Für Stabhochspringerin Katharina Bauer ist die Teilnahme an der Hallen-EM in Glasgow etwas ganz Besonderes. Vier Jahre und fünf Operationen ist es her, dass sie das letzte Mal bei einer internationalen Meisterschaft am Start war. Vor nicht einmal einem Jahr bekam sie einen Defibrillator eingesetzt.
Das Gerät, das Katharina Bauers Leben retten kann, ist so groß wie ein Handteller und bei jedem Sprung dabei. Im April 2018 wurde der 28-Jährigen wegen eines Herzleidens ein Defibrillator unter die Haut transplantiert, nicht einmal ein Jahr später tritt die Stabhochspringerin bei der am Freitag beginnenden Hallen-EM in Glasgow (Großbritannien; 1. bis 3. März) an.
"Für mich bedeutet das sehr viel. Es ist jetzt vier Jahre her, dass ich zuletzt bei einer internationalen Meisterschaft gestartet bin", sagte Katharina Bauer (TSV Bayer 04 Leverkusen) dem SID. "Seitdem war ich gebeutelt von Operationen. Von daher ist es für mich ganz, ganz groß, dass sich das ganze Training und der ganze Kampf gelohnt haben."
Schon in der Kindheit litt die Leverkusenerin an zusätzlichen Herzschlägen, Versuche, das Problem in den Griff zu bekommen, scheiterten. Nun kann im schlimmsten Fall der "Defi", wie sie ihren stetigen Begleiter nennt, eingreifen. "Es führt eine Elektrode unter der Brust bis zum Brustbein entlang, die aber nicht mit dem Herzen verbunden ist. Das ermöglicht es mir, weiter Spitzensport auszuüben", erklärt Bauer. Auch wenn es für die Fortsetzung einer Leistungssportkarriere keine Erfahrungswerte gab.
Sechs Wochen nach der Operation der erste Wettkampf
"Die Ärzte haben gesagt: 'Wir wissen es nicht, wie es weitergeht. Aber eigentlich kannst du mit so einem Teil keinen Leistungssport machen'", berichtet Katharina Bauer. "Aber von sowas habe ich mich noch nie unterkriegen lassen, irgendjemand muss es ja mal machen."
Drei Wochen nach der Operation war sie bereits wieder joggen, sechs Wochen später stand sie bei einem Wettkampf an der Stabhochsprung-Anlage – und sprang 4,20 Meter. Nach ihrem Sieg bei den Deutschen Hallenmeisterschaften 2018 wurde sie in diesem Jahr in Leipzig Zweite. Ihre Bestleistung in dieser Saison liegt bei 4,55 Metern.
Dabei steht ihr Durchhaltevermögen schon länger auf dem Prüfstand. Vor den Olympischen Spielen 2016 in Rio de Janeiro (Brasilien) verletzte sie sich schwer an der Hand, mehrere Operationen folgten. Der längste verletzungsfreie Zeitraum seitdem? Gerade mal ein halbes Jahr.
"Habe mich immer wieder zurückgekämpft"
"Ich war verletzt, habe mich zurückgekämpft, dann kam die nächste OP. Also habe ich mich wieder zurückgekämpft, dann kam wieder eine OP. So waren jetzt die letzten Jahre, deshalb bin ich erstmal heilfroh, gesund zu sein", sagte sie. "Wenn ich verletzungsfrei und gesund bleibe, dann mache ich große Fortschritte. Wenn alles einfach so bleiben könnte, wäre es super. Und dann geht es auch weiter nach oben."
Sieht sie sich selbst in einer Vorbildfunktion? "In der Hinsicht, dass ich zeigen kann, es ist alles möglich. Dass man selbst Leistungssport treiben kann. Vielleicht kann ich andere Leute motivieren oder inspirieren, immer an sich zu glauben", sagte sie.
Inzwischen nimmt der Defibrillator in ihrem alltäglichen Leben weniger Platz ein. "Es gerät jetzt schon immer mehr in Vergessenheit. Natürlich weiß ich, dass er da ist. Aber ich widme ihm nicht mehr so viel Aufmerksamkeit", sagte sie. Und, das betonte sie: "Wenn ich an der Anlage stehe, bin ich eine ganz normale Stabhochspringerin."
Quelle: Sport-Informations-Dienst (SID)