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Hauch von Olympia: „Hochsicherheitstrakt“ Kienbaum zu Corona-Zeiten

„Kienbaum zu schließen, wäre auch für den deutschen Sport insgesamt eine Katastrophe gewesen“, sagt Geschäftsführer Klaus-Peter Nowack. Seit Wiedereröffnung im Mai 2020 gab es keinen einzigen Corona-Fall in der Medaillenschmiede auch für Olympia. Das hat Gründe.
dpa/nw

Auf den letzten Metern wummert die Musik, auf dem Zielbogen steht in großen Buchstaben „Road to Tokio“. Ein Hauch Olympia weht über das Trainingsgelände in Kienbaum. Etwa eine Autostunde von Berlin entfernt liegt die „Oase der Ruhe mit qualitativ hochwertiger Ausstattung, wo sich die Spitzenathleten in waldreicher Luft und fernab von jeglichem Trubel auf die Höhepunkte der Saison vorbereiten können“. So wirbt das Olympische und Paralympische Trainingszentrum auf seiner Homepage.

Fern der Großstadt ist Distanz in Kienbaum seit über einem Jahr nun auch eines der obersten Gebote. Seitdem das Trainingszentrum im Mai vergangenen Jahres wieder öffnen durfte, gab es nach eigenen Angaben nicht einen Corona-Fall. Und in den Wochen und Monaten vor den Olympischen Spielen ist Kienbaum wieder Anlaufpunkt für die Athletinnen und Athleten, die in Tokio topfit sein und um Medaillen kämpfen wollen. Eine Blase mit Fluktuation.

Leichtathletik, Judo, Kanu-Rennsport, Bogenschießen, Boxen, Turnen, Rhythmische Sportgymnastik, Synchronschwimmen – rund 120 Kadersportlerinnen und -sportler waren da. Einige kommen noch mal, bevor es nach Japan geht. Und auch die Paraathletinnen und -athleten nutzen die Anlagen, etwa 80 werden erwartet. Hinzu kommen schon die Winterdisziplinen, Peking im Februar 2022 ist auch nicht mehr fern.

Siegfried Schonert kennt Kienbaum in- und auswendig

„Kienbaum zu schließen, wäre auch für den deutschen Sport insgesamt eine Katastrophe gewesen“, sagt Geschäftsführer Klaus-Peter Nowack in einem Gespräch mit der Deutschen Presse-Agentur. 14 Seiten umfasst das Hygienekonzept. Mittlerweile ist es die 13. Fassung. „Es wird immer den unterschiedlichen Auflagen durch den Bund, durch das Land, durch das Gesundheitsamt, durch den DOSB, durch den Arbeitsschutz und so weiter angepasst“, erklärt Nowack.

Die wichtigsten Punkte wie Testung, Maskenpflicht, Trainingsstätten, Regeneration, Versorgung und Unterkunft würden jeder einzelnen Athletin und jedem einzeln Athleten bei der Anreise noch einmal nahe gebracht. „Wir sagen auch ganz klar: Wir geben die Regeln vor, wer die Regeln nicht annehmen möchte, der muss auch nicht zu uns kommen.“

Einer derjenigen, der Kienbaum in- und auswendig kennt, ist Siegfried Schonert. Der Teammanager der Leichtathletik-Nationalmannschaft war 1969 erstmals dort und besucht das Trainingszentrum mit den DLV-Athleten seitdem regelmäßig. „Zusammengerechnet habe ich dort Monate, wenn nicht sogar Jahre verbracht“, erzählt er.

Desinfektion steht ganz oben auf der To-do-Liste

Schonert bestätigt das Anwenden des strengen Hygienekonzepts. „Es wurde in Kienbaum von Beginn der Pandemie an ein strenger Maßstab angelegt, der darauf bedacht war, das Trainingszentrum umfassend zu schützen und gleichzeitig so gut wie möglich nutzen zu können. Das ist uns bis heute gelungen – auch durch die Mitarbeit aller Beteiligten vor Ort“, erzählt er. Die Maßnahmen seien dabei in den vergangenen Monaten immer wieder angepasst und präzisiert worden.

Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Trainingszentrums sind angehalten, auf die Einhaltung der Maßnahmen zu achten, auch mit Fingerspitzengefühl. Geräte zum Fiebermessen sind auf der Anlage aufgestellt, Doppelzimmer werden nur mit einem Gast belegt. Ob im Essensraum oder im Kraftraum: Desinfektion steht ganz oben auf der To-do-Liste. Das ist ein Mehraufwand für das Trainingszentrum, der wiederum dadurch ausgeglichen wird, das in anderen Bereichen nur ein vermindertes oder gar kein Angebot besteht.

Einschränkungen in der Regeneration

„Einschränkungen bestehen in der Regeneration, das muss man eindeutig sagen“, betont Nowack: „Das fehlt den Sportlerinnen und Sportlern am meisten.“ Zudem müssen sie sich auch an zeitliche Vorgaben halten, wenn sie beispielsweise in den Kraftraum wollen, weil auch dort nur eine bestimmte Nutzerzahl zugelassen ist.

„Es hat schon etwas von einem Hochsicherheitstrakt“, sagt Deutschlands Turn-Ass Marcel Nguyen der dpa. „Man schläft in Einzelzimmern, isst an einzelnen Tischen in genau vorgegebenen Zeitfenstern und muss außer an den Geräten eigentlich überall Maske tragen. Aber so ist es eben in Zeiten der Pandemie.“ Der 33-Jährige war in den vergangenen Monaten mehrfach in Kienbaum und weiß die hervorragenden Möglichkeiten trotz der Einschränkungen auch sehr zu schätzen: „Man muss dankbar sein für solche Konzepte, die es einem ermöglichen, überhaupt zu trainieren."

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