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Kassel 2023: Die große DM-Vorschau auf die Wettbewerbe der Männer

Pflichtlektüre für alle Leichtathletik-Fans: Wir blicken voraus auf die Entscheidungen der Männer bei den 123. Deutschen Leichtathletik-Meisterschaften am 8./9. Juli in Kassel mit dem vorgelagerten Stabhochsprung am 5./6. Juli in Düsseldorf. Wer um die Titel kämpft und wer um die Medaillen? Wer schon jetzt in Topform ist und für wen die WM-Tickets für Budapest in greifbarer Nähe sind? Das lesen Sie hier in unserem großen Ausblick auf die 18 Finals der Männer!
Jan-Henner Reitze / Martin Neumann / Silke Bernhart

DM 2023 Kassel


100 METER


Enge Entscheidung erwartet

Einen klaren Favoriten gibt es nicht. Fünf DLV-Sprinter sind in diesem Sommer schon unter 10,20 Sekunden geblieben. Es wird darauf ankommen, wer den besten Tag erwischt und im Finale seine Nerven im Griff hat.

Der Jahresschnellste Julian Wagner (LC Top Team Thüringen) erwischte im Saisonverlauf auch Rennen, in denen er die nationale Konkurrenz ziehen lassen musste. Mit konstanten Leistungen überzeugten Robin Ganter (MTG Mannheim) und Yannick Wolf (LG Stadtwerke München). Auch der Titelträger von 2018 Kevin Kranz (Sprintteam Wetzlar) hat inzwischen in die Saison hineingefunden. Joshua Hartmann (ASV Köln) überzeugte auch über 100 Meter bei Starts innerhalb der Diamond League, konzentriert sich in Kassel aber auf die 200 Meter.

In den Kampf um die Medaillen möchte sich auch der Vorjahres-Dritte Lucas Ansah-Peprah (Hamburger SV) einschalten, der am vergangenen Wochenende erst verspätet in die Saison eingestiegen war. Sein Trainingspartner und Titelverteidiger Owen Ansah (Hamburger SV) hatte die Saison verletzungsbedingt absagen müssen. jhr

Jahresbester: Julian Wagner (LC Top Team Thüringen; 10,11 sec)
Titelverteidiger: Owen Ansah (Hamburger SV; 10,09 sec)
 


200 METER


Titel endlich fällig

Für ein paar Minuten hatte sich Joshua Hartmann schon im vergangenen Jahr als Deutscher Meister über diese Strecke gefühlt. Weil der 24-Jährige in der Kurve die innere Linie seiner Bahn übertreten hatte, wurde er allerdings disqualifiziert. Zieht der EM-Fünfte sein Rennen diesmal sauber durch, dürfte dem Sieg nichts im Wege stehen. Viermal ist der Kölner die 200 Meter in diesem Sommer schon gelaufen und alle Zeiten waren schneller, als die gesamte nationale Konkurrenz bisher gesprintet ist.

Der Deutsche Hallenmeister Robin Ganter ist der erste Kandidat für die weiteren Plätze auf dem Podest. Er hat in diesem Jahr schon eine Zeit von 20,74 Sekunden abgeliefert. Insgesamt ist der Kampf um die Medaillen hinter Favorit Joshua Hartmann völlig offen, und sowohl Youngster wie Felix Frühn (MTG Mannheim) und Jakob Bruns (LG Brillux Münster) als auch Routiniers wie Kevin Ugo (TV Wattenscheid 01), Jonas Hügen (LG Stadtwerke München) und Steven Müller (LG Ovag Friedberg-Fauerbach) werden ihre Chance suchen. jhr

Jahresbester: Joshua Hartmann (ASV Köln; 20,39 sec)
Titelverteidiger: Owen Ansah (Hamburger SV; 20,41 sec)
 


400 METER


So gut in Form wie nie

Für genau diese Entwicklung arbeiten die DLV-Langsprinter. Bei Manuel Sanders (LG Olympia Dortmund) geht der Plan in diesem Sommer endlich auf. Der 25-Jährige ist schon mit Bestzeit (45,47 sec) in die Saison gestartet, dann konnte er sich bei seinen beiden folgenden Starts jeweils um gut eine weitere Zehntel bis auf 45,24 Sekunden steigern. Ein WM-Einzelstart über das World Ranking oder sogar die Qualifikation über die Direkt-Norm (45,00 sec) sind in greifbare Nähe gerückt. Die DM soll die nächste Station der erfolgreichen Saison werden.

