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STABHOCHSPRUNG FRAUEN | Ein Comeback, ein Rücktritt und viele Talente

Es war ein intensives Jahr für die Leichtathletik. Weltmeisterschaften in den USA. Europameisterschaften im eigenen Land. Und auch der Nachwuchs war international gefordert. Was bleibt in Erinnerung? Wir werfen einen Blick zurück auf dieses besondere Jahr 2022. Heute: Stabhochsprung der Frauen.
Martin Neumann

Das ist 2022 passiert

Ein erfolgreiches Comeback prägte den deutschen Frauen-Stabhochsprung in der abgelaufenen Saison: Anjuli Knäsche (LG Leinfelden-Echterdingen) griff nach drei Jahren Pause wieder zum Stab und landete direkt wieder in der deutschen Spitze. Mit 4,55 Metern gewann die 29-Jährige in Berlin ihren ersten DM-Titel, gleichzeitig war es die Top-Leistung des Jahres der deutschen Stabhochspringerinnen.

Höhe und DM-Titel brachten Anjuli Knäsche über die Weltrangliste einen EM-Startplatz für München ein. Im Olympiastadion verpasste die in Vollzeit arbeitende Trainerin das Finale denkbar knapp. Auch die zweite deutsche EM-Starterin Jacqueline Otchere scheiterte in der Qualifikation. Besser lief es für die Mannheimerin bei der WM in Eugene, für die sie sich über die Weltrangliste qualifiziert hatte. In der Qualifikation sprang Jacqueline Otchere 4,50 Meter und damit Saisonbestleistung. Im Finale landete die 26-Jährige mit 4,45 Metern auf Rang zehn.

Einen weiteren Schritt nach vorne machte in dieser Saison die 21-jährige Ella Buchner (SC Potsdam). Im Vorjahr bei 4,35 Metern angekommen, steigerte sie sich im Mai weiter auf 4,45 Meter und war damit beste deutsche U23-Athletin. Im Juni folgte mit 4,40 Metern überraschend DM-Silber.

Eine Top-Vorstellung lieferte der deutsche Nachwuchs bei der U20-WM in Cali (Kolumbien) ab. Chiara Sistermann (TSV Gräfelfing) und Janne Ohrt (MTSV Hohenwestedt) meisterten jeweils 4,30 Meter, was mit Silber und Bronze belohnt wurde. Bei der U18-EM verpasste Lilly Samanski (TSV Gräfelfing; 3,75 m) als Fünfte nur knapp das Podest. In Lauf der Saison steigerte sich die 17-Jährige auf 4,21 Meter. Damit hat ein Teenager-Trio 2022 den Anschluss an die deutsche Spitze geschafft.

Fester Bestandteil der deutschen Spitze war über fast zwei Jahrzehnte Lisa Ryzih (ABC Ludwigshafen). 2003 überquerte die 34-Jährige erstmals die Vier-Meter-Marke. Ende der Saison beendete die Vize-Europameisterin von 2016 ihre erfolgreiche Karriere. Große Erfolge feierten 2022 Katie Nageotte (USA) und Wilma Murto (Finnland), die mit jeweils 4,85 Metern Welt- bzw. Europameisterin wurden.

Internationale Erfolge

  Medaille Finalplatzierung
Hallen-WM
U20-WM Silber: Chiara Sistermann (TSV Gräfelfing; 4,30 m)
Bronze: Janne Ohrt (MTSV Hohenwestedt; 4,30 m)
U18-EM 5. Platz: Lilly Samanski (TSV Gräfelfing; 3,75 m)
EYOF
WM 10. Platz: Jacqueline Otchere (MTG Mannheim; 4,45 m)
EM

Unser "Ass des Jahres"

Anjuli Knäsche (LG Leinfelden-Echterdingen)
Deutsche Meisterin
Mit 4,55 Metern beste deutsche Stabhochspringerin 2022
Sechs Jahre alte Bestleistung eingestellt

Unser "Talent des Jahres"

Chiara Sistermann (TSV Gräfelfing)
U20-Vize-Weltmeisterin
Deutsche U20-Meisterin
Mit 4,30 Metern Vierte der deutschen Frauen-Bestenliste 2022

Die deutschen Top Ten 2022

Höhe Name Jahrgang Verein
4,55 Anjuli Knäsche 1993 LG Leinfelden-Echterdingen
4,55 Jacqueline Otchere 1996 MTG Mannheim
4,45 Ella Buchner 2001 SC Potsdam
4,30 Leni Freyja Wildgrube 2001 SC Potsdam
4,30 Katharina Bauer 1990 TSV Bayer 04 Leverkusen
4,30 Chiara Sistermann 2004 TSV Gräfelfing
4,30 Janne Ohrt 2003 MTSV Hohenwestedt
4,25 Anne Berger 1999 VfL Gladbeck
4,21 Lilly Samanski 2005 TSV Gräfelfing
4,20 Friedelinde Petershofen 1995 SC Potsdam
4,20 Clara Rentz 1997 LT DSHS Köln

Statistik – Das sagen die Zahlen

Das deutsche Top-Niveau

Jahr ≥ 4,55 m*
 
Schnitt
Top 3
Schnitt
Top 5
Schnitt
Top 10
2005 4,45 4,41 4,33
2006 3 4,60 4,57 4,48
2007 4 4,61 4,58 4,49
2008 2 4,62 4,58 4,48
2009 2 4,65 4,60 4,46
2010 5 4,69 4,66 4,51
2011 4 4,73 4,66 4,51
2012 4 4,69 4,64 4,49
2013 5 4,72 4,66 4,55
2014 2 4,59 4,55 4,47
2015 4 4,70 4,64 4,51
2016 4 4,68 4,62 4,49
2017 3 4,61 4,56 4,47
2018 1 4,50 4,46 4,32
2019 1 4,51 4,43 4,33
2020 4,42 4,36 4,26
2021 1 4,48 4,42 4,32
2022 1 4,50 4,42 4,34

