| Biebricher Schlossgespräche

8. Biebricher Schlossgespräch: Über Herausforderungen, Werte und Fair Play des Sports

Unter dem Titel „Neue Perspektiven und Herausforderungen des Olympischen und Paralympischen Sports“ fand vergangene Woche das 8. Biebricher Schlossgespräch in Wiesbaden statt. Ausgerichtet durch die Deutsche Olympische Akademie (DOA) wurden in der Abendveranstaltung aktuelle Themen des organisierten Sports besprochen sowie Herausforderungen durch Pandemie, Krieg und gesellschaftspolitische Entwicklungen diskutiert. Im Rahmen der Veranstaltung wurde außerdem der Fair-Play-Preis des Deutschen Sports verliehen.
Chiara Gethmann

Herausforderungen, Werte und Fair Play des Sports waren die prägenden Themen des 8. Biebricher Schlossgesprächs, das nach zweijähriger Corona-Pause kürzlich in Wiesbaden stattfand. Im Biebricher Schloss, direkt am Rhein gelegen, trafen sich Vertreter aus Sport, Politik, Wirtschaft und Medien, um gemeinsam aktuelle Themen des organisierten Sports zu beleuchten. Eike Schulz, der den Abend moderierte, widmete den Beginn der Veranstaltung einer wichtigen Person der Schlossgespräche: Mit einem Video-Nachruf und einem Moment der Stille wurde dem im März im Alter von 68 Jahren verstorbenen ZDF-Sportchef Dieter Gruschwitz gedacht, der bei den bisherigen Biebricher Schlossgesprächen als Moderator durch den Abend führte.

Mit einem digitalen Vortrag gab der Präsident des Deutschen Olympischen Sportbundes (DOSB) Thomas Weikert, der aus terminlichen Gründen nicht vor Ort sein konnte, erste Impulse. Der ehemalige Präsident des Tischtennis-Weltverbandes (ITTF), der nun seit rund fünf Monaten das Amt des DOSB-Präsidenten bekleidet, kam schnell auf ernste Themen zu sprechen. Im Zusammenhang mit dem Krieg in der Ukraine betonte Thomas Weikert die gesellschaftliche und internationale Bedeutung des Sports und der Olympischen Spiele: „Olympische Spiele stehen für so viel mehr als sportliche Wettkämpfe“.

Als besonderes Anliegen formulierte der DOSB-Präsident das Ziel und die Vision künftige Olympische Spiele wieder in Deutschland ausrichten zu wollen. Insbesondere nach der zweijährigen Pandemie, die verdeutlicht habe, dass das Thema Bewegung zur Priorität werden müsse, sehe er in der Ausrichtung Olympischer Spiele Chancen und Möglichkeiten für Deutschland und die deutsche Bevölkerung. „Die Olympische Bewegung ist im Aufbruch und wird sicher nicht auf Deutschland warten“, schloss der 60-Jährige.

Expertenrunde diskutiert aktuelle Herausforderungen

Im Anschluss an den digitalen Impulsvortrag folgte eine Podiumsdiskussion der geladenen Expertinnen und Experten zum Thema „Neue Perspektiven und Herausforderungen des Olympischen und Paralympischen Sports“. Neben Marathonläuferin Fabienne Königstein (MTG Mannheim), Präsidiumsmitglied Athleten Deutschland e.V. und DOSB-Athletenvertreterin, Anno Hecker, Journalist und Sportchef der Frankfurter Allgemeinen Zeitung (FAZ) komplettierten Frank-Thomas Hartleb, Sportdirektor des Deutschen Behindertensportverbandes, und Prof. Dr. Jürgen Mittag, Professor für Sportpolitik an der Deutschen Sporthochschule Köln, die Gesprächsrunde.

Das Spektrum der angeschnittenen Themen war dabei breit gefächert: von der Meinungsfreiheit von Athletinnen und Athleten über die pandemiebedingte Verschiebung und die Finanzierung von Sport-Großveranstaltungen bis hin zu möglichen Boykotten aufgrund von Missständen an Austragungsorten. Ein Schwerpunkt der Diskussion lag dabei in der Debatte um die Beziehung zwischen Politik und Sport. Welche Konsequenzen sollen aus dem Ukraine-Krieg gezogen werden? Dürfen Olympische Spiele in autokratisch oder diktatorisch geführten Ländern ausgetragen werden? Welche Forderungen stellt die Politik an den Sport und welche Unterstützung gibt es, um diese zu erreichen?

Jürgen Mittag führte an: „Vielfach gibt es Überlappungen zwischen Sport und Politik.“ Politik und Regierungsoberhäupter können sich den Sport zunutze machen: „Sportwashing meint letztendlich die Strahlkraft des Sports zu nutzen, um ökologische, politische oder gesellschaftliche Missstände zu überdecken.“ Auch wenn entsprechende Missstände in Austragungsorten zu Boykott-Überlegungen führen, ist für Anno Hecker klar: „Als Journalist muss man hingehen und berichten“. Als Ergebnis der Berichterstattung würde eine Stärkung von Werten erzielt.

Verleihung des Fair-Play-Preises an Peter Fischer und Sarah Voss

Die Expertinnen und Experten waren sich einig, dass der Grundstein für den Erfolg bei internationalen Meisterschaften und Olympischen Spielen im Breitensport gelegt würde. Doch dort fehle wie in anderen Bereichen das Geld. In Bezug auf Förderungsmaßnahmen meint Frank-Thomas Hartleb: „Ich bin der Auffassung, es ist nicht zu wenig Geld im Umlauf – es wird nur falsch eingesetzt“. Fabienne Königstein sieht „eine riesige Baustelle im Kindersport“. Es fehle an Trainerinnen und Trainern, die Kindern früh den Spaß am Sport vermitteln.

Im Anschluss an die Auseinandersetzung mit kritischen Themen des organisierten Sports wurden mit dem Fair-Play-Preis des Deutschen Sports besonders positive Initiativen und Haltungen geehrt. Für das Jahr 2021 fiel die Wahl auf Peter Fischer, Präsident des Fußballclubs Eintracht Frankfurt sowie auf Sarah Voss, erfolgreiche Turnerin und Teilnehmerin der Olympischen Spiele in Tokio (Japan) des vergangenen Jahres.

„Im Diskurs bleiben und Werte transportieren"

Peter Fischer erhielt den Preis für sein langjähriges vorbildliches Engagement gegen Rassismus und Antisemitismus im Sport und darüber hinaus. Sarah Voss wurde für ihre Initiative für mehr Selbstbestimmung und gegen Sexualisierung von Frauen und Mädchen mit dem Sonderpreis ausgezeichnet. Bei der Turn-Europameisterschaften 2021 in Basel (Schweiz) ging die 22-Jährige mit einem Ganzkörperanzug an den Start und löste damit eine weltweite Debatte aus.

Auf die Frage, was Prof. Dr. Dr. h.c. Gudrun Doll-Tepper vom 8. Biebricher Schlossgespräch mitnehme, kam die Vorsitzende der Deutschen Olympischen Akademie unter anderem auf die Auswirkungen des Ukraine-Krieges zurück. „Der Sport hat eine verbindende Kraft, aber aktuell separiert er auch“, so die Sportfunktionärin in Bezug auf den Ausschluss von russischen und belarussischen Athletinnen und Athleten. Was wichtig sei, sei weiterhin in einem Diskurs zu bleiben und Werte zu transportieren.

Über ein Nominierungsformular auf der Webseite des DOSB können bis zum 31. Dezember 2022 Vorschläge für den Fair-Play-Preis des Deutschen Sports 2022 eingereicht werden.

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