| Paralympics 2016

Doppel-Gold und Weltrekord: Deutsche Athleten in Rio erfolgreich

Weitspringerin Vanessa Low hat am Samstag bei den Paralympischen Spielen mit einem neuen Weltrekord die Goldmedaille im Weitsprung gewonnen. Im Kugelstoßen war Daniel Scheil ebenfalls eine Klasse für sich. Silber ging im Speerwurf an Martina Willing.
dpa/sim

Im Moment der größten sportlichen Ehrung ging Daniel Scheil noch einmal sein jüngster Schicksalsschlag durch den Kopf. Mit der Goldmedaille um den Hals dachte der Kugelstoßer am Samstag beim Abspielen der Hymne an seine kürzlich verstorbene Mutter. „Das ist jetzt auch für sie“, sagte der 43-Jährige und blickte auf die Plakette. Mit 11,03 Metern hatte der Chemnitzer, der für den PSV Weiden aus der Oberpfalz startet, in Rio de Janeiro den vorläufigen Höhepunkt seiner noch jungen Karriere gefeiert.

Erst seit fünf Jahren befasst sich der Rollstuhl-Athlet wieder intensiv mit Sport. 2010 hatte hat sein Leben eine jähe Wendung erfahren. Beim Bäcker brach er zusammen: Diagnose Hinterwandinfarkt. Einen Monat lang lag er im Koma. Der Sauerstoffmangel hatte eine Lähmung von Armen und Beinen zur Folge. Fortan saß er im Rollstuhl. Als wäre dies nicht genug, schoss sein Blutzuckerspiegel derart durch die Decke, dass er mit normalen Instrumenten nicht zu messen war.

In dem Dorf, wo er damals wohnte, plagte ihn die Langeweile. Im Internet stieß er auf Paralympics-Siegerin Birgit Kober. Er nahm zu ihr Kontakt auf, bekam Tipps fürs Sporttreiben. „Der Sport bedeutet mir alles. Er hat mich von Null auf Hundert gebracht“, sagte Scheil. Am Samstag kann er sein Mentorin in Rio beim Kugelstoßen anfeuern.

Vanessa Low dominiert im Weitsprung

Im Weitsprung ist die Leverkusenerin Vanessa Low eindrucksvoll ihrer Favoritenrolle gerecht geworden. Die 26-Jährige sicherte sich im Olympiastadion den Sieg mit der Weltrekord-Weite von 4,93 Metern. „Es hat einfach alles gepasst“, freute sich die Athletin, die im Alter von 15 Jahren bei einem Unfall beide Beine verloren hatte und mit Prothesen startet. „Ich bin begeistert, dass alles gestimmt hat. Ich bin in den Wettkampf gekommen und hatte eine schwere Saison. Aber als ich im Stadion stand, war ich einfach nur ruhig, ich war entspannt und ich war in der Lage, es wirklich zu genießen.“

Schon im ersten Versuch hatte Vanessa Low 4,76 Meter vorgelegt und damit die Konkurrenz um die starke Italienerin Martina Caironi geschockt, der schließlich trotz Bestleistung von 4,66 Metern nur Silber blieb. „Ich glaube, meine Gegnerin wusste, dass ich gut drauf bin“, sagte Low. „Ich glaube, sie wusste auch, dass ich weit springen kann. Ich habe es ja bei der WM letztes Jahr schon angedeutet. Ich hatte einige wirklich weite Sprünge dabei. Hier ist die Bahn einfach auch gut und schnell. Es stimmte einfach alles.“

Fünf Meter knapp verpasst

Nur ein Ziel konnte sich die Leverkusenerin (noch) nicht erfüllen: einen Satz über die Fünf Meter-Marke: „Es war ein Traum. Es war auch echt schade. Der Sprung, der am weitesten war, war noch viel, viel weiter. Aber ich habe die Feder zurückgezogen und das hat mich ordentlich was gekostet. Aber es sollte heute nicht. Ich bin glücklich, so wie es ist. Weltrekord, Goldmedaille – mehr kann man sich nicht wünschen.“

Die dritte Medaille des Abends steuerte im Speerwurf bei ihrer achten Paralympics-Teilnahme die Cottbuserin Martina Willing bei. Die 56-Jährige sitzt nach einer Blutung im Rückenmark, ausgelöst durch eine Betäubungsspritze, seit 1994 im Rollstuhl. Zuvor war sie aufgrund einer vollständigen Erblindung in Wettbewerben der Sehbehinderten gestartet. Mit 22,22 Metern holte Martina Willing Silber hinter der Lettin Diana Dadzite (23,26 m).

Mit Material der Deutschen Presse-Agentur (dpa)

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