Mit der besten Vorleistung seiner Karriere vor einer DM tritt auch Jean Paul Bredau (SC Potsdam; 46,07 sec) an. Aufsteigende Form deutete sich am vergangenen Wochenende zudem bei Titelverteidiger Marvin Schlegel (LAC Erdgas Chemnitz; 46,43 sec) an. Patrick Schneider (TV Wattenscheid 01) befindet sich gerade in einem Neuaufbau seiner Form, nachdem sein Saisonauftakt nicht lief wie gewünscht. Vor diesem Hintergrund sind seine Erwartungen an eine Top-Performance in Kassel gedämpft. jhr

Jahresbester: Manuel Sanders (LG Olympia Dortmund; 45,24 sec)
Titelverteidiger: Marvin Schlegel (LAC Erdgas Chemnitz; 45,77 sec)
 


800 METER


Der Nächste aus der Frankfurter Trainingsgruppe?

Aus seiner Frankfurter Trainingsgruppe haben schon einige Athleten Titel über 800 Meter abgeräumt. Dennis Biederbick hat bei Deutschen Meisterschaften drinnen und draußen bisher einmal Silber und dreimal Bronze gewonnen. In Kassel besteht die Chance auf mehr. Der 25-Jährige hat im Teilnehmerfeld die konstantesten Vorleistungen gezeigt und ist bei seinem Sieg in Dessau in 1:46,09 Minuten dicht an seine Bestzeit aus dem Jahr 2021 (1:45,88 min) herangelaufen.

Aufsteiger Luis Oberbeck (LG Göttingen; 1:46,35 min) zählt zu seinen stärksten Konkurrenten. Aus seiner Trainingsgruppe ist nach überstandenem Infekt Marvin Heinrich (Eintracht Frankfurt; 1:47,02 min) zu beachten. Wieder mit um den Titel kämpfen möchte auch der Überraschungssieger des Vorjahres Tim Holzapfel (Unterländer LG; 1:48,85 min). Bisher noch um Anschluss an seine Leistungen der vergangenen Jahre kämpft Marc Reuther (Königsteiner LV; 1:49,40 min). jhr

Jahresbester: Robert Farken (SC DHfK Leipzig; 1:45,65 min)
Titelverteidiger: Tim Holzapfel (Unterländer LG; 1:49,25 min)
 


1.500 METER


Robert Farken möchte seine Stärke demonstrieren

Wenn er rennt, dann rennt er der nationalen Konkurrenz auf und davon. Zum Saisonstart Ende Mai hat das Robert Farken (SC DHfK Leipzig) mit Bestzeiten über 800 Meter (1:45,65 min) und 1.500 Meter (3:32,10 min) eindrucksvoll demonstriert. Über 1.500 Meter war dabei sogar der gut 40 Jahre alte deutsche Rekord von Thomas Wessinghage (3:31,58 min) nicht weit entfernt. Danach wurden die Pläne für weitere Wettkämpfe unter anderem krankheitsbedingt durchkreuzt. Bei der DM will sich der 25-Jährige im Wettkampfgeschehen zurückmelden. Durch die erfüllte Direkt-Norm (3:34,20 min) muss er sich um die WM-Qualifikation keine Gedanken mehr machen.

