| DOSB-Mitgliederversammlung

Leistungssport-Reform stockt – Alfons Hörmann sorgt sich um Tokio 2020

Bei der Umsetzung des Großprojekts Leistungssportreform geht es nur mühsam voran. Während der DOSB die Politik in die Pflicht nimmt, blicken die Verbände allmählich besorgt auf die Olympischen Spiele 2020 in Tokio.
SID/sb

Das Großprojekt steht still, die Verbände schlagen Alarm: Die umstrittene Leistungssportreform ist ein Jahr nach ihrer Verabschiedung ins Stocken geraten und bedroht nun sogar die deutschen Chancen bei den Olympischen Sommerspielen 2020. "Wenn wir nicht in den nächsten sechs bis neun Monaten Klarheit bekommen, ist die Gefahr groß, dass das Ergebnis in Tokio negativ von der Umstellung beeinflusst wird", sagte Präsident Alfons Hörmann im Anschluss an die 14. Mitgliederversammlung des Deutschen Olympischen Sportbundes (DOSB) in Koblenz.

Der Dachverband demonstrierte Einigkeit. Vor allem in der Darstellung, dass der organisierte Sport seine Hausaufgaben gemacht habe – und nun die Politik am Zug sei. Die Verzögerung sei "nicht von den Spitzenverbänden zu verantworten", hieß es in einer Stellungnahme der Spitzensportverbände. Die Folge: "Erheblichen Verunsicherung bei Athleten, Trainern und Verbänden" und "massiv" gefährdete Vorbereitungen auf Tokio 2020". Letztlich stimmten die 462 Delegierten den Forderungen der sogenannten "Leistungssport-Resolution" einstimmig zu.

"Politische Fragenzeichen in Berlin"

"Wir sind an einem Punkt, an dem die Möglichkeiten des Sports enden. Ohne die finanziellen Mittel geht es nicht weiter", betonte DOSB-Präsident Alfons Hörmann in seiner Rede: "Wir können nur hoffen, dass sich die politischen Fragezeichen in Berlin lösen."

Dort fehlt es weiterhin an einer Regierung und an einem entscheidungsfähigen Innenminister. Neben dem Warten auf mehr Geld aus Berlin bestimmten aber atmosphärische Störungen zwischen Politik und Sport zuletzt die Diskussionen.

Auch deshalb rief Thomas de Maizière, derzeit nur in geschäftsführender Funktion für den Sport zuständig, in seiner Rede zur Geschlossenheit auf. "Solche großen Reformen gelingen nur gemeinsam. Nicht übereinander reden, sondern miteinander – das ist eine Erfolgsbedingung", sagte der CDU-Politiker: "Solche großen Reformen werden nicht von Popcorn, Partyhüten und Konfettiregen begleitet."

Hoffnung auf "neuen Teamgeist"

De Maizière sagte erneut zu, sich für mehr Geld für den Spitzensport einzusetzen – wenn er denn auch weiterhin zuständig bleibe. Er betonte, dass er den Reformprozess als Innenminister gerne weiter begleiten würde. Allerdings solle man, so de Maizière, "solche Entwicklungen nie von einzelnen Personen abhängig machen". Nicht nur der Sport, sondern auch de Maizière weiß nicht, was die nächsten Wochen so alles bringen.

Bleibt er Innenminister, soll unmittelbar nach der Regierungsbildung bei einem Treffen mit allen an der Reform Beteiligten "neuer Teamgeist" gestiftet werden, sagt de Maizière. Noch am Tag vor der Mitgliederversammlung hatte DOSB-Sportvorstand Dirk Schimmelpfennig in einer Sitzung der Spitzensportverbände noch seinem Unmut über den Status quo und die Geldgeber aus Berlin unter lauten Applaus der Delegierten Luft gemacht – im Beisein von Gerhard Böhm, de Maizières Abteilungsleiter Sport.

Tiefe Gräben

Doch beim wichtigsten Thema konnte der Minister auch einen Tag später keine Zugeständnisse machen. Ohne neue Haushaltsverhandlungen einer neuen Regierung könne es kein neues Geld geben, sagte de Maizière und warnte: "Mehr Geld ersetzt nicht den Reformbedarf."

Die Gräben sind tief. Ausgerechnet bei einem der Kernpunkte der Reform liegen Bund, Länder und DOSB noch weit auseinander. Denn der im Reformentwurf fest verankerten Reduzierung der Bundesstützpunkte kommen Regional-, Verbands- und Politinteressen massiv in die Quere. Die Zankereien, die in Koblenz Thema fast jedes Gespