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Laura Müller - Im neuen Dress zu neuen Herausforderungen

2015 war ein turbulentes Jahr für 400-Meter-Läuferin Laura Müller: Nach erfolgreichem Abitur folgten mehrere Bestzeiten, DM-Silber und Platz sechs beim Saisonhöhepunkt, den U23-Europameisterschaften in Tallin (Estland). Dazu kommen noch Trainerwechsel, Vereinswechsel und Studiumsbeginn. Nun gilt ihre ganze Konzentration der Vorbereitung auf die Hallensaison.
Manuel Keil

Seit knapp zwei Wochen ist Laura Müller wieder im Training um sich auf die neue Saison vorzubereiten. „Ich bin besser als gedacht reingekommen“, verriet sie nach den ersten Trainingseinheiten, konnte aber auch eine Art „Ganzkörper-Muskelkater“ nicht verschweigen. Anders als in den vergangenen Jahren plant sie diesen Winter eine Hallensaison, ihre „erste richtige“, wie sie selbst sagt.

Wegen der Vorbereitung auf das Abitur im Frühjahr hatte sie im vergangenen Winter auf eine komplette Hallensaison verzichtet, konnte aber speziell auf der Unterdistanz über 60 Meter mit der Steigerung auf 7,41 Sekunden überzeugen. Im März gab es dann nach eigener Aussage Differenzen mit ihrem langjährigen Heimtrainer Franz-Josef Reinhard, was einen Wechsel in die Trainingsgruppe von Ulrich Knapp zur Folge hatte.

Erneut Einzelfinale bei internationalem Höhepunkt

Auf die angestrebte U23-EM-Norm musste Laura Müller zu Saisonbeginn zwar bis zu den Deutschen U23-Meisterschaften in Wetzlar warten. Beim Saisonhöhepunkt in Tallinn (Estland) konnte sie dann aber wie schon in den Jahren zuvor überzeugen. Der Steigerung auf 52,39 Sekunden im Vorlauf folgte ein sechster Platz im Finale und Platz vier mit der Staffel. Als Bonus folgte zwei Wochen später die Steigerung auf 52,33 Sekunden und Einzelsilber bei der DM in Nürnberg in ihrem ersten Jahr bei den Aktiven.

Ihren größten internationalen Erfolg hatte Laura Müller 2014 bei den U20-Weltmeisterschaften in Eugene (USA) gefeiert. Dort war sie als Vierte im Einzel nur knapp an einer Medaille vorbeigeschrammt. Edelmetall gab's dann mit der Staffel: Platz drei und Bronze.

Mit sieben Jahren zur Leichtathletik

Bevor die 19-Jährige sich auf die 400 Meter konzentrierte, war sie sehr vielseitig unterwegs. „Ich habe viel für den Mehrkampf trainiert und war auch ganz gut über die Hürden. Ich bin aber eine schlechte Werferin, so dass sich das dann irgendwann erledigt hat“, erinnert sie sich. Da sie früher ganz gut über die 800 Meter war, aber auch immer schon sehr schnell, fiel die Wahl schließlich auf die 400 Meter.

Dass dies die richtige Entscheidung war, zeigte sich schnell. Als sie sich 2013 auf ihre heutige Paradestrecke konzentrierte, schaffte sie auf Anhieb die Qualifikation für die U20-EM in Rieti (Italien), wo sie im Einzel Siebte wurde und mit der Staffel Bronze holte.

Ihre ersten Erfahrungen in der Leichtathletik hatte Laura Müller bereits im Alter von sieben Jahren gesammelt. „Ich war nie Ballsportler, sondern bin lieber gelaufen und gesprungen. Vor allem das Weglaufen beim Fangen hat mir viel Spaß gemacht. Mit meinen Freundinnen bin ich so früh zur Leichtathletik gekommen und konnte nicht mehr loslassen“, sagt sie.

Fokus auf Leistungssport und Psychologie-Studium

Damit auch in Zukunft neue Erfolgsgeschichten hinzukommen, hat die Vierteilmeilerin ihr komplettes Umfeld auf den Leistungssport ausgerichtet. Kurzzeitig gab es zwar Überlegungen, nach dem Abitur den Standort komplett zu wechseln. Das hätte aber ein Jahr vor den Olympischen Spiele in Rio (Brasilien) keinen Sinn gemacht, findet sie. „Saarbrücken ist ein guter Standort mit kurzen Wegen. Zudem habe ich mit Ulrich Knapp einen guten Trainer hier“, beschreibt sie die Vorteile.