Jahresbestleistungen im internationalen Vergleich

Jahr Deutschland Europa Diff. Welt Diff.
2005 4,50 (Hingst) 5,01 (Isinbayeva/RUS) 0,51 5,01 (Isinbayeva/RUS) 0,51
2006 4,63 (A. Ryzih) 4,91 (Isinbayeva/RUS) 0,28 4,91 (Isinbayeva/RUS) 0,28
2007 4,65 (Hingst) 4,91 (Isinbayeva/RUS) 0,26 4,91 (Isinbayeva/RUS) 0,26
2008 4,70 (Spiegelburg) 5,05 (Isinbayeva/RUS) 0,35 5,05 (Isinbayeva/RUS) 0,35
2009 4,70 (Spiegelburg) 5,06 (Isinbayeva/RUS) 0,36 5,06 (Isinbayeva/RUS) 0,36
2010 4,72 (Hingst) 4,75 (Feofanova/RUS) 0,03 4,89 (Suhr/USA) 0,17
2011 4,80 (Strutz) 4,80 (Strutz) 0,00 4,91 (Suhr/USA) 0,11
2012 4,82 (Spiegelburg) 4,82 (Spiegelburg) 0,00 4,83 (Suhr/USA) 0,01
2013 4,79 (Spiegelburg) 4,89 (Isinbayeva/RUS) 0,10 4,90 (Silva/CUB) 0,11
2014 4,71 (L. Ryzih) 4,71 (L. Ryzih, Stefanidi/GRE) 0,00 4,80 (Murer/BRA) 0,09
2015 4,75 (Spiegelburg) 4,83 (Kiriakopoúlou/GRE) 0,08 4,91 (Silva/BRA) 0,16
2016 4,73 (L. Ryzih) 4,86 (Stefanidi/GRE) 0,13 5,00 (Morris/USA) 0,27
2017 4,73 (L. Ryzih) 4,91 (Stefanidi/GRE) 0,18 4,91 (Stefanidi/GRE) 0,18
2018 4,60 (Otchere) 4,87 (Stefanidi/GRE) 0,27 4,95 (Morris/USA) 0,35
2019 4,60 (L. Ryzih) 4,95 (Sidorova/ANA) 0,35 4,95 (Sidorova/ANA) 0,35
2020 4,45 (L. Ryzih) 4,83 (Meijer/SWE) 0,38 4,92 (Nageotte/USA) 0,47
2021 4,55 (Otchere) 5,01 (Sidorova/ANA) 0,46 5,01 (Sidorova/ANA) 0,46
2022 4,55 (Knäsche) 4,91 (Sidorova/ANA) 0,36 4,91 (Sidorova/ANA) 0,36

Das fällt auf:

  • Anjuli Knäsche ist erstmals in ihrer Karriere beste deutsche Stabhochspringerin. Als Deutsche Meisterin stellte sie mit 4,55 Metern ihre Bestleistung nach sechs Jahren ein. Dabei hatte sie zwischenzeitlich schon ihre Karriere beendet.
  • Jacqueline Otchere sprang in der WM-Qualifikation mit 4,50 Metern Saisonbestleistung. Das reichte für den Einzug ins WM-Finale, das sie als Zehnte beendete.
  • Apropos Karriere beendet: Nach zwei Jahrzehnten Stabhochsprung stellte Lisa Ryzih die Stäbe in die Ecke. Die Vize-Europameisterin von 2016 konnte 2022 keine Wettkämpfe bestreiten.
  • Der Top-Ten-Schnitt der deutschen Stabhochspringerinnen ist 2022 leicht angestiegen. Der Durchschnittswert von 4,34 Metern liegt aber noch auf einem ausbaufähigen Niveau. 2013 lag dieser 21 Zentimeter darüber, eine kleine Stabhochsprung-Welt.
  • Die deutschen Stabhochsprung-Talente konnten 2022 überzeugen. Gleich zwei Medaillen gab's bei der U20-WM, auch U18-Springerin Lilly Samanski konnte sich bereits in den deutschen Top 10 etablieren. Mit Ella Buchner und der einstigen U18-Weltmeisterin Leni Freyja Wildgrube stehen auch zwei U23-Athletinnen aus Postdam an der Schwelle zur nationalen Spitze.
  • Die EM in München wurde zur großen Show von Wilma Murto. Die Finnin steigerte auf dem Weg zu Gold mit 4,85 Metern gleich dreimal den Landesrekord. Mit derselben Höhe gewann Katie Nageotte (USA) in Eugene WM-Gold.
  • Anzhelika Sidorova ist nach 2019 und 2021 zum dritten Mal die beste Stabhochspringerin der Welt. Allerdings ist sie wie alle anderen russischen Leichtathleten aktuell international nicht startberechtigt.

leichtathletik.TV-Clips:

Stabhochsprung

Die Disziplin-Analysen im Überblick:

Sprint Frauen
Sprint Männer
Langsprint Frauen
Langsprint Männer
Hürdensprint Frauen
Hürdensprint Männer
Langhürden Frauen
Langhürden Männer
Mittelstrecke Frauen
Mittelstrecke Männer
Langstrecke Frauen
Langstrecke Männer
Hindernis Frauen
Hindernis Männer
Gehen Frauen
Gehen Männer
Hochsprung Frauen
Hochsprung Männer
Weitsprung Frauen
Weitsprung Männer
Dreisprung Frauen
Dreisprung Männer

* als Referenzwert dient die WM-Norm des Jahres 2017

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