| Sexualisierte Gewalt

Missbrauch im Sport: NADA könnte Anlaufstelle für Opfer werden

Die Serie von Meldungen über Missbrauch im Sport reißt nicht ab, aber die Suche nach einer Lösung für eine unabhängige Opferhilfe ist bisher ergebnislos. Die Idee, die Nationale Anti-Doping-Agentur als Anlaufstelle zu nutzen, bringt nun Bewegung in die Debatte.
dpa/nw

Die Nationale Anti-Doping-Agentur (NADA) könnte im Kampf gegen physische, psychische oder sexualisierte Gewalt im deutschen Sport künftig eine zentrale Rolle spielen. Eine Erweiterung der Agentur durch eine unabhängige Anlaufstelle für Opfer mit der Kompetenz, in Fällen zu ermitteln und zu sanktionieren, ist für die NADA denkbar. „Wir sind gerne bereit als NADA, unseren Beitrag zu leisten“, sagte Vorstand Lars Mortsiefer am Dienstagabend bei einem Medienworkshop der Stiftung. Er würde sich wünschen, wenn dieser Vorschlag zum „letzten Impuls“ in Richtung Sportorganisationen und Politik werden würde, „den Ball zügig aufzunehmen“.

Unterstützt wird diese Idee von Sylvia Schenk von Transparency International Deutschland. „Ich kann es mir bei der NADA vorstellen“, sagte die ehemalige Präsidentin des Bundes Deutscher Radfahrer. „Wahrscheinlich wäre es am ehesten und schnellsten mit der NADA zu erreichen, als eine neue unabhängige GmbH oder eine neue Stiftung zu gründen, was viel aufwendiger wäre.“

Ein Vorbild für die Angliederung eines Zentrums für Safer Sport an die nationale Anti-Doping-Agentur ist die Schweiz. Dort soll am 1. Januar 2022 “Swiss Sport Integrity“ ihre Arbeit auch als Anlaufstelle für von Gewalt und Missbrauch betroffenen Sportlern aufnehmen. Sie wird die Befugnis haben, unabhängig bei Fällen zu ermitteln und Sanktionen zu verhängen.

Athleten Deutschland: „Die Grundidee finden wir richtig“

Auch die Vereinigung Athleten Deutschland könnte sich so einen Ausbau der NADA vorstellen. „Die Schweiz ist ein Vorbild, um das strukturelle Versagen, das durch die Autonomie des Sports geschaffen wurde, aufzubrechen und ein System mit Gewaltenteilung einzuführen“, sagte Maximilian Klein, der sich bei Athleten Deutschland aktuell um Fragen der internationalen Sportpolitik kümmert.

 „Die Grundidee finden wir richtig.“ Ob dies unter dem Dach der NADA sinnvoll sei, ein Zentrum für Safe Sport oder eine übergeordnete Integritätsagentur zu schaffen, müsse diskutiert werden. „Ohne die Akzeptanz des organisierten Sports wird es aber nicht laufen“, betonte Klein. Deshalb hofft er nach der Neuaufstellung des Deutschen Olympischen Sportbundes mit der Wahl einer neuen Führung im Dezember auf mehr Aufgeschlossenheit.

„Ein solch neues System kann erleichtern und helfen“, meinte Sylvia Schenk. Wenn bei Missbrauchsfällen im Sport vertuscht und zu langsam agiert werde, werde der Schaden eher größer. Hätten manche Verbände in den vergangenen Jahren vernünftiger reagiert, „hätte der ´Spiegel´ weniger zu schreiben gehabt: Das wäre nicht nur für die Situation des deutschen Sports besser gewesen, sondern auch für Betroffene.“

Überzeugungsarbeit leisten

Die NADA traut sich zu, sich auch des Integritätsproblems Missbrauch anzunehmen. „Das ist ein großes Thema, vor dem wir großen Respekt haben“, sagte Lars Mortsiefer. „Wir haben auch klein angefangen, nur mit den besten Wünschen, aber ohne Anti-Doping-Gesetz. Es war ein langsamer Weg.“ Deshalb sei es das Bestreben der NADA, dass es bei anderen Integritätsthemen schneller funktioniere. „Nutzt die Strukturen, die im Sport da sind und funktionieren“, appellierte er mit Bezug auf die der Bonner Agentur.

Man müsse Überzeugungsarbeit leisten, juristische Grundlagenarbeit betreiben und Konzepte entwickeln. „Grundsätzlich sind keine Barrieren da. Wichtiger ist es, eine Allianz in Deutschland zu finden, die gemeinsam in eine Richtung an dem Thema arbeitet“, erklärte der Jurist. „Wir brauchen aber schnelle Lösungen. An den Strukturen der NADA soll es nicht scheitern. Wir sind bereit, zügig an den Start gehen zu können.“

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