| Korruptionsprozess

Urteil mit Signalwirkung: Haftstrafe für Ex-Leichtathletik-Chef Lamine Diack

Der frühere Leichtathletik-Weltpräsident Lamine Diack ist von einem Gericht in Paris zu vier Jahren Haft verurteilt worden, zwei Jahre sind auf Bewährung ausgesetzt. Der Richterspruch soll Signalwirkung haben.
dpa/sb

Das harte Urteil im Korruptionsprozess gegen den früheren Leichtathletik-Weltchef Lamine Diack ist auch eine Warnung an die Sportfunktionäre. Ein Pariser Gericht verhängte am Mittwoch gegen den 87-jährigen Senegalesen vier Jahre Haft, von denen zwei auf Bewährung ausgesetzt wurden, wie die Finanzstaatsanwaltschaft bestätigte. Außerdem muss er eine Geldstrafe von 500.000 Euro zahlen.

„Nach Jahren, die seit den ersten Korruptionsvorwürfen 2014 gegen Lamine Diack vergangen sind, war die Zeit reif für ein klares Urteil", sagte Jürgen Kessing, Präsident des Deutschen Leichtathletik-Verbandes (DLV). "Angesichts des Schadens, der der Sport-Welt durch den unglaublichen Skandal widerfahren ist, halte ich allerdings die Strafe von vier Jahren Haft, davon zwei auf Bewährung, für zu mild. Immerhin hat der Prozess gezeigt, dass auch Spitzenfunktionäre in der Leichtathletik nicht so einfach davon kommen, wenn sie nachweislich betrogen haben und sich nicht an Recht und Gesetz halten.“

"Da wurde klare Kante gezeigt, das Selbstbedienungsmentalität und Willkürherrschaft im internationalen Sport nicht akzeptiert wird", sagte Clemens Prokop, der zeitgleich mit Diack DLV-Präsident gewesen war.

Lamine Diack legt Berufung ein

Lamine Diack legte über seinen Anwalt nach Angaben der französischen Nachrichtenagentur AFP Berufung gegen die Entscheidung ein. Demnach kam er nach der Urteilsverkündung auf freien Fuß. Das frühere Mitglied des Internationalen Olympischen Komitees (IOC) war 2015 in Paris (Frankreich) verhaftet worden und stand seitdem unter Hausarrest.

Die Staatsanwaltschaft hatte für Lamine Diack im Juni eine Gefängnisstrafe von vier Jahren und eine maximale Geldstrafe von 500.000 Euro gefordert. Er war wegen Betrugs, Korruption, Veruntreuung und Geldwäsche angeklagt worden.

In seiner Amtszeit von 1999 bis 2015 als IAAF-Präsident soll Lamine Diack laut Staatsanwaltschaft direkt oder indirekt mehrere Millionen Euro vorwiegend von russischen Athleten für die Vertuschung von positiven Doping-Tests erpresst haben. Mehrere Athleten konnten dadurch bei den Olympischen Spielen 2012 in London starten und Gold gewinnen.

"Guter Tag für den Weltsport"

DOSB-Präsident Alfons Hörmann erscheint das Urteil in diesem "so verabscheuungswürdigen Fall" eher "zu mild als zu hart" zu sein. Nach der jahrelangen Hängepartie rund um den "Diack-Clan" und die gravierenden Verstöße gegen Gesetze und die Werte des Sports sei es dennoch ein "guter Tag für den Weltsport", sagte der Chef des Deutschen Olympischen Sportbundes. "Wer mit höchster krimineller Energie Athleten erpresst, den Anti-Doping-Kampf unterläuft und das Fair-Play mit Füßen tritt, kann nicht damit rechnen, ungeschoren davonzukommen", betonte Hörmann.

"Viele werden mit mir gemeinsam Erleichterung und Genugtuung zugleich verspüren: endlich geht es den Kriminellen im internationalen Sport für alle sichtbar an den Kragen", lautete der Kommentar von Dagmar Freitag (SPD), der Sportausschussvorsitzenden des Bundestages. "Dieses Urteil wird hoffentlich Signalwirkung bis auf die nationale Ebene haben: nur staatliche Ermittlungsbehörden haben die Möglichkeiten und auch die Kraft, den Sumpf aufzudecken", erklärte sie. Das passe zum ebenfalls begonnenen Prozess in München gegen den Erfurter Arzt Mark S., der über Jahre Blutdoping praktiziert hat.

Fünf Jahre Haftstrafe für Papa Massata Diack

Härter als sein Vater ist Sohn Papa Massata Diack bestraft worden. Er wurde AFP zufolge in Abwesenheit zu fünf Jahren Gefängnis und einer Geldstrafe von einer Million Euro verurteilt. Papa Massata hatte sich in den Senegal zurückgezogen, das ihn trotz eines Haftbefehls von Interpol nicht ausliefern will. Kurz vor dem Urteilsspruch hatte er die Beschuldigungen als "größte Lüge des Weltsports" bezeichnet.

Zu Freiheitsstrafen mit Bewährung wurden weitere Hintermänner der Machenschaften verurteilt: Unter anderen der Anwalt Habib Cisse (3 Jahre Haft, davon 2 Jahre auf Bewährung) und der Ex-Leiter der Anti-Doping-Abteilung des Weltverbandes IAAF (heute World Athletics), Gabriel Dollé (2 Jahre auf Bewährung).

Lamine Diack galt als einer der einflussreichsten Spitzenfunktionäre, In seiner Ära profitierte er vor allem von Supersprinter Usain Bolt, der der Leichtathletik großen Glanz verliehen hatte. Die Affäre um den früheren Bürgermeister von Dakar sowie der Skandal um systematisches Doping in Russland haben den Ruf der olympischen Königssportart immens geschädigt. Sein britischer Nachfolger Sebastian Coe, langjähriger Vizepräsident unter Diack, reformierte den Weltverband – und hat ihm auch als Signal eines Neuanfangs den neuen Namen World Athletics gegeben.

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