| Hallen-DM Leipzig

Mona Mayer glänzt mit schnellster deutscher U20-Zeit seit 30 Jahren

Mit der schnellsten Zeit einer deutschen Nachwuchs-Langsprinterin seit 30 Jahren hat Mona Mayer bei der Hallen-DM in Leipzig auf sich aufmerksam gemacht. Auch wenn es im 400 Meter-Finale trotz einer weiteren starken Leistung nicht ganz fürs Podest reichte, so war das Rennen der 18-Jährigen doch eines der Glanzlichter abseits der Top-Stars.
Pamela Lechner

Es war ein außergewöhnlich schnelles Rennen, das Mona Mayer (LG Telis Finanz Regensburg) am vergangenen Samstag im Halbfinale der Hallen-DM auf die Bahn wirbelte. Die Deutsche Jugend-Hallenmeisterin legte die zwei Runden in 53,35 Sekunden zurück – und das als U20-Athletin. Seit der Wende ist keine deutsche Nachwuchs-Langsprinterin so flink gewesen, das heißt seit drei Jahrzehnten.

Mehr noch: Ihre Vorgängerinnen sind auch so gut wie nie unter der 54-Sekunden-Marke geblieben, zuletzt war das Doreen Harstick (Erfurter LAC; 53,70 sec) im Jahr 1997 gelungen, im folgenden Sommer war sie damals Teil der deutschen U20-EM-Bronze-Staffel gewesen. „Da freue ich mich schon sehr darüber“, kommentiert Mona Mayer die historische Statistik. „Dass es so weit unter 54 Sekunden ging, ist schon cool.“

Mit dieser Halbfinal-Leistung war die Nachwuchsathletin im Finale auf einmal Medaillenkandidatin. Erst auf den letzten Metern verlor die 18-Jährige den Bronzerang an Hannah Mergenthaler (MTG Mannheim; 53,39 sec), die den Überraschungsmoment nutzte und noch vorbeizog. Die Enttäuschung von Mona Mayer wich der Zufriedenheit darüber, die starke Zeit mit 53,50 Sekunden nochmal wiederholt zu haben.

Zwischen 200 und 300 Metern Druck machen

Den Leistungssprung kann sich Mona Mayer, die mit einer Hallen-Bestzeit von 54,36 Sekunden nach Leipzig gereist war, selbst kaum erklären. „Ich wusste, dass ich im Halbfinale alles riskieren muss, um ins Finale zu kommen.“ Normalerweise verliert die U18-EM-Siebte von 2018 im dritten Viertel des Rennens und ist hintenraus wieder stark, diesmal war der Plan anders: „Ich wollte zwischen 200 und 300 Metern auch alles reinlegen und richtig Gas geben. Das hat geklappt“, berichtet die Schülerin.

„Wir hatten schon mit einer 53er-Zeit gerechnet, aber dass Mona diese Hallenzeit vorlegt, war schon phänomenal“, sagt ihr Trainer Reinhard Köchl. „Wir haben ein paar Sachen im Training umgestellt, ich war mir erst unsicher, wie es anschlägt, aber es hat funktioniert. Wir sind auf dem richtigen Weg.“ Nicht alle Athleten seien bereit, das harte 400-Meter-Training so durchzuziehen, Mona Mayer hat den Ehrgeiz.

Den Kampfgeist hat sie von ihrer Mutter geerbt. Ruth Mayer war unter ihrem Mädchennamen Scheppan 1987 U20-Vize-Europameisterin mit der 4x400 Meter-Staffel geworden. Ihre Bestzeit steht bei 53,03 Sekunden, aufgestellt in der Hallensaison 1992. Eigentlich sollte sich im Freien dann der Traum von der Olympia-Teilnahme in Barcelona (Spanien) erfüllen, doch aufgrund von Übertraining und Verletzungen kam stattdessen das frühe Karriereende.

Die Bestzeit der Mutter im Visier

Heute ist Ruth Mayer im Gespann mit Reinhard Köchl Trainerin ihrer Tochter Mona und kann ihre Erfahrung weitergeben. Beide eint neben dem Ehrgeiz der gleiche Laufstil. Einen Unterschied sieht die Tochter darin, dass ihre Mutter für die großen Leichtathletik-Vereine Wattenscheid, Leverkusen und Dortmund aktiv war, während ihr Weg über kleinere Vereine führte. Vom TSV Erding über die LG Sempt (2016) ging es zum MTV Ingolstadt (2017-2019), wo sie unter anderem mit Alica Schmidt (SCC Berlin) trainierte. Seit 2020 läuft sie für Regensburg.

