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Berglauf-Pionier Georg "Bibi" Anfang verstorben

Er rief mit dem Hochfellnberglauf einen der bekanntesten Bergläufe Deutschlands ins Leben. Nun ist Georg Anfang, der vor allem unter dem Namen „Bibi“ bekannt war, im Alter von 85 Jahren verstorben.
Winfried Stinn

Am vergangenen Sonntag ist Georg Anfang, der sich seit 1956 beim SC Bergen für den Skisport und Berglauf engagierte, im Alter von 85 Jahren verstorben. Vor allem mit dem Hochfellnberglauf – einer Erfolgsgeschichte, die in der Berglaufszene seines Gleichen sucht – ist „Bibi“, den unter seinem bürgerlichen Namen Georg kaum einer kennt, eng verbunden.   

1974 rief Anfang den Hochfellnberglauf ins Leben, seitdem hat sich die Veranstaltung in den nun 45 Jahren zu einem der bestbesetzten Bergläufe der Welt etabliert. Aber schon viele Jahre vorher war er als Funktionär, zunächst vor allem im Skisport, tätig. Zwei Skiunfälle in den Jahren 1956 und 1960 mit mehreren Brüchen bedeuteten das Ende als aktiver Skirennläufer und der Beginn seiner Funktionärs-Karriere.

Von 1956 bis 1965 war er Leiter der Skiabteilung im TSV Bergen. 1965 gründete er den SC Bergen und war bis zu seinem gesundheitsbedingten Rücktritt im Jahr 2012 ununterbrochen 1. Vorsitzender.

Zahlreiche Auszeichnungen

Für seine Tätigkeit als Sportfunktionär und für die Gemeinde Bergen erhielt er zahlreiche Ehrungen, wie beispielsweise die Bürgermedaille der Gemeinde Bergen und die Verdienstnadel in Gold mit Brillanten und Großem Kreuz des Bayerischen Landessportverbandes. 2005 wurde er mit dem Bundesverdienstkreuz ausgezeichnet. Neben seinem sportlichen Engagement war er auch politisch aktiv. Er war 24 Jahre für die SPD Mitglied im Gemeinderat. Das alles war möglich, weil ihn seine Frau Rosi und die beiden Kinder Barbara und Hans Georg tatkräftig unterstützten.

Im Rahmen des Hochfellnberglaufes fanden unter seiner Regie mehrere Deutsche Berglaufmeisterschaften und 2000 die Berglauf-Weltmeisterschaften als Höhepunkt seiner Funktionärskarriere statt.

Anfang war Mitbegründer des damals aus vier Klassikern bestehenden attraktiven und beliebten Grand Prix. „Bibi“ Anfang gelang es durch sein Engagement und durch die vielen persönlichen Kontakte immer wieder die gesamte internationale Berglauf-Elite an den Start zu bringen. So zieren Bergläufer und Bergläuferinnen mit Rang und Namen die Ergebnislisten des Hochfellnberglaufes. Allen voran der siebenfache Weltmeister Jonathan Wyatt (Neuseeland) und die fünffache Weltmeisterin Andrea Mayr (Österreich).

„Wir werden Bibi und seine Begeisterung für unseren Sport sehr vermissen“

Aber auch weitere Weltmeister und Weltmeisterinnen wie Helmut Schmuck (Österreich), Antonio Molinari, Marco de Casperi (beide Italien), Petro Mamu (Kenia), Angela Mudge (Großbritannien), Svetlana Demidenko (Russland), Lucy Wambui Murigi (Kenia) und Anna Pichrtová (Tschechische Republik). Ein Anliegen Anfangs war es zudem, den Hochfellnberglauf für Breitensportler attraktiv zu machen.

Betroffen vom Tod Georg Anfangs zeigte sich Jonathan Wyatt, Präsident des Berglauf-Weltverbandes WMRA. „Wir alle werden Bibi und seine Begeisterung für unseren Sport sehr vermissen und im Namen aller Läuferinnen und Läufer, die beim Hochfellnberglauf an den Start gegangen sind, und im Namen aller im Weltberglaufverband möchte ich seiner Familie unser Beileid aussprechen. Heute erinnert man sich an Bibi Anfang und alles, was er für den Berglauf und seine Leidenschaft für den Sport getan hat“, sagte er.  

Wyatt hat eine besondere Beziehung zum Hochfellnberglauf. Achtmal gewann er ihn, im Jahr 2000 holte er sich hier einen seiner sieben Weltmeistertitel und auf der 8,9 Kilometer langen Strecke (Höhenunterschied 1.074 m) hält er seit 2002 mit 40:34,9 Minuten auch immer noch den Streckenrekord.

Dr. Matthias Reick: „Wir haben ein Urgestein der Berglaufszene verloren“

„Als Präsident des Skiclubs in Bergen hatte Bibi die Vision, ein Berglaufrennen auf einer Skipiste auszurichten. Der Hochfellnberglauf ist heute eines der historischsten und noch immer prestigeträchtigsten Bergrennen. Er war immer der leidenschaftlichste Organisator und glaubte fest an die traditionellen Werte des harten Rennsports auf einer Strecke, die bei jeder Ausgabe des Rennens gleichblieb und seine Geschichte bewahrte. Wir hatten ein herzliches Verhältnis. Er machte oft Witze und wir lachten beide, während wir unser Bestes taten, um uns zu verstehen. Ich mit meinen wenigen Worten Deutsch und Bibi in seinem dicken bayerischen Dialekt. Wir haben immer verstanden, was wir uns am Ende sagen wollten,“ sagte Jonathan Wyatt weiter.

