| Interview der Woche

Katharina Heinig: "Für die WM ist mir jeder Aufwand recht"

Katharina Heinig (LG Eintracht Frankfurt) hat bereits im Vorjahr die WM-Norm im Marathon abgehakt. Beim Berliner Halbmarathon verpasste sie Anfang April in 1:13:25 Stunden allerdings knapp den noch erforderlichen Leistungsnachweis. „Die Enttäuschung ist groß. Jetzt freue ich mich aber erst einmal auf den Paderborner Osterlauf“, schrieb sie anschließend auf Facebook. Im 10-Kilometer-Lauf von Paderborn wurde die 27-Jährige am Samstag in 33:42 Minuten als beste Deutsche Zehnte. Am Tag darauf nahm sie sich vor dem Oster-Frühstück die Zeit, im Gespräch mit leichtathletik.de ihren weiteren Weg in Richtung WM-Marathon und ihre Ziele für einen möglichen Start in London zu verraten.
Peter Middel

Katharina Heinig, Ihr Facebook-Eintrag zeigt, dass Deutschlands älteste Straßenlauf-Veranstaltung für Sie einen großen Stellenwert hat. Woher kommt diese Vorliebe?

Katharina Heinig:

Wenn es für mich machbar ist, versuche ich, in Paderborn zu laufen. In den letzten drei Jahren bin ich auf jeden Fall immer dabei gewesen. Eine genaue Zahl kann ich nicht nennen, aber ich komme natürlich auf wesentlich mehr Teilnahmen. Zum ersten Mal bin ich in Paderborn gewesen, als meine Mutter [die ehemalige Deutsche Marathon-Rekordlerin und aktuelle Bundestrainerin Kathrin Dörre-Heinig] dort noch lief. Ich habe schon beim Bambini-Lauf meine ersten Erfahrungen gesammelt. Daher habe ich seit Jahren hervorragende Kontakte zum Paderborner Organisationsteam. Man nimmt mich dort immer wie in einer Familie auf. Hinzu kommt, dass die Paderborner Strecke recht schnell ist, sodass der Lauf für michim Frühjahr eine gute Standortbestimmung bildet. Zudem faszinieren mich immer wieder die stimmungsvolle Atmosphäre im Start-Zielbereich sowie der Massenstart mit den Football-Spielern, die den Läuferinnen und Läufern trotz des anfänglichen Gedränges ein sicheres Gefühl verleihen.

Wie bewerten Sie Ihre diesjährige Osterlauf-Leistung?

Katharina Heinig:

Ich bin mit 33:42 Minuten 38 Sekunden langsamer gewesen als im Vorjahr. Trotzdem bin ich mit meiner Leistung zufrieden. Es war nass, kalt und auch noch windig. Ich bin anfangs vorne mitgelaufen und hatte bei 1.000 Metern eine Zwischenzeit von 3:12 Minuten. Das war etwas zu schnell für mich, zumal anschließend eine längere Windpassage folgte. Ich musste drei Kilometer alleine gegen den Wind laufen. Normalerweise kann ich mich bei solchen Bedingungen oft im Windschatten von Männern aufhalten. Dieses Mal war es genau umgekehrt. Alle haben sich bei mir hinten reingehängt. Macht aber nichts, denn ich muss auch mit solchen Situationen fertig werden. Meine 33:42 Minuten gehen für mich unter den geschilderten Bedingungen in Ordnung.

Wie war Ihre bisherige Saison-Vorbereitung?

Katharina Heinig:

Im Training läuft alles wie geplant. Ich habe in meinem Höhentrainingslager in Kenia deutlich höhere Intensitäten als im Vorjahr absolviert. Das Training muss aber erst noch wirken. Ich möchte mich in diesem Jahr ganz auf die WM in London fokussieren. Da wäre es schlecht, wenn ich jetzt schon in Top-Form wäre. Bei mir befindet sich alles im grünen Bereich. Nun hoffe ich, dass es im nächsten Trainingslager in Südafrika weiter so gut läuft.

Sie haben im Frühjahr zweimal ein Trainingslager in Kenia absolviert. Bringt die Vorbereitung in der Höhe wirklich so viel, dass sich diese Investitionen lohnen?

Katharina Heinig:

Wenn ich in Europa oder in den USA zum gleichen Zeitpunkt in der Höhe trainieren würde, könnte ich dort nicht laufen, sondern Ski fahren. In Kenia genieße ich die Einfachheit, die Ruhe und die volle Fokussierung aufs Training. Zuhause hat man wesentlich mehr Ablenkung. 2010 bin ich zum ersten Mal in Kenia gewesen und habe dort immer gute Erfahrungen gesammelt.

Wie sieht für Sie ein typischer Trainingstag in Kenia aus?

Katharina Heinig:

Es kommt darauf an, was ich im Training vorhabe. Manchmal stehe ich schon um 5:00 Uhr auf, um in aller Ruhe zu frühstücken. Wenn es sehr heiß ist, beginnen wir mit unserer ersten Einheit schon um 6:30 Uhr. Ansonsten stehen wir um 6:30 Uhr auf, absolvieren um 7:00 Uhr unser Auftaktprogramm, gehen dann zum Frühstück und beginnen anschließend mit unserer Haupteinheit, die aus einem längeren Dauerlauf oder aus Tempoläufen auf der Bahn besteht.

Wie macht sich die Höhe bei den Läufen bei Ihnen bemerkbar?

Katharina Heinig:

Zuhause habe ich bei Dauerläufen meist einen Schnitt zwischen 4:15 und 4:30 Minuten pro Kilometer. Bei Regenerationseinheiten laufe ich daheim gelegentlich auch über fünf Minuten pro Kilometer. In Kenia komme ich bei normalen Dauerläufen ebenfalls nur auf einen Fünfer-Schnitt, weil ich in der Höhe einfach nicht schneller laufen kann. Bei Tempoläufen muss man zeitmäßig ebenfalls deutliche Abstriche machen. Danach bin ich meist ganz schön kaputt. Ich habe in Kenia viele Einheiten mit Gesa Felicitas Krause [Hindernis-Europameisterin] absolviert. Wir achten immer auf eine entsprechende Regeneration. Das ist in der Höhe enorm wichtig.

Am Dienstag startet die Reise nach Südafrika, dreieinhalb Wochen Training stehen an. Welche Schwerpunkte werden Sie dort setzen?

Katharina Heinig:

Von den Inhalten werde ich ähnlich trainieren wie in Kenia. Allerdings ist Südafrika geografisch nicht ganz so hoch gelegen, sodass die Einheiten zwangsläufig schneller werden. Ein spezielles Schnelligkeitsprogramm führe ich nicht durch, weil ich in mein Training immer wieder Steigerungsläufe einstreue. Zudem habe ich für eine Langstrecklerin eine solide Grundschnelligkeit.

Sie haben sich beim letztjährigen Berlin Marathon um fünf Minuten gesteigert und mit 2:28:34 Stunden als erste Läuferin die Norm für die WM in London geschafft. Den noch erforderlichen Leistungsnachweis von 1:13:15 Stunden haben Sie in Berlin um zehn Sekunden verfehlt. Wir geht es für Sie nun weiter?

Katharina Heinig:

Meine Leistung von Berlin war ja gar nicht so schlecht. Ein Leistungsnachweis ist keine Norm. Er soll nur zeigen, dass man gesund ist und entsprechend rennen kann. Wenn meine Berliner Zeit von 1:13:25 Stunden die Verantwortlichen nicht überzeugt, muss ich mich dieser Tatsache beugen. Vielleicht ergibt sich für mich noch eine Möglichkeit, am 14. Mai beim BIG 25 in Berlin. Dort liegt eine Kontaktmatte bei der Halbmarathon-Marke, wo meine Zeit genommen werden kann. Kampfrichter könnten an der Matte stehen, um zu überprüfen, dass alles seine Richtigkeit hat. Es ist etwas ärgerlich, aber ich möchte unbedingt zur WM, und da ist mir jeder Aufwand recht.

Wäre es nicht besser gewesen, wenn Sie in Paderborn die Halbmarathon-Distanz bevorzugt hätten?

Katharina Heinig:

Das wäre für mich nach meinem Lauf in Berlin etwas zu früh gewesen, denn die letzten Kilometer waren dort nach dem schnellen Anfangstempo recht hart. Im Nachhinein war meine Entscheidung richtig, denn ich bin in Paderborn schon auf der 10-Kilometer-Distanz mit dem Wind nicht so gut klargekommen. Ich hätte beim Osterlauf auf der Halbmarathon-Distanz mindestens zwei Pacemaker gebraucht, um bei den Bedingungen die 1:13:15 Stunden zu unterbieten. So schnell war das aber nicht zu organisieren.

Welche Ziele haben Sie sich neben der WM noch für 2017 gesetzt?

Katharina Heinig:

Das kann ich momentan noch nicht genau sagen, denn ich fokussiere mich ganz auf die WM. In London möchte ich in den Bereich meiner persönlichen Bestzeit kommen. Allerdings wird der Marathon der Frauen dort am 6. August um 14:00 Uhr gestartet. Da kann es ganz schön warm werden, und dann ergibt sich für mich die Frage, was dann überhaupt für mich möglich ist. Zudem haben Meisterschaftsrennen immer ihre eigenen Gesetze. Schön wäre es natürlich, wenn ich mich in London mit einer guten Platzierung schon für die <link http: www.berlin2018.info _blank link zur webseite der berliner em>Europameisterschaften 2018 in Berlin qualifizieren könnte. Ich werde in diesem Jahr sicherlich noch einige Straßenläufe bestreiten, wenn sie bei mir ins Trainingprogramm passen. Aber alles hängt von der WM ab. Daher werde ich konkrete Planungen für den Herbst erst nach London treffen. Einen Start wie im letzten Jahr beim Berlin-Marathon halte ich für kaum machbar, weil der zeitliche Abstand von sieben Wochen zu London für mich zu gering ist.

Sie haben vor Kurzem als Kommissarin in der Polizei-Kaserne Mainz-Kastel vom Land Hessen Ihre Urkunde zur Anstellung auf Lebenszeit erhalten. Wie wichtig ist dieses Dokument für Sie?

Katharina Heinig:

Die Anstellung auf Lebenszeit ist eine sehr wichtige Absicherung für mich, denn im Sport kann von heute auf morgen schnell alles vorbei sein, dann habe ich aber weiter eine Perspektive. Einer meiner früheren Ausbilder hat mir gesagt, dass dies meine wichtigste Urkunde sei. Ich gehöre der Sportfördergruppe der Bereitschaftspolizei an und habe dort eine hundertprozentige Freistellung. Ich bin sehr dankbar dafür. Daher gehe ich immer wieder auf meine Dienststelle in Frankfurt, um dort den Kontakt zu meinen Kolleginnen und Kollegen nicht zu verlieren. Sie fiebern oft richtig mit mir mit.

Mehr: 

<link news:55934>Streckenrekorde und Bestzeiten in Paderborn

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