Das heimatliche und familiäre Umfeld empfindet das Langsprint-Talent als Vorteil: „Wenn ich etwas habe, kann ich das meiner Mutter direkt sagen, das ist schön“, erzählt die angehende Abiturientin. Eines Tages will sie die Bestzeit ihrer Trainerin toppen. Schafft sie das, wartet als Belohnung ein Blumenstrauß. „Es ist ein Spaß-Battle zwischen uns. Meine Mutter war ja etwas älter, als sie ihre Zeiten aufgestellt hat.“

Mit dem Vereinswechsel zu Regensburg hat sich ihre Trainingssituation verbessert. Die Hörlkofenerin fährt im Winter jetzt ins näher gelegene München und kann in der Werner-von-Linde-Halle trainieren. Krafttraining macht sie am Bundeswehrgelände in Erding, nur wenige Kilometer von ihrem Wohnort entfernt. Und einmal die Woche steht Stützpunkttraining in Regensburg auf dem Plan. Dort soll spätestens 2021 der Bau einer neuen Leichtathletik-Halle beginnen.

Bayerische Rekorde im Doppelpack

Während Mona Mayer im Einzel-Finale von Leipzig eine Medaille knapp verpasste, holte sie gemeinsam mit der Deutschen Hallenmeisterin über 400 Meter Corinna Schwab und ihren Trainingskolleginnen Katrin Fehm und Maike Schachtschneider in der 4x200 Meter-Staffel Silber. Dass das Quartett stark aufgestellt war, zeigten die Landesrekorde im Einzel-Wettbewerb. Mona Mayer brach den 39 Jahre alten bayerischen U20-Rekord von Rita Daimer (heute Gabler; 53,76 sec) – 1983 WM-Sechste mit der Langsprint-Staffel. Corinna Schwab löschte bei ihrem Finalsieg (52,65 sec) den bayerischen Frauen-Rekord aus. Diesen hielt bislang Marianne Wagner (52,89 sec) – 1983 WM-Teilnehmerin über 400 Meter Hürden und seit 1987 mit NBA-Basketballer Detlef Schrempf verheiratet.

Auch international hat sich Mona Mayer in Position gebracht: Rang fünf der U20-Hallen-Weltbestenliste 2020 und sogar Platz eins unter den europäischen Nachwuchs-Langsprinterinnen. „Mein Vorteil ist, dass ich für mein Alter eine gute Grundschnelligkeit habe“, meint die frühere Deutsche U16-Meisterin (300 m), die ihre Bestmarken über 60 (7,78 sec) und 200 Meter (24,49 sec) diesen Winter steigerte. Im Sommer soll mit der U20-WM in Nairobi (Kenia) die dritte internationale Nachwuchsmeisterschaft in Reihe folgen. An einen Staffel-Einsatz bei den Aktiven, wie bei der EM in Paris (Frankreich), denkt sie weniger. „Nairobi ist greifbarer und ein realistisches Ziel, das ich zuerst erreichen möchte.“

Leistung im Sommer bestätigen

In der Freiluft-Saison will die DM-Vierte in erster Linie ihre Zeit aus der Halle bestätigen. Denn in Leipzig war sie schon deutlich schneller unterwegs als unter freiem Himmel, wo es zuletzt eine kleine Stagnation gab: Ihre Freiluft-Bestzeit aus 2018 (53,99 sec) konnte sie 2019 "nur" um eine Hundertstel auf 53,98 Sekunen drücken. Das lag auch daran, dass sie sich in Mannheim beim Staffel-Test einen Muskelfaserriss zugezogen hatte und im U20-EM-Halbfinale in Boras (Schweden) das Rennen nach 200 Metern abbrechen musste. Das soll dieses Jahr nicht passieren.

In den trainingsfreien Tagen nach den Hallen-Meisterschaften ging Mona Mayer zur Erholung in München Bouldern. „Klettern ist neben der Leichtathletik mein Haupt-Hobby“, erzählt die Sprinterin, die in den Bergen auch steile Wände mit Seil besteigt, zum Beispiel in Arco am Gardasee. Das hat sie von ihrem Vater gelernt, damit ist sie groß geworden. Sportlich gesehen folgt sie also bisher ganz den Spuren ihrer Eltern. Womöglich kann sie in Zukunft sogar aus diesen Fußstapfen heraustreten und sich selbst den Olympia-Traum erfüllen.

Im Video:

Das 400-Meter-Finale von Leipzig

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