Auch Jonathan Wyatts Amtsvorgänger und WMRA-Ehrenpräsident Bruno Gozzelino zeigte sich betroffen. „Es ist für mich eine sehr traurige Nachricht, dass Bibi Anfang verstorben ist. Nie werde ich ihn vergessen, insbesondere seine Begeisterung und seine Leidenschaft für den Sport und insbesondere für den Berglaufsport. Der Hochfellnberglauf ist ein Rennen in der Geschichte der Leichtathletik, in der Geschichte des Berglaufs. Ich möchte seiner Familie mein Beileid aussprechen.“

Auch Vertreter des Deutschen Leichtathletik-Verbandes würdigten die Verdienste von Anfang: „Mit Bibi Anfang haben wir ein Urgestein der Berglaufszene verloren. Die Berglauf-WM am Hochfelln im Jahr 2000 setzte Maßstäbe, aber Bibi hat über all die Jahre insbesondere für seine Athleten und Athletinnen gekämpft und die Kontakte national wie international gepflegt. Diese haben es ihm gedankt und seiner Veranstaltung regelmäßig die Ehre erwiesen. Kaum jemand hat in Deutschland den Berglauf so geprägt wie er. Der DLV und die Berglaufgemeinschaft trauert um Bibi Anfang", sagte Dr. Matthias Reick, der bis April dieses Jahres Vizepräsident des DLV war.

Kurt König: „Er hat neue Maßstäbe gesetzt“

DLV-Berglaufberater Kurt König, der 1983 als letzter Deutscher den Hochfellnberglauf gewann, sagte: „Wenn man Hochfellnberglauf sagt, dann nennt man im selben Atemzug Bibi Anfang. Bibi war einer der wenigen, die den Berglauf in Deutschland in seiner ganz eigenen Weise gelebt, weiterentwickelt und gefördert haben. Er hat den Grundstock für die Etablierung des Berglaufs in Deutschland gelegt, seine Visionen verwirklicht und neue Maßstäbe gesetzt.“

Wolfgang Münzel, ehemaliger Berater Berglauf im DLV und Council-Mitglied der WMRA sagte: „Bibi war eine Seele von Mensch. Humorvoll und besessen von dem Gedanken zu seinem Berglauf immer die weltbesten Bergläufer und Bergläuferinnen einzuladen. Er hat wirklich alles für die Athleten und Athletinnen getan. Für den DLV war Bibi ein Glücksfall, denn er war immer bereit Deutsche Berglaufmeisterschaften auszurichten, ja sogar die Weltmeisterschaften 2000.“

„Große Wertschätzung gegenüber Läufern"

„Für Trainingsmaßnahmen unserer Nationalmannschaft stellte er großzügig Unterkünfte zur Verfügung. Er machte den deutschen Berglauf international bekannt und war geschätzt bei den Athleten und Athletinnen von allen Kontinenten. Sein Berglauf war über viele Jahre im Berglauf Grand Prix (heute World Cup) des WMRA. Die Gründung des Grand Prix war seine Idee, die er hartnäckig verfolgte und letztlich zum Erfolg führte. Bibi erkannte schon in jungen Jahren die Faszination des Berglaufs und setzte Maßstäbe was die Durchführung und Attraktivität eines internationalen Berglaufes anbelangt“, so Wolfgang Münzel weiter.

Geschockt von der Nachricht über seinen Tod war auch Andrea Mayr. Die mehrfache Berglauf-Weltmeisterin war in den letzten 15 Jahren Stammgast in Bergen. Sie trug sich gleich zehn Mal als Siegerin in die Ergebnisliste ein und hält seit 2008 mit 47:28,2 Minuten den Streckenrekord. „Mit Bibi verbinde ich natürlich unweigerlich seinen Hochfellnberglauf und die stets große Wertschätzung, die er uns Läufern gegenüber zeigte. Man spürte immer, wie wichtig wir ihm waren. Und die Tatsache, wie er sich in den letzten Jahren trotz großer Schmerzen in den Beinen immer wieder zum Gipfel des Hochfellnberglaufs raufquälte, um uns einen toll organisierten Lauf zu gewähren und unseren Zieleinlauf zu würdigen, sucht seinesgleichen. Ich werde ihm zu Ehren weiter an seinem Lauf teilnehmen, wenn es mir irgendwie möglich ist. Ich bin mir sicher, dass auch er da sein wird", so Andrea Mayr.

„Ein Hochfellnberglauf ohne Bibi Anfang ist nicht vorstellbar.“

Als „Bibi“ Anfang 2012 als 1. Vorsitzender des SC Bergen zurücktrat und die Geschicke des SC Bergen und damit auch die des Hochfellnberglaufes in die Hände von Jürgen Schmid legte, war jedem Insider klar, dass er dennoch bei der Organisation, aus der zweiten Reihe heraus, weitermachen würde.

So war auch im Laufreport zu lesen: „Ein Hochfellnberglauf ohne Bibi Anfang ist nicht vorstellbar.“ Nun aber muss und wird der Hochfellnberglauf auch ohne „Bibi“ Anfang weiter bestehen bleiben und sollte es ein Leben nach dem Tod geben, wird „Bibi“ von oben kritisch auf das Weiterleben seines Werks schauen.

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