| Interview der Woche

Jackie Baumann: „2020 ist vieles möglich“

Jackie Baumann (LAV Stadtwerke Tübingen) hat ihre Verletzungssorgen überwunden und ist am Wochenende mit zwei Bestzeiten in die Hallensaison gestartet. Im Interview spricht die 24 Jahre alte 400-Meter-Hürden-Spezialistin über den schwierigen Weg zurück, die Zusammenarbeit mit dem Schweizer Trainer Laurent Meuwly und ihre Pläne für den Olympia- und EM-Sommer.
Martin Neumann

Jackie Baumann, herzlichen Glückwunsch zu zwei Titeln mit zwei Bestzeiten bei den Baden-Württembergischen Hallenmeisterschaften in Mannheim. War es für Sie das perfekte Wochenende?

Jackie Baumann:

Vielen Dank. Es war fast das perfekte Wochenende.

Wieso nur „fast“? Sie sind mit 23,89 Sekunden über 200 Meter und 54,02 Sekunden über 400 Meter deutlich unter Ihren alten Bestmarken geblieben?

Jackie Baumann:

Die 200 Meter am Sonntag waren perfekt. Schon während des Rennens habe ich gemerkt, dass es richtig schnell ist. Als die Zeit bestätigt wurde, habe ich mich mega gefreut. Die 23 vor dem Komma sind erleichternd, aber gleichzeitig waren sie auch überfällig. Am Samstag hatte ich über 400 Meter noch mit den „Nachwehen“ von zwei Jahren mit Verletzungsproblemen zu kämpfen. Da musste ich noch gegen meine Selbstzweifel ankämpfen, ob das Training gereicht hat. Aber das hat es. Jetzt muss ich mir keine Sorgen mehr machen. Nun kann ich in den kommenden Wochen angreifen, dann klappt es auch mit einer 53er-Zeit.

Sie haben Ihre Selbstzweifel angesprochen. Haben Sie denn nicht mit den Steigerungen gerechnet?

Jackie Baumann:

Ich habe darauf gehofft, rechnen kann man damit aber nicht. Vor allem, weil ich in Bereiche vorgelaufen bin, die für mich richtig top sind. Die Zeiten sind die logische Konsequenz des guten, verletzungsfreien Trainings.

Welche Verletzungen haben Sie in den vergangenen Jahren zurückgeworfen?

Jackie Baumann:

Es fing 2018 mit diffusen Problemen an der rechten Achillessehne an, dann folgte im selben Jahr der Wadenbeinbruch am rechten Bein. Als das überstanden war, ging es 2019 wieder mit der Achillessehne los. Zum Glück konnte mir irgendwann ein Schweizer Orthopäde helfen. Nach zehn Tagen war nichts mehr zu spüren.

Apropos Schweiz: Sie werden seit einiger Zeit auch vom Schweizer Laurent Meuwly, dem Coach von Langhürden-Europameisterin Lea Sprunger, trainiert. Wie kann man sich die Zusammenarbeit zwischen ihm sowie Ihrer Heimtrainerin und Mutter Isabelle Baumann vorstellen?

Jackie Baumann:

Generell muss man sagen, dass die Zusammenarbeit Früchte getragen hat. Allerdings trainiere ich nur in Trainingslagern direkt in der Gruppe von Laurent Meuwly. Trotzdem profitiere ich ungemein vom hohen Niveau dort. Im Trainingsalltag adaptieren meine Mutter und ich die Pläne von Laurent Meuwly auf unsere aktuellen Bedingungen. Es ist eine gute Kombination.

Nach Ihrem starken Auftritt können Sie selbstbewusst auf die Hallensaison blicken. Welche Rennen stehen in den kommenden Wochen für Sie an?

Jackie Baumann:

Kommenden Freitag starte in beim Hallenmeeting in Karlsruhe. Darauf freue ich mich schon sehr. Denn die Rennen in Mannheim haben mir gezeigt, was möglich ist. Danach kommt ein Meeting in Metz oder die Süddeutschen Meisterschaften und anschließend schon die Hallen-DM in Leipzig. Ich bin gespannt auf die nächsten Rennen.

Die Hallensaison ist im Jahr 2020 nur eine Durchgangsstation, denn im Sommer stehen Olympische Spiele und Europameisterschaften an. Wie sehen Ihre Zielsetzungen für die Freiluftsaison aus?

Jackie Baumann:

Das große Ziel ist natürlich Olympia, da muss man nicht drum herumreden. Mein Ziel ist es, das Selbstvertrauen aus der Halle in den Sommer mitzunehmen. Denn speziell in diesem Jahr hat man nicht viel Zeit, um in Top-Form zu kommen. Auch die EM in Paris ist ein klares Ziel für mich. Es ist viel möglich, vielleicht ja sogar ein internationales Finale. Zuvor möchte ich bei den Deutschen Meisterschaften ganz oben stehen. Mit Carolina Krafzik habe ich eine starke nationale Konkurrentin. Ich denke, dass wir uns im Sommer auf einem neuen Niveau gegenüberstehen und beide von dieser Situation profitieren werden.

Um bei den Olympischen Spielen in Tokio dabei zu sein, müssen Sie sich über Ihre Spezialdisziplin 400 Meter Hürden auf 55,40 Sekunden steigern. Ihre Bestzeit steht momentan bei 55,72 Sekunden. Trauen Sie sich diese Steigerung zu?

Jackie Baumann:

Ja, definitiv. Ich bin mir sicher, dass ich eine solche Zeit laufen kann. Wichtig wird es sein, die gute Form aus dem Winter mit in den Sommer zu nehmen und auf die Hürden zu übertragen. Ich bin zuversichtlich, dass das gelingt.

2016 haben Sie mit 20 Jahren Ihr Olympia-Debüt in Rio erlebt. Obwohl Sie dort im Vorlauf chancenlos waren: Hat Sie Olympia geprägt und wenn ja wie?

Jackie Baumann:

Ich habe zwei Geschichten zu Olympia. Erstens: Die Teilnahme bleibt für immer, egal wie es gelaufen ist. Die zweite Geschichte ist, dass ich damals sehr jung war. Dadurch habe ich meine Leistung, in Rio dabei zu sein, nicht so richtig gewürdigt. Darum möchte ich in diesem Jahr Olympia und alles was dazugehört unbedingt noch einmal erleben.

Mehr:

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