| Budapest 2023

WM Tag 6 | Femke Bols ersehnter Triumph, zweimal Gold für Team Jamaika

Sie hat schon so viel gewonnen. Und nun ist Femke Bol endlich Weltmeisterin. Die Niederländerin gewann am Donnerstagabend souverän den WM-Titel über 400 Meter Hürden. Gelb-Grün-Schwarz waren die weiteren dominierenden Farben des Abends in Budapest. Denn die Jamaikaner gewannen gleich fünf Medaillen, zwei davon in Gold.
Martin Neumann

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Am ersten WM-Tag hatte Femke Bol den scheinbar sicheren Titel mit der 4x400-Mixed-Staffel kurz vor dem Ziel durch einen Sturz noch verpasst. Fünf Tage später lief die Niederländerin am Donnerstagabend in Budapest im Finale über 400 Meter Hürden zur ersehnten Goldmedaille und damit zu ihrem ersten WM-Titel überhaupt. Die 23-Jährige übernahm kurz nach der Rennhälfte die Führung, baute diese deutlich aus und gewann sicher mit 51,70 Sekunden.

Für Femke Bol war es nach ihrem Europarekord (51,45 sec) vor wenigen Wochen in London die zweitschnellste Zeit ihrer Karriere. Hinter der neuen Weltmeisterin folgten Shamier Little (USA, 52,80 sec) und die Rushell Clayton (Jamaika; 52,81 sec). Nach dem Halbfinal-Aus 2019 in Doha (56,37 sec) und WM-Silber (52,22 sec) vergangenes Jahr in Eugene krönte sich die Niederländerin nun in Budapest zur Weltmeisterin. „Ich wollte schon seit Tokio eine 51er-Zeit laufen. Ich kann es immer noch nicht glauben, dass ich es geschafft habe“, so Femke Bol nach ihrem Goldlauf.

Die Weitspringer sorgten gleich im ersten Versuch für eine Flugshow. Olympiasieger Miltiádis Tentóglou (Griechenland) legte 8,50 Meter vor. Wayne Pinnock (Jamaika), der in der Qualifikation die Weltjahresbestleistung auf 8,54 Meter gesteigert hatte, legte 8,40 Meter nach. Das Duell auf Weltklasseniveau war eröffnet.

Zentimeter-Krimi in der Weitsprunggrube

Wayne Pinnock setzte im zweiten Versuch einen drauf und landete ebenfalls bei 8,50 Metern. Damit schob sich der WM-Dritte des Vorjahrs an die Spitze. Dort blieb er auch bis zum Ende des Vorkampfes. Denn Miltiádis Tentóglou kam im dritten Versuch „nur“ auf 8,39 Meter. Einen Zentimeter kürzer als der zweitbeste Sprung des Jamaikaners. Bis zum letzten Versuch blieb es bei dieser Reihenfolge. Doch dann gelang Miltiádis Tentóglou der goldene Sprung auf 8,52 Meter. Wayne Pinnock flog im letzten Versuch noch einmal auf 8,38 Meter.

„Die einzige Goldmedaille, die mir noch fehlte, ist jetzt meine. Ich bin nach meinem ersten Versuch von 8,50 Meter ruhig geblieben. Ich war mir sicher, dass die Konkurrenz noch eine Menge drauflegen würde. Es war ein toller Wettkampf, ein toller Kampf. Jetzt will ich alle meine Titel verteidigen“, sagte der neue Weltmeister, der auch bei der EM 2022 in München und den Olympischen Spielen 2021 in Tokio gewonnen hatte

Drei Jamaikaner unter den besten vier Weitspringern

Kurios: Auch die Springer auf den Plätzen drei und vier sprangen exakt dieselbe Weite: 8,27 Meter. Anders als an der Spitze hatten die Weiten aber bis zum Ende des Finals Bestand. Dank des besseren zweiten Versuchs setzte sich Doha-Weltmeister Tajay Gayle gegen seinen jamaikanischen Landsmann Carey McLeod durch. Der konnte nicht mehr kontern. Im zweiten Versuch trat der Jamaikaner mit dem kompletten Fuß aufs Brett, rutschte weg, wurde Richtung Acht-Meter-Marke katapultiert und landete seitlich aus großer Höhe im Sand. Nach einer Behandlungspause versuchte er es zwar noch mal. Doch die Einschränkungen im Sprunggelenk waren zu groß für Acht-Meter-Sprünge.

Simon Ehammer verpasste mit 7,87 Metern den Endkampf als Neunter knapp. Der Schweizer ärgerte sich extrem, da sein zweiter Versuch weit über acht Meter ging, aber um wenige Millimeter übertreten war. Der Vize-Europameister im Zehnkampf intervenierte bei den Kampfrichtern, doch die Videoaufnahmen zeigten beim Abrollen des Fußes einen minimal ungültigen Versuch.