So sei bei ihr schnell der Entschluss gefallen im Saarland zu bleiben. Nachdem neben dem Trainerwechsel im Laufe des Jahres auch die Entscheidung für einen Vereinswechsel gefallen war, sei für sie selbst von Beginn an nur der LC Rehlingen eine Option gewesen, erklärte sie in der vergangenen Woche bei der Pressekonferenz, auf der ihr Wechsel offiziell verkündet wurde. „Ich habe schon sehr oft Wettkämpfe hier gemacht, und das familiäre Umfeld gefällt mir. Ich denke es ist eine gute Entscheidung, dass ich hier her wechsele“, sagte sie dort.

Trainieren wird sie weiterhin in Saarbrücken am Olympiastützpunkt, wo sie auch wohnt. Ihr Zimmer hat sie an der Hermann-Neuberger-Sportschule, auf halber Strecke zwischen Leichtathletik-Anlagen und Uni-Campus - beide sind nur einen Fußmarsch entfernt. Optimal also auch für ihr Psychologie-Studium, das sie in dieser Woche begonnen hat. Um den Fokus auf den Leistungssport zu legen, will sie sich aber nicht den Druck der Regelstudienzeit auferlegen. In diesem Semester hat sie beispielsweise nur von Dienstag bis Donnerstag Lehrveranstaltungen belegt.

Höhere Intensitäten im Training

Mit diesem Stundenplan erhofft Laura Müller sich ausreichend Regenerationsphasen von den fünf bis sieben Trainingseinheiten pro Woche. Der Hauptunterschied im Training bei Ulrich Knapp seien die höheren Intensitäten und das spezifischere Krafttraining. „Hohe Umfänge bei kurzen Pausen habe ich vorher schon gemacht. Jetzt sind die Tempoläufe aber intensiver, weil die Pausen länger sind“, gibt sie ein Beispiel.

Wie das Training für die Hallensaison anschlägt, davon will sie sich überraschen lassen. „Wie ich da mit den 400 Metern klarkomme, wird man sehen. Ich bin auf jeden Fall gespannt“, ist sie bereits voller Vorfreude. „Uli meint, das liegt mir, weil ich vorne gut Druck machen kann und es in der Halle schwer ist vorbeizukommen, wenn man vorne ist.“ Nach der Hallensaison sind dann zwei Trainingslager in Belek (Türkei) und auf Mallorca (Spanien) geplant um die Freiluftsaison vorzubereiten.

Ziel EM-Teilnahme und Olympia-Quali mit der Staffel

Für die Freiluft-Saison formuliert Laura Müller schon wesentlich konkretere Ziele: „Ich würde meine Bestleistung gerne weiter steigern und eine 51er Zeit laufen“, sagt sie. Dabei liebäugelt sie auch mit einem Einzelstart bei den Europameisterschaften in Amsterdam (Niederlande). Außerdem hofft sie auf eine starke Rückkehr von Esther Cremer (TV Wattenscheid 01), sodass die DLV-Staffel spätestens bei der EM bessere Chancen für die Olympia-Qualifikation hat.

Zu einem ersten Aufeinandertreffen der deutschen Staffelkandidatinnen könnte es bereits am 16. Mai bei Rehlinger Pfingstsportfest kommen. Der LC Rehlingen möchte seinem neuen Aushängeschild beim Heimspiel auf jeden Fall ein qualitativ hochwertiges Starterfeld zusammenstellen.

Vorbild: Sanya Richards-Ross

Sollte tatsächlich die Qualifikation für Rio gelingen, könnte Laura Müller in Brasilien vielleicht erstmals auf ihr großes Vorbild Sanya Richards-Ross (USA) treffen. Zudem dürfte sie einen weiteren Ort zur Liste der Länder hinzufügen, die sie schon einmal besucht hat. „Ich reise gerne“, nennt sie eines ihrer Hobbys, das sie gut mit erfolgreichem Leistungssport kombinieren kann. Auch ein weiteres Hobby, das Kochen, passt sehr gut zum Sport - dabei kann sie selbst auf die passende Ernährung achten.

Zum Abschalten liest Laura Müller gerne mal ein Buch oder geht mit Freunden ins Kino. Viel Zeit ist dafür im Leben einer Leistungssportlerin zwar nicht. Aber die Neu-Rehlingerin wird den Verzicht gerne in Kauf nehmen, wenn dafür der Olympia-Traum in Erfüllung geht - mit dem Nah-Ziel Rio und dem Fernziel Tokio (Japan) 2020. Da wäre Laura Müller 24 Jahre alt. Ein gutes Alter für einen ersten Einzelstart auf der ganz großen Bühne.

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