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Kevin Kranz – Mittenrein ins Sprintgeschehen

Viele neue, junge Gesichter haben bei den Deutschen Meisterschaften in Nürnberg ihren ersten nationalen Titel bei den Erwachsenen geholt. Aber auch schon bekanntere Namen werden in der Serie auf leichtathletik.de diesmal vorgestellt, sogar ein Diamond League-Sieger. Zum Abschluss der Serie heute: Sprinter Kevin Kranz.
Jan-Henner Reitze

Kevin Kranz
Sprintteam Wetzlar

Jahrgang 1998
1,82 m

Bestleistung:

100 Meter: 10,24 sec (2018)
200 Meter: 20,89 sec (2018)

Erfolge:

Deutscher Meister 2018

Es ist gerade einmal November und der Terminplan fürs kommende Jahr von Kevin Kranz ist schon prall gefüllt. Ungewohnt. Unter anderem ist ein Trainingslager inklusive Einsatz im Nationaltrikot vorgesehen, in Japan. Dort wird in Yokohama (11./12. Mai) die Staffel-WM ausgetragen. Der DLV plant dafür mit dem 20-Jährigen, der vor diesem Sommer noch einer von vielen Nachwuchssprintern war und nur Insidern bekannt.

Mit seiner Entwicklung hat sich der Aufsteiger selbst überrascht. „Zuerst war eine Medaille bei der U23-DM mein Ziel. Dort habe ich zwei Titel gewonnen. Dann wollte ich ins Finale bei den Deutschen Meisterschaften in Nürnberg und habe auch dort gewonnen. Mich damit auch noch für meinen ersten Start bei einer internationalen Meisterschaft bei der EM in Berlin zu qualifizieren, war mit Abstand am unerwartetsten“, fasst er seine Saison zusammen.

Seine Bestzeit drückte der angehende Polizist bei seinem Sieg bei der U23-DM in Heilbronn auf 10,24 Sekunden. Bei den Deutschen Meisterschaften in Nürnberg hielt er in 10,28 Sekunden unter anderem den Deutschen Rekordler Julian Reus knapp in Schach. Als Zugabe nach dem EM-Debüt rundeten der Einsatz bei „Berlin fliegt!“ und beim ISTAF die Saison voller neuer Erfahrungen ab. „Es macht unglaublich viel Spaß, international und vor großem Publikum zu starten. Von tausenden Fans angefeuert zu werden, ist eine riesen Motivation.“

Umfeld ermöglicht rasanten Aufstieg

Den Weg zu diesen unerwarteten Erfolgen ebneten Trainer David Corell und das Sprintteam Wetzlar, die den früheren Fußballer auf die Siegerstraße führten. Erst im Alter von 15 Jahren wechselte Kevin Kranz wegen seiner Schnelligkeit vom Fußball zur Leichtathletik und startete für die LG Eintracht Frankfurt. An seinem 17. Geburtstag blieb er über 100 Meter erstmals unter elf Sekunden. Allerdings verdarben viele Verletzungen den Spaß an der neuen Sportart und noch bessere Leistungen zu diesem Zeitpunkt.

Die Wende brachte ein neuer Trainer. Der hessische Landestrainer David Corell erkannte das Talent des von Verletzungspech gebeutelten Nachwuchssprinters. Dank dosiertem Training unter professioneller Anleitung ging es aufwärts (<link news:63937>mehr dazu lesen Sie hier). Bei den Deutschen Jugendmeisterschaften 2017 gelang mit Bestleistung (10,57 sec) und Bronze über 100 Meter der Anschluss an die nationale Spitze der U20.

Dass Kevin Kranz im Jahr 2018 in jedem seiner Rennen unter dieser Vorjahresbestleistung blieb, ermöglichten auch die Rahmenbedingungen beim Sprintteam Wetzlar, für das der Shooting-Star seit diesem Jahr startet. Im vergangenen Herbst begann er ein duales Studium in der Sportfördergruppe der Polizei. Diese Berufslaufbahn lässt sich optimal mit dem Leistungssport verbinden, auch mit dem jetzt noch einmal deutlich volleren Terminkalender.

Technik voranbringen

In der angelaufenen Wintervorbereitung steht die Technik im Mittelpunkt. „Der freie Sprint ist das Thema. Ich setze den Fuß nicht genau unterm Körperschwerpunkt auf, sondern davor. Dadurch mache ich es mir schwerer“, erzählt der Deutsche Meister.