Die WM-Norm hat auch Amos Bartelsmeyer (Eintracht Frankfurt) schon in der Tasche, dank seiner 3:50,45 Minuten im Winter über die Meile. Medaillen-Kandidaten sind außerdem Titelverteidiger Christoph Kessler (LG Region Karlsruhe; 3:39,09 min), der Dortmunder Mohamed Abdilaahi (3:37,86 min) und die Wattenscheider Maximilian Feist (3:37,87 min) und Marius Probst (3:41,33 min). jhr

Jahresbester: Robert Farken (SC DHfK Leipzig; 3:32,10 min)
Titelverteidiger: Christoph Kessler (LG Region Karlsruhe; 3:44,64 min)
 


5.000 METER


Quartett mit Titelambition

Die Meldeliste deutet an, dass vier Athleten den Sieg unter sich ausmachen könnten. Maximilian Thorwirth (SFD 75 Düsseldorf-Süd) und Aaron Bienenfeld (SSC Hanau-Rodenbach) haben beide noch nie im Freien einen DM-Titel gewonnen. Gemeinsam haben die beiden auch, dass sie in diesem Sommer schon ihre Bestzeiten gesteigert haben und unter 13:20 Minuten (13:18,35 min; 13:19,21 min) geblieben sind. Sind das die nötigen Zutaten für Gold?

Sam Parsons (SCC Berlin) und Titelverteidiger Mohamed Abdilaahi haben in diesem Sommer noch kein 5.000-Meter-Rennen absolviert. Der Dortmunder ist außerdem auch über die 1.500 Meter gemeldet. Aufsteiger der Saison ist Florian Bremm (LSC Höchstadt/Aisch; 13:30,87 min), der seine Leistungsentwicklung bestätigen möchte. Nachdem es zu Beginn des Jahres wie am Schnürrchen lief, verzichtet der deutsche Hallenmeister über 3.000 Meter Nils Voigt (TV Wattenscheid 01) nach krankheitsbedingtem Trainingsausfall auf einen Start. jhr

Jahresbester: Amos Bartelsmeyer (Eintracht Frankfurt; 13:16,66 min)
Titelverteidiger: Mohamed Abdilaahi (LG Olympia Dortmund; 13:43,16 min)
 


110 METER HÜRDEN


Junge Generation übernimmt

Der langjährige Leistungsträger Gregor Traber (LAV Stadtwerke Tübingen) hat das Ende seiner Karriere erklärt, Titelverteidiger Martin Vogel (LAC Erdgas Chemnitz) ist nicht am Start. Damit wird sich die nachrückende Generation im DLV-Hürdensprint um Gold streiten. Die bisher beste Saison hat der Jüngste von ihnen abgeliefert. Manuel Mordi (Hamburger SV) hat dieses Jahr zum ersten Mal überhaupt im Wettkampf die Männerhürden in Angriff genommen. In Weinheim (13,64 sec) und bei der Team-EM (13,67 sec) gelangen dem 20-Jährigen Zeiten unter 13,70 Sekunden.

Bei 13,75 Sekunden angekommen ist der Deutsche U23-Meister Gregory Minoue (TV Angermund). Mit zuletzt zwei Rennen in 13,79 Sekunden hat sich Stefan Volzer (VfL Sindelfingen) zurückgemeldet. Tim Eikermann (TSV Bayer 04 Leverkusen; 13,81 sec) hat nach seinem Sieg bei der Hallen-DM im Freien noch nicht so überzeugen können, wie er es sich erhofft hatte. Aber im Winter, wie auch schon bei der Freiluft-DM im vergangenen Sommer, war der 23-Jährige auf den Punkt topfit. jhr

Jahresbester: Manuel Mordi (Hamburger SV; 13,64 sec)
Titelverteidiger: Martin Vogel (LAC Erdgas Chemnitz; 13,74 sec)
 


400 METER HÜRDEN


Joshua Abuaku gegen Constantin Preis

Drei Rennen mit Zeiten von 49,2 Sekunden und die Saisonbestzeit von 48,67 Sekunden in Genf (Schweiz). Der Sommer hat für Joshua Abuaku (Eintracht Frankfurt) mit konstanten Leistungen auf hohem Niveau begonnen. Bei der Team-EM folgte dann ein Schreckmoment: Wegen muskulärer Probleme musste der EM-Fünfte sein Rennen abbrechen. In Kassel kann der 26-Jährige den Vorlauf nutzen, um wieder Sicherheit zu gewinnen. Im Finale geht es um seinen möglichen ersten DM-Titel.

