Beim Cross ist es immer schwierig die Form einzuschätzen. Aber als ich da so lange mit  Elena Burkard mitlaufen konnte, da habe ich gemerkt: Da geht was. 

Miriam Dattke, wie war Ihre Einschätzung nach dem Qualifikationsrennen in Darmstadt?

Miriam Dattke:

Ich hatte den Eindruck, dass ich gut drauf bin. Aber mir war auch bewusst, dass ich im ersten Jahr in der U23 laufe und dass da eine andere Konkurrenzsituation herrscht. Darmstadt lief ganz gut, aber ich habe auch gesehen, dass Anna (Gehring) deutlich stärker ist und doch noch ein bisschen die Form fehlt, um in diese Dimensionen vorzustoßen. 

Lisa Tertsch, Sie sind jetzt kurz nach dem Gold-Coup schon wieder auf dem Sprung, weil Sie zurück in die USA müssen. Warum?

Lisa Tertsch:

Es stehen Klausuren an. Ich studiere an der Harvard University in Cambridge im fünften Semester Economics. Ich habe Glück, dass die Klausuren erst jetzt kommen. So hatte ich die Möglichkeit, nach dem Lauf in Darmstadt hierzubleiben, zuhause zu lernen und bei der EM zu starten. Es hat mich super gefreut, dass das zeitlich so hinhaut. Aber jetzt steht das Studium wieder im Vordergrund. Ich bin schon zweieinhalb Jahre da und habe noch eineinhalb Jahre.

Lea Meyer, der Erfolg von Tilburg gibt sicher Auftrieb. Was planen Sie für 2019?

Lea Meyer:

Im nächsten Jahr steht die U23-EM an, da möchte ich auf jeden Fall wieder dabei sein. Ich gehe dieses Ziel jetzt nach diesem Cross-Erfolg mit einem anderen Selbstbewusstsein an.

Anna Gehring, Sie verabschieden sich aus der U23. Welche Ziele haben Sie sich für 2019 gesteckt?

Anna Gehring:

Ich möchte meine Bestzeit über 10.000 Meter [32:20,37 min; Anm. d. Red] bestätigen. Dann ist im nächsten Jahr die Universiade und auch die WM in Doha. Die Meisterschaften sind auch auf jeden Fall ein Ziel.

Svenja Pingpank, wo sehen Sie 2019 Ihre Perspektiven?

Svenja Pingpank:

Ich bin auch raus aus der U23. Ich werde vielleicht einen Streckenwechsel vornehmen. Ich möchte gerne meine 10.000-Meter-Zeit verbessern und dann schauen, was noch alles geht.

Miriam Dattke, wie ist Ihre Planung fürs nächste Jahr?

Miriam Dattke:

Im Vordergrund steht die U23-EM. Da würde ich gerne die 10.000 Meter laufen. Doha habe ich eigentlich gar nicht in der Planung, aber den Cross. Da hoffe ich natürlich wieder mit einer starken Mannschaft auf eine Medaille.

Mehr:

<link https: www.leichtathletik.de news detail u23-weiblich-anna-gehring-erkaempft-einzel-silber-gold-fuers-team>Anna Gehring erkämpft Einzel-Silber, Gold fürs Team

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