In der Hallensaison möchte er seine Stärke über 60 Meter ausspielen. Mit Bestzeit (6,71 sec) hatte Kevin Kranz bei seiner ersten Deutschen Meisterschaft bei den Erwachsenen im vergangenen Winter schon Rang fünf belegt. 2019 hat er auch die Hallen-EM in Glasgow (Großbritannien; 1. bis 3. März) im Hinterkopf, um mehr Erfahrung gegen internationale Konkurrenz zu sammeln.

Der 20-Jährige ist im kommenden Jahr auch noch bei der U23-EM in Gävle (Schweden; 11. bis 14. Juli) startberechtigt. In diesem Sommer stand er in der europäischen Bestenliste dieser Altersklasse auf Rang neun, wobei vier vor ihm platzierte Athleten im kommenden Jahr nicht mehr zur U23 zählen werden. „Das Finale sollte das Ziel sein und eine möglichst gute Platzierung.“

Neue Generation auch im Sprint der Männer?

Kevin Kranz steht auch für eine neue Generation im Sprint der Männer im DLV, die sich aus seiner Sicht in den kommenden Jahren weiter in den Vordergrund laufen könnte. „Es sind viele Athleten da, die in meinen Bereich vorstoßen können und werden.“ Er denkt da unter anderem an Thomas Barthel (SC Magdeburg), Philipp Trutenat (TV Wattenscheid 01) oder Julian Wagner (LAC Erfurt), die mit ihm auch eine starke U23-Staffel bilden könnten, um den Titel des DLV-Teams aus dem Jahr 2017 zu verteidigen.

Auch bei den Aktiven ist Kevin Kranz in diesem Sommer im Staffel-Team angekommen. Nach dem unglücklichen Vorlauf-Aus bei der EM durch die Verletzung von Lucas Jakubczyk (SCC Berlin) gehen die Gedanken schon in Richtung Staffeleinsatz bei der WM in Doha (Katar; 27. September bis 6. Oktober). „Insgesamt kenne ich jetzt alle, die im 100-Meter-Sprint in Deutschland tätig sind“, blickt er auf sein Aufstiegsjahr zurück. „Ich verstehe mich mit allen gut.“

Das erste längere Wiedersehen wird es im Trainingslager im Januar auf Teneriffa (Spanien) geben. Da der Sprintaufsteiger des Jahres in den Perspektivkader berufen wurde, ist auch dieser Termin schon fest eingetragen. Natürlich ist es auch etwas stressig, schon so verplant zu sein. Aber die Freude darüber steht absolut im Vordergrund. „Das wird ein sehr interessantes Jahr“, schaut Kevin Kranz voraus. „Ich hoffe auf viele weitere positive Erlebnisse.“ 

Video "Berlin fliegt!": <link video:19426>Kevin Kranz zweimal der Schnellste im 30-Meter-Sprint <link video:19426>
Video U23-DM: <link video:18523>Kevin Kranz verblüfft mit EM-Norm für Berlin
Video U23-DM: <link video:18562>Kevin sprintet zum ersten Mal unter 21 Sekunden

Das sagt Bundestrainer Jörg Möckel:

Mit dem Sprintteam Wetzlar hat Kevin ein sehr gutes Umfeld und mit David Corell einen sehr engagierten Trainer, der seine Bachelorarbeit über das Blocktraining geschrieben hat. Dadurch, dass Kevin noch vergleichsweise frisch in der Leichtathletik ist, hat er vieles gleich richtig gelernt. Er ist wenig limitiert.

Kevin bringt Gelassenheit und einen gewissen Abstand mit. Er ist nicht aus der Ruhe zu bringen, auch in angespannten Situationen im Wettkampf. Außerdem kann Kevin gut beschleunigen. Den Rest entwickeln wir. Er macht technisch schon große Fortschritte. Entscheidend für ihn wird sein, sich in Feldern mit gleichstarken oder noch schnelleren Gegnern zu bewegen. Vorneweg zu rennen ist immer noch etwas anderes.

Es geht kurzfristig darum, mit Geduld Erfahrungen zu sammeln. Die Hallensaison ist die nächste Zwischenstation, die zeigen soll, wo Kevin steht und wie er sich in international stark besetzen Rennen behaupten kann. Ich gehe davon aus, dass er schnell ist, wenn er gesund bleibt. Dann geht es nach Yokohama zur Staffel-WM. Danach schauen wir, wie der Sommer genau geplant wird.

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