| Kommentar EM-Nominierung

Gleichberechtigung gilt für alle

Stimmt, Prothesen-Springer Markus Rehm wurde vom Deutschen Leichtathletik-Verband (DLV) nicht für die Europameisterschaften in Zürich (Schweiz; 12. bis 17. August) nominiert. Aber 93 andere Athleten wurden nominiert. Bei aller Aufregung um den "Fall Rehm", wie ihn die Medien bereits nennen, sollte das nicht vergessen werden. Denn auch das gehört zur Gleichberechtigung.
Alexandra Neuhaus

Keine Frage: Besser wäre es gewesen, schon vor den Deutschen Meisterschaften in Ulm eine biomechanische Messung in einem Wettkampf vom Leverkusener Markus Rehm und mit den deutschen, nicht-gehandicapten Top-Weitspringern durchzuführen. Das hätte es allen Beteiligten leichter machen können. Aber so ist das mit dem berühmten "Hätte, Wenn und Aber" - im Nachhinein lassen sich verpasste Chancen nunmal nicht mehr nutzen und eine späte Entscheidung ist besser als keine zu treffen. 

Nun gibt es aber deutliche Hinweise, dass die ohne Frage großartige Leistung von Markus Rehm nicht mit der Leistung von nicht-behinderten Weitspringern zu vergleichen ist. Biomechaniker Prof. Dr. Veit Wang von der Uni Tübingen spricht gar von "zwei verschiedenen Sportarten".

Vergleichbarkeit sicher stellen

Nimmt man diese Ergebnisse als Grundlage, so wäre eine Nominierung Rehms der Benachteiligung der nicht-gehandicapten Sportlern gleichgekommen. Eine Entscheidung, die nicht im Sinne der nun überall lauthals geforderten Gleichstellung gewesen wäre. Denn Basis von Gleichstellung im sportlichen Wettkampf muss sein: vergleichbare Leistungen. Wer Anti-Diskriminierung fordert, sollte auch bedenken, dass Menschen nicht zwingend behindert sein müssen, um diskriminiert zu werden.

Die Alternative wäre gewesen, die Entscheidung an den Europäischen oder gar Welt-Verband abzuschieben. Eine Alternative, die gesellschaftlich wohl besser in die Mainstream-Meinung gepasst hätte. Aber wer diese Lösung begrüßt hätte, sollte sich fragen: Wäre das angesichts des nun vorhandenen und gewissenhaft ausgewerteten Datenmaterials des Olympiastützpunkt Hessen korrekt gewesen? Wie wünschenswert ist das Abschieben von Verantwortung im Spitzensport? Und: Ist das Chancengleichheit im Sinne aller für eine Nominierung in Frage kommenden Athleten?

Nominierte Athleten nicht vergessen

Markus Rehm ist Leistungssportler. Er ist Profi. Und als solcher will er auch behandelt werden. Gleichberechtigt mit allen Sportlern, die eben genauso hart arbeiten für ihren Sport, Erfolg und in diesem speziellen Fall ihrer Weite.

Und zu dieser Gleichberechtigung gehört auch, die 93 nominierten Sportler nicht zu vergessen. Dass sie im Zuge der Debatte um die Nicht-Nominierung von Markus Rehm in der öffentlichen Wahrnehmung komplett unterzugehen drohen, ist inakzeptabel und traurig für jeden einzelnen von ihnen.

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