| DM 2020

Maria Purtsa: Springen als pure Lebensfreude

Hop, Step, Jump, und der Rest nur grenzenloser Jubel: Dreispringerin Maria Purtsa (LAC Erdgas Chemnitz) sorgte bei ihrer Titelpremiere am Samstag in Braunschweig für einen denkwürdigen DM-Auftritt und bewies, dass Titelkämpfe ohne Zuschauer noch lange nicht ohne Emotionen auskommen müssen.
Philip Häfner

Die Gäste des griechischen Restaurants „Sweet Greece“ in Dresden erlebten am Samstagabend einen besonders gut gelaunten Gastgeber. Immerhin war dort kurz zuvor die frohe Kunde aus Braunschweig eingetroffen, dass seine Tochter – Dreispringerin Maria Purtsa – soeben Deutsche Meisterin geworden war. Normalerweise wären ihre Eltern auch selbst vor Ort gewesen, doch das war in diesem Jahr aufgrund der Corona-Hygienebestimmungen nicht möglich. Deshalb hatten sie kurzerhand den Laptop aufgestellt, um den Auftritt ihrer Tochter im Eintracht-Stadion zu verfolgen.

Die Eltern mussten allerdings bis zuletzt zittern. Zwar hatte sich Maria Purtsa gleich mit ihrem ersten Anlauf auf 13,42 Meter in Führung gesetzt. Dann aber schob sich Jessie Maduka (ART Düsseldorf) im vierten Durchgang mit 13,52 Metern an ihr vorbei und baute ihren Vorsprung eine Runde später mit einem weiteren Satz auf 13,57 Meter sogar noch aus.

Konter im letzten Versuch

Doch Purtsa schlug im letzten Versuch mit 13,65 Metern zurück. „Der Sprung hat sich gut angefühlt. Ich habe direkt gemerkt, dass der weit war“, so die Chemnitzerin. Kurzzeitig musste sie noch bangen, weil die Konkurrentin in ihrem letzten Versuch ebenfalls noch einmal weit hinausflog. Danach gab es kein Halten mehr. Mehrfachsprünge ist man von den Dreispringerinnen ja gewöhnt, doch wie Purtsa wie ein Flummi über die blaue Braunschweiger Bahn hüpfte, war definitiv denkwürdig. Und obwohl die Tribüne nur spärlich besetzt war, sprangen die Emotionen in diesem Moment auch auf das ausgewählte Publikum über.

In diesem Augenblick gingen ihre südländischen Wurzeln mit der 24-Jährigen durch. Ihre Mutter ist Bulgarin, der Vater Grieche – „vielleicht habe ich daher dieses Temperament“, meinte die strahlende Siegerin. „Ich trage mein Herz auf der Zunge und lebe einfach gern meine Emotionen aus. Springen ist für mich ein Ausdruck von Lebensfreude. Es macht mir einfach einen Riesenspaß.“

Wenn zwei nicht springen, freut sich die dritte

Es war der erste deutsche Meistertitel für die Athletin vom LAC Erdgas Chemnitz, die im vergangenen Jahr sowohl in der Halle als auch draußen jeweils DM-Bronze geholt hatte. „Ich wusste, dass heute was geht und habe mir gesagt: ,Vertraue einfach auf dich. Glaube an dich und lasse dich vom Erfolg einholen.‘ Und das ist passiert“, sagte Purtsa. Auch ihr Trainer Harry Marusch meinte: „Sie hat ihre Chance genutzt.“

Sicherlich profitierte sie davon, dass Titelverteidigerin Kristin Gierisch fehlte und sich später auch noch die Jahresbeste Neele Eckhardt (LG Göttingen) kurzfristig abmeldete – sie zog sich beim Einspringen eine Oberschenkelverletzung zu. Purtsa selbst bedauerte den Wegfall ihrer sonst wohl härtesten Kontrahentin: „Ich hätte es schön gefunden, wenn Neele mitgesprungen wäre. Ich freue mich auf weitere spannende Duelle in der Zukunft mit ihr und mit Kiri.“

„Coole Truppe“ in Chemnitz

Mit Kristin Gierisch und Max Heß (beide LAC Erdgas Chemnitz) bildet Maria Purtsa in Chemnitz eine starke Trainingsgruppe. Dort schlägt seit einigen Jahren das Herz des deutschen Dreisprungs. Die Ergebnisse in Braunschweig verdeutlichten das wieder einmal – neben Purtsa gewann bei den Männern auch Max Heß den Titel, Vincent Vogel holte im selben Wettbewerb Bronze.

„Wir sind einfach eine coole Truppe“, sagte Purtsa, die dabei explizit auch ihren Coach mit einschloss. „Die Ergebnisse zeigen doch, dass mein Trainer es einfach drauf hat. Herr Marusch ist der beste Dreisprungtrainer, den ich mir vorstellen kann.“

Maria allein zu Haus

Von Heß und Gierisch hat sie sich ebenfalls viel abgeschaut. „Die beiden sind schon viel länger als ich in der nationalen Spitze und haben sich auch international schon bewiesen. Ich profitiere sehr von ihrer Erfahrung“, sagte sie. Zur Hochzeit von Corona im Frühjahr musste sie allerdings zeitweise auf die Unterstützung der Teamkollegen verzichten. Während Heß und Gierisch als Olympiakader-Athleten relativ schnell wieder in die Halle durften, blieb Purtsa außen vor und trainierte stattdessen sieben Wochen lang allein auf einem Feldweg unweit ihres Elternhauses. Die Trainingspläne bekam sie in dieser Zeit per E-Mail; sie selbst schickte Videos an Marusch, damit dieser seine Sportlerin aus der Ferne korrigieren konnte.

„Das war für alle keine einfache Zeit. Umso mehr freue ich mich, dass ich meine Leistung in Braunschweig trotzdem abrufen konnte“, sagte sie. Nur zwei Zentimeter fehlten zu ihrer erst vier Wochen alten persönlichen Bestleistung. Zudem waren zwei weite Sätze im Bereich 13,80 Meter bis 13,90 Meter jeweils nur knapp übergetreten. „Ich hoffe, dass das letzte Wort noch nicht gesprochen ist und ich in Zukunft noch weiter springen kann“, sagte Maria Purtsa. Wahrscheinlich wird sie dann wieder wie ein Gummiball durchs Stadion hüpfen. Und die Stimmung im „Sweet Greece“ noch ein bisschen besser werden.

DM 2020 Braunschweig

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