Danielle Williams nach 2015 zum zweiten Mal Hürdensprint-Weltmeisterin

Als ihr Name nach dem Finale über 100 Meter Hürden hinter der Ziffer eins auftauchte, legte sich Danielle Williams erstmals rücklings auf die Bahn. Die Jamaikanerin war wenige Augenblicke zuvor sensationell auf der Innenbahn zum Sieg gestürmt. Mit 12,43 Sekunden setzte sich die 30-Jährige nach 2015 in Peking zum zweiten Mal in einem WM-Finale durch. Vor acht Jahren hatte sie vor Cindy Roleder triumphiert. „Als ich 2015 gewonnen habe, war das unglaublich. Aber es hat mich viel harte Arbeit gekostet, viele Jahre voller Mühen und Verletzungen, ich habe mein Selbstvertrauen verloren und gekämpft, um wieder so weit zu kommen. Es ist großartig. Jamaika ist ein stolzes Land und wir lieben es, zu gewinnen. Ich liebe es, zu gewinnen“, jubelte Danielle Williams nach ihrem zweiten WM-Triumph.

Nur eine Hundertstel dahinter folgte Olympiasiegerin Jasmine Camacho-Quinn (Puerto Rico) und lief zu Silber. Kendra Harrison (USA), die im Vorlauf mit 12,24 Sekunden Weltjahresbestzeit gelaufen war, sicherte sich mit 12,46 Sekunde Bronze. Weltrekordlerin Tobi Amusan (Nigeria), der kurz vor der WM von der unabhängigen Integritätskommission (AIU) des Leichtathletik-Weltverbandes das Startrecht für Budapest nach drei verpassten Dopingtests zugesprochen worden war, musste sich mit 12,62 Sekunden und Rang sechs begnügen. Die Schweizerin Ditaji Kambundji wurde mit 12,70 Sekunden Siebte.

Wenige Minuten nach dem Sieg von Danielle Williams gab’s die nächste Goldmedaille für Jamaika. Im 400-Meter-Finale fing Antonio Watson den lange Zeit führenden Neu-Europarekordler Matthew Hudson-Smith mit 44,22 Sekunden noch ab. Neun Hundertstel dahinter lief der Brite, der im Halbfinale den 36 Jahre alten Europarekord von Thomas Schönlebe auf 44,26 Sekunden verbessert hatte, auf den zweiten Rang. Bronze sicherte sich Quincy Hall mit 44,37 Sekunden knapp vor seinem Landsmann Vernon Norwood (beide USA; 44,39 sec).

Zweites Hammerwurf-Gold für Kanada

Nach WM-Silber im vergangenen Jahr gelang Camryn Rogers im Hammerwurf diesmal der goldene Versuch. Die Kanadierin gewann souverän mit 77,22 Metern vor den beiden US-Amerikanerinnen Janee' Kassanavoid (76,36 m) und DeAnna Price (75,41 m). Damit gingen beide Hammerwurf-Titel nach Kanada. Bei den Männern hatte Ethan Katzberg mit 81,25 Metern triumphiert.

Schon am Morgen wurden die Titel über 35 Kilometer Gehen vergeben. Wie über 20 Kilometer glänzte Christopher Linke (SC Potsdam) mit einem neuen deutschen Rekord und wurde mit 2:25:35 Stunden Fünfter. Zur Bronzemedaille von Masatoro Kwano (Japan) fehlten ihm nur 23 Sekunden. Der Erfurter Karl Junghannß ging mit 2:27:08 Stunden auf Rang neun und ebenfalls Bestzeit.

An der Spitze machten die Starter aus Spanien das doppelte Gold-Double perfekt. Álvaro Martín setzte sich wie über 20 Kilometer zum WM-Auftakt mit Landesrekord von 2:24:30 Stunden durch. Bei den Frauen ging die Spanierin María Pérez mit 2:38:40 Stunden Meisterschaftsrekord. Dahinter folgte Titelverteidigerin Kimberly García León mit 2:40:52 Stunden, Antigoni Ntrismpioti (Griechenland; 2:43:22 h) gewann Bronze. Bei ihrem WM-Debüt ging Bianca Maria Dittrich (Droste Running-Team; 3:03:05 h) auf Platz 29.

Andrew Hudson nach Unfall als neunter Sprinter im 200-Meter-Finale

Eine Schrecksekunde erlebten am Donnerstagabend die Starter des ersten 200-Meter-Halbfinals. Auf dem Weg vom Aufwärmplatz zum Stadion stießen zwei Golf-Carts zusammen. Aus dem einen wurde ein Volunteer hinausgeschleudert. Im anderen saßen die acht 200-Meter-Läufer um 100-Meter-Weltmeister Noah Lyles (USA).

Andrew Hudson (Jamaika) stieß sich dabei heftig den Kopf, sein Auge wurde im Anschluss ärztlich untersucht. So musste das erste Halbfinale verschoben werden. Noah Lyles nahm die Verzögerung gelassen und lief mit 19,76 Sekunden die schnellste Halbfinalzeit. Andrew Hudson qualifizierte sich mit 20,38 Sekunden zunächst nicht für das Finale, wurde aber nachträglich aufgrund des Unfalls als neunter Starter für das 200-Meter-Finale zugelassen.

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