Seine Siegesserie der Jahre 2019 bis 2021 wieder aufnehmen könnte Constantin Preis (VfL Sindelfingen), der mit 49,06 Sekunden auch eine starke Saisonbestleistung mitbringt. Der Zweite der DLV-Jahresbestenliste Emil Agyekum (SCC Berlin; 48,73 sec) hatte schon die Team-EM verletzungsbedingt absagen müssen und fehlt auch am DM-Wochenende. Justus Ringel (SC Potsdam; 50,98 sec), der in diesem Sommer schon erstmals unter 51 Sekunden geblieben ist, und Titelverteidiger Michael Adolf (TSV Gräfelfing; 52,86 sec) sind Kandidaten für die Bronzemedaille. jhr

Jahresbester: Joshua Abuaku (Eintracht Frankfurt; 48,67 sec)
Titelverteidiger: Michael Adolf (TSV Gräfelfing; 51,25 sec)
 


3.000 METER HINDERNIS


Bebendorfs fünfter Streich?

Mit vier DM-Titeln in Folge hat sich Karl Bebendorf (Dresdner SC 1898) in den vergangenen Jahren zum dominierenden deutschen Hindernisläufer emporgearbeitet. Und auch 2023 reist er wieder als schnellster Deutscher zum nationalen Höhepunkt: In Turku (Finnland) steigerte er sich Mitte Juni auf 8:20,43 Minuten – Bestzeit.

Ein Selbstläufer wird die Titelverteidigung am Samstag allerdings nicht. Denn zum einen hat er nach überstandenem Pfeifferschen Drüsenfieber erst wenige Wettkämpfe absolviert, und zum anderen ist mit Frederik Ruppert (SC Myhl LA) ein Athlet im Feld, der in Bestform im Endspurt (fast) alle stehenlassen kann und in seiner Karriere sogar schon einmal unter 8:20 Minuten geblieben ist. Zuletzt haderte der Team-EM-Teilnehmer jedoch damit, dass er trotz guter Laufform seine Stärken nicht mehr wie gewünscht abrufen konnte.

In einem Wettbewerb, der sich zu einer der spannendsten Entscheidungen der Meisterschaften entwickeln könnte, darf man aber nicht nur die Top Zwei im Auge bewahren: Jens Mergenthaler (LG farbtex Nordschwarzwald; 8:29,62 min), Velten Schneider (VfL Sindelfingen) und die stark verbesserte Trainingsgruppe von Melanie Jäger bei der LSC Höchstadt/Aisch mit Nick Jäger, EM-Teilnehmer Niklas Buchholz und Brian Weisheit sind in Bestform und lauern nur auf ihre Chance. sb

Jahresbester: Karl Bebendorf (Dresdner SC 1898; 8:20,43 min)
Titelverteidiger: Karl Bebendorf (Dresdner SC 1898; 8:27,61 min)
 


HOCHSPRUNG


Tobias Potye nimmt Anlauf auf den DM-Hattrick

Vergangenes Jahr erlebten die DM-Zuschauer in Berlin eine hochklassige Entscheidung. Der spätere Vize-Europameister Tobias Potye (LG Stadtwerke München) und der zu diesem Zeitpunkt noch amtierende Europameister Mateusz Przybylko (TSV Bayer 04 Leverkusen) teilten sich mit 2,30 Metern den DM-Titel. In diesem Jahr fällt dieses Duell aus. Denn Mateusz Przybylko laboriert an einer Fußverletzung und ist in Kassel nicht dabei. So heißt der klare Favorit Tobias Potye.

Der Münchner führt mit 2,27 Metern die Bestenliste an und könnte im Auestadion den DM-Hattrick perfekt machen. Dass es sogar noch ein paar Zentimeter höher gehen kann, zeigte Tobias Potye zuletzt bei der Team-EM in Chorzów. Da hatte er allerdings durch die spezielle Regel nur einen Versuch über 2,29 Meter.

Ein stabiles Niveau über 2,20 Meter hat in diesem Sommer Falk Wendrich. Der Soester und Tobias Potye springen seit der Jugendklasse gegeneinander und machen wahrscheinlich in Kassel den Titel unter sich aus. Außenseiterchancen hat Florian Hornig. Der Leverkusener reist mit einer Saisonbestleistung von 2,18 Metern nach Kassel. mbn

Jahresbester: Tobias Potye (LG Stadtwerke München; 2,27 m)
Titelverteidiger: Tobias Potye (LG Stadtwerke München) und Mateusz Przybylko (TSV Bayer 04 Leverkusen; beide 2,30 m)
 


STABHOCHSPRUNG


Jubelt Bo Kanda Lita Baehre beim Heimspiel?

Die Entscheidung am Freitagnachmittag wird für Bo Kanda Lita Baehre (TSV Bayer 04 Leverkusen) zu einem echten Heimspiel. Denn der Vize-Europameister ist gebürtiger Düsseldorfer. Und genau dort – vor der prächtigen Kulisse des Rheinufers – ermitteln die Stabhochspringer am Freitagnachmittag ab 16:15 Uhr die Medaillengewinner. Der Wettkampf ist – genauso wie das Springen der Frauen am Donnerstagnachmittag – im Rahmen der „Finals 2023“ ausgelagert.

Die Chancen auf seinen fünften DM-Titel seit 2017 stehen nicht schlecht. Denn mit 5,76 Metern führt der Leverkusener die deutsche Bestenliste deutlich an. Auch Sprünge von 5,80 Metern und höher scheinen für ihn durchaus möglich. Vergangenes Jahr in Berlin veredelte der 24-Jährige seinen DM-Titel übrigens mit der neuen Bestleistung von 5,90 Metern.

Noch nicht recht in Schwung gekommen ist in diesem Sommer Oleg Zernikel. Für den Landauer stehen aktuell erst 5,45 Meter zu Buche. Auf zehn Zentimeter mehr kommt der Olympia-Dritte von London Raphael Holzdeppe (LAZ Zweibrücken). Aufsteigende Form zeigte zuletzt mit zwei 5,65-Meter-Wettkämpfen Gillian Ladwig (Schweriner SC). Torben Blech (TSV Bayer 04 Leverkusen) ist nach Fußproblemen zwar wieder im Sprungtraining, doch der DM-Start in Düsseldorf kommt für den Leverkusener noch zu früh. mbn

Jahresbester: Bo Kanda Lita Baehre (TSV Bayer 04 Leverkusen; 5,76 m)
Titelverteidiger: Bo Kanda Lita Baehre (TSV Bayer 04 Leverkusen; 5,90 m)
 


WEITSPRUNG


Ein Zehnkämpfer in der Poleposition

Die Acht-Meter-Marke haben die deutschen Weitspringer – ausgenommen Para-Athlet Markus Rehm (TSV Bayer 04 Leverkusen) mit seinem neuen Weltrekord von 8,72 Metern – in diesem Sommer noch nicht übertroffen. Das könnte sich in Kassel ändern. Denn gleich einige Athleten sind in den vergangenen Wochen bereits ganz in der Nähe dieser Marke gelandet. Allen voran Felix Wolter. Der Zehnkämpfer vom TSV Gräfelfing führt mit 7,91 Metern die nationale Rangliste an. Dass der erste Acht-Meter-Sprung durchaus möglich ist, bewies er Mitte Juni beim Mehrkampf-Meeting in Ratingen mit einem knapp ungültigen Versuch in diesen Bereich. „Jetzt will ich auf jeden Fall in Kassel die acht Meter angreifen“, sagte Felix Wolter danach.

Knapp hinter dem Bayern rangieren in der deutschen Bestenliste Till Steinforth (SV Halle; 7,87 m), ebenfalls in den USA studierender Zehnkämpfer, und der Mannheimer Simon Batz. Der 20 Jahre junge Deutsche Hallenmeister sprang in diesem Sommer bisher so weit wie bei seinem Triumph im Februar in Dortmund: 7,86 Meter. Allerdings ist Till Steinforth nicht in Kassel dabei. Gleiches gilt für den Deutschen U23-Meister Oliver Koletzko. Der Stuttgarter konzentriert sich auf die U23-EM wenige Tage nach der DM in Kassel.

Auf seine Medaillenchance im Auestadion lauert der zuletzt auf 7,79 Meter verbesserte Luka Herden (LG Brillux Münster). Der fünfmalige Deutsche Meister Fabian Heinle (VfB Stuttgart) hat in diesem Sommer noch keinen Wettkampf bestritten, ist aber in Kassel per Sonderstartrecht gemeldet. Der Deutsche Meister von 2020, Maximilian Entholzner (LAC Passau), laboriert an einer Knochenprellung und startet nicht. mbn

Jahresbester: Felix Wolter (TSV Gräfelfing; 7,91 m)
Titelverteidiger: Fabian Heinle (VfB Stuttgart; 7,81 m)
 


DREISPRUNG


Max Heß vor seinem siebten Streich

Das Dreisprung-Finale könnte in Kassel zu „Chemnitzer Meisterschaften“ werden. Denn vier der besten fünf deutschen Dreispringer des Jahres starten für den LAC Erdgas Chemnitz. Die Favoritenrolle hat wie stets in den vergangenen Jahren Max Heß inne. Der Hallen-EM-Dritte führt die nationale Rangliste mit 16,40 Metern und einem großen Vorsprung auf seinen Vereinskollegen Steven Freund an. Der 18-Jährige ist das aktuell größte deutsche Dreisprung-Talent und verbesserte sich Mitte Juni auf 15,58 Meter. Sprünge über 15 Meter sind für ihn in diesem Sommer mehr Regel als Ausnahme.

Auf dem Weg zu seinem möglichen siebten Freiluft-Titel kam Max Heß in diesem Sommer noch nicht richtig in Schwung. Zwei Wettkämpfe hat der 26-Jährige in der Freiluftsaison erst bestritten und musste Ende Juni auf einen Start bei der Team-EM verzichten. Hinter dem Hallen-EM-Dritten wollen Gabriel Wiertz (TuS 1860 Pfarrkirchen) und der dritte Chemnitzer Franjo Franke, ebenfalls U20-Athlet, mit Saisonbestleistungen von 15,43 bzw. 15,36 Metern ihre Medaillenchance nutzen. mbn

Jahresbester: Max Heß (LAC Erdgas Chemnitz; 16,40 m)
Titelverteidiger: Max Heß (LAC Erdgas Chemnitz; 16,20 m)
 


KUGELSTOSSEN


Duell der 20-Meter-Stoßer?

Zwei Athleten im Feld haben in dieser Saison bereits die 20-Meter-Marke überboten. Beide standen schon einmal ganz oben auf dem Treppchen Deutscher Freiluft-Meisterschaften – gut möglich, dass sie sich nach dem Abtritt des Titelverteidigers David Storl (SC DHfK Leipzig) auch in Kassel um den Titel streiten werden. Die Rede ist von Simon Bayer (VfL Sindelfingen; 20,12 m), Titelträger von 2019, und Dennis Lukas (LG Idar-Oberstein), der sich 2021 überraschend DM-Gold geholt hatte.

In diesem Jahr ist der Mann aus Rheinhessen vielleicht sogar der Favorit, denn sein Stoß auf 20,07 Meter datiert auf Ende Juni, während Simon Bayer seit Ende März zunächst nicht mehr in diese Regionen vorstoßen konnte. Jedoch hat er zuletzt wieder einen Aufwärtstrend verzeichnet. Ein potenzieller Herausforderer wird in Kassel fehlen: Team-EM-Teilnehmer Xaver Hastenrath (LAV Bayer Uerdingen/Dormagen) verzichtet nach dem U23-DM-Titel, um das schmerzende Handgelenk für den U23-EM-Start zu schonen.

Mit Tizian Lauria und Eric Maihöfer (beide VfL Sindelfingen) gehören aber auch zwei weitere Medaillenanwärter noch der U23-Altersklasse an. Auf der Rechnung haben muss man zudem den Deutschen Vizemeister in der Halle Christian Zimmermann (Kirchheimer SC) oder den Dritten der Hallen-DM Silas Ristl (LAC Essingen), der sich seit dem vergangenen Jahr bei Weiten deutlich jenseits der 19 Meter stabilisiert hat. sb

Jahresbester: Simon Bayer (VfL Sindelfingen; 20,12 m)
Titelverteidiger: David Storl (SC DHfK Leipzig; 20,32 m)
 


DISKUSWURF


Henrik Janssen fordert Daniel Jasinski

Wenn Daniel Jasinski (TV Wattenscheid 01) in den Ring steigt, darf man mit weiten Würfen rechnen – so wie bei den Deutschen Winterwurf-Meisterschaften, wo sein Diskus auf 66,75 Meter flog. Allerdings sind die Auftritte des Olympia-Dritten von 2016 rar gesät, denn der Körper spielt nicht immer mit. Und so kann sich Henrik Janssen (SC Magdeburg) nach zuletzt fünf 64-Meter-Wettkämpfen in Folge Hoffnungen auf seinen ersten DM-Titel machen. Der 25-Jährige hat sich 2023 auf 66,51 Meter gesteigert, kein halber Meter fehlt mehr bis zur WM-Norm.

Auf Platz 20 des World Rankings hat der Magdeburger aber schon jetzt gute Chancen auf den WM-Start, für den weltweit 36 Athleten zugelassen werden. Für die weiteren DLV-Werfer gilt es in Kassel auch, mit vorderen DM-Platzierungen um eine gute Position im World Ranking zu kämpfen. Zum Beispiel für die Potsdamer Clemens Prüfer (64,52 m) und Henning Prüfer (62,61 m), Olympia-Teilnehmer David Wrobel (VfB Stuttgart; 63,07 m) oder Olympiasieger Christoph Harting (LG Nord Berlin; 63,22 m) – sie alle haben in dieser Saison noch nicht ihr volles Potenzial abrufen können.

Anders sieht das bei Steven Richter (LV 90 Erzgebirge) aus: Schon in seinem ersten U23-Jahr hat er den Diskus bis auf 65,88 Meter befördert und damit zurzeit sogar einen World-Ranking-Platz für die WM in Aussicht. Eine Woche vor dem Start bei der U23-EM kann er in Kassel befreit auftreten – und vielleicht für eine Überraschung sorgen. Titelverteidiger Martin Wierig (SC Magdeburg) ist verletzt nicht dabei, das letzte große Ziel des 36-Jährigen lautet: Olympia 2024 in Paris. sb

Jahresbester: Daniel Jasinski (TV Wattenscheid 01; 66,75 m)
Titelverteidiger: Martin Wierig (SC Magdeburg; 64,25 m)
 


HAMMERWURF


Wer reist mit DM-Titel nach Espoo?

Bei den Deutschen U23-Meisterschaften am zurückliegenden Wochenende in Göttingen war das Duell noch ausgefallen – denn Titelverteidiger Merlin Hummel (UAC Kulmbach) hatte sich nach seinem Einsatz bei der Team-EM gegen einen Start entschieden. In Kassel treffen sie nun aufeinander: die beiden größten deutschen Hammerwurf-Hoffnungen Merlin Hummel (76,28 m) und Sören Klose (Eintracht Frankfurt; 74,15 m).

