| Doping in Russland

Whistleblower belastet Doping-Trainer: "Die arbeiten weiter"

Und wieder packt ein Whistleblower aus. Insider Andrey Dmitriev liefert offenbar Belege dafür, dass Doper in Russland munter weitermachen. DOSB-Chef Alois Hörmann fordert bei erwiesenem Betrug die "härteste" Strafe – den Olympia-Bann.
dpa/sb

Ein neuer Whistleblower hat sich aus der Deckung gewagt und Russlands angebliche Reformen zur Bewältigung der üblen Doping-Vergangenheit stark in Zweifel gezogen. So arbeitet ein Doping-belasteter Trainer trotz seiner Suspendierung offenbar weiter aktiv mit Leichtathleten. Dies hat Insider Andrey Dmitriev am Sonntag in einem Interview der ARD-Dopingredaktion enthüllt. "Er tut, was er immer getan hat. Er trainiert weiter. So einfach ist das", sagte der Augenzeuge, der von den ARD-Reportern aus Sicherheitsgründen im kasachischen Almaty befragt wurde.

Dmitriev filmte in Russland mit versteckter Kamera, auf einem Video vom 12. Januar dieses Jahres taucht dabei Vladimir Kazarin auf. In einer Sporthalle in Chelyabinsk ist der erfolgreiche Coach beim Training mit einem 400-Meter-Spitzensprinter zu sehen. Kazarin – einer der erfolgreichsten 800-Meter-Trainer der Welt – ist wegen seiner Dopingpraktiken international gesperrt. Und der Coach ist aus Sicht von Dmitriev nicht einmal "der dickste Fisch".

DOSB-Präsident fordert "härteste Form der Strafe"

DOSB-Präsident Alfons Hörmann forderte einen Komplettausschluss des russischen Verbandes von den Olympischen Spiele 2018 und 2020, sofern sich die schweren Vorwürfe staatlich organisierten Dopings weiter erhärten sollten. "Es muss ein klares Signal geben: So nicht!", sagte der Chef des Deutschen Olympischen Sportbundes der "Welt am Sonntag". Wenn eine Nation "so klar gegen die IOC-Charta" verstoße, müsse sie «"die härteste Form der Strafe erfahren".

Insider Dmitriev gab den Befürchtungen und Spekulationen nun neue Nahrung. "Ich sehe ja, dass die Trainer, die ganz sicher mit Doping gearbeitet haben, immer noch da sind. Die arbeiten weiter", sagte Dmitriyev, selbst Leichtathlet und ein guter Mittelstreckenläufer. "Und die Sportler, von denen ich weiß, dass sie gedopt haben, die trainieren weiter mit ihnen." Der Whistleblower behauptet: "Es dopen vielleicht 70, 80 Prozent, und der Rest ist sauber." Doch die sauberen Athleten, "die haben Angst, den Mund aufzumachen".

"Das ist Heuchelei"

Viel getan habe sich in Russland nicht, obwohl das Land nach diversen Enthüllungen – vor allem in den zwei Berichten der McLaren-Kommission der WADA – besonders scharf beobachtet wird. Vom Leichtathletik- Weltverband IAAF wurden die Russen suspendiert. Mehr als 1.000 russische Sportler waren nach Ermittlungen der Welt-Anti-Doping- Agentur WADA zwischen 2011 und 2015 Teil einer großangelegten staatlichen Dopingpolitik.

"Wenn man behauptet, dass wir uns ändern, dann aber diese Leute einfach weitermachen – das ist doch Heuchelei, das sind Lügen", betonte Dmitriyev. "Da wird ein Wandel vorgetäuscht, den es gar nicht gibt." Der russische Verband schwieg auf Nachfrage der ARD-Dopingredaktion. 

Start russischer Leichtathleten in London fraglich

Damit müssen die russischen Leichtathleten, die von Olympia 2016 in Rio fast komplett verbannt waren, wohl auch um ihren Start bei der WM im August in London (Großbritannien) bangen. "Wenn auf den Videobildern wirklich dieser gesperrte Trainer zu sehen ist, hat RUSAF (der russische Leichtathletik-Verband) die dem Verband auferlegten Kriterien für die Wiederzulassung nicht eingehalten", sagte IAAF-Generaldirektor Olivier Gers der ARD. "Dies wäre aber notwendig gewesen, um die Suspendierung des russischen Verbandes aufzuheben."

Nichts Neues kam am Wochenende dagegen von Whistleblower Grigory Rodchenkov. Zwar bekam die Doping-Dokumentation "Icarus" von US-Filmmedien viel Lob, spektakuläre Enthüllungen oder neue Fakten über das russische Dopingsystem lieferte der Film aber nicht. Darin war der abtrünnige frühere Moskauer Dopinglaborchef Rodchenkov erstmals seit seiner Flucht in die USA Anfang 2016 selbst zu sehen.

Quelle: Deutsche Presse-Agentur (dpa)

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