Alles andere als ein Sieg eines der beiden 21-Jährigen wäre eine Überraschung, denn keiner ihrer Konkurrenten konnte in diesem Jahr bisher die 70-Meter-Marke überbieten. So lautet die Frage wohl eher: Wer reist in der kommenden Woche als Deutscher Meister zur U23-EM nach Espoo (Finnland)? Und: Rückt bei Deutschen Meisterschaften erstmals seit 2016 wieder die 75-Meter-Marke in Reichweite?

Die Bronzemedaille wird hinter dem Top-Duo hart umkämpft sein, mit 67-Meter-Würfen kommen dafür zum Beispiel Fabio Hessling (SV GO! Saar 05), Konstantin Steinfurth (LG Eppstein-Kelkheim) und Christoph Gleixner (Eintracht Frankfurt) infrage. sb

Jahresbester: Merlin Hummel (UAC Kulmbach; 76,28 m)
Titelverteidiger: Merlin Hummel (UAC Kulmbach; 72,51 m)
 


SPEERWURF


Julian Weber eine Klasse für sich

Wer soll ihn in diesem Jahr schlagen, den Titelverteidiger, den Europameister von München, die Nummer drei der Welt in diesem Jahr? Die deutsche Poleposition im Speerwurf hat sich Julian Weber (USC Mainz) hart erkämpft, nachdem er viele Jahre im Schatten der 90-Meter-Werfer stand – eine Marke, die auch er fest im Visier hat.

Zwar finden sich in der DM-Meldeliste auch die Namen von Thomas Röhler (LC Jena) und Johannes Vetter (LG Offenburg). Wer jedoch ihre Geschichte verfolgt hat, weiß, dass der Olympiasieger von 2016 und der Weltmeister von 2017 nach Verletzungen auf einem steinigen Weg zurück sind und die Deutschen Meisterschaften daher vor allem ein Zwischenschritt auf ihrem Weg zu den Olympischen Spielen 2024.

So eröffnen sich auch für andere Werfer die Chancen auf die Medaillen – von denen wohl nur Silber und Bronze zur Verfügung stehen. Zum Beispiel für Maurice Voigt (LC Jena), der im vergangenen Jahr schon einmal die 80-Meter-Marke überbieten konnte und sich in Berlin den deutsche Vizemeister-Titel holte. sb

Jahresbester: Julian Weber (USC Mainz; 88,37 m)
Titelverteidiger: Julian Weber (USC Mainz; 86,61 m)
 


4x100 METER


U23-Rekordler sind die Gejagten

Die beste deutsche Zeit des Jahres ist zugleich die beste Zeit, die eine deutsche U23-Staffel je auf die Bahn gezaubert hat: Mitte Juni stellten Simon Wulff, Eddie Reddemann, Maurice Grahl und Lennart Hartenberg in Grefrath in 39,76 Sekunden eine neue deutsche U23-Bestleistung auf. Mit dieser Zeit sind sie in Kassel die Gejagten – wohlwissend, dass die besten Staffelzeiten in der Regel erst zum Saison-Höhepunkt fallen.

Und da will zum Beispiel die LG Stadtwerke München noch eine Schippe draufpacken, hat sie doch mit Yannick Wolf und Aleksandar Askovic zwei der derzeit besten deutschen Sprinter in ihren Reihen. Und auch die MTG Mannheim mit dem Deutschen U23-Meister Felix Frühn und Team-EM-Teilnehmer Robin Ganter hat sicher noch nicht alle Karten aufgedeckt.

Nur eins ist sicher: Für die Titelverteidger wird es keine leichte Aufgabe, die Goldmedaille zum 16. Mal seit 2002 nach Wattenscheid zu holen. Was für die Seriensieger spricht, ist die große Erfahrung. Mit Philipp Trutenat, Kevin Ugo und Robin Erewa stehen drei der vier Sprinter im Wattenscheider Aufgebot, die schon im Vorjahr triumphieren konnten, Robin Erewa hat gar schon sechs deutsche 4x100-Meter-Titel auf seinem Konto. sb

Jahresbeste: TSV Bayer 04 Leverkusen (39,76 sec)
Titelverteidiger: TV Wattenscheid 01 (39,60 sec)

DM 2023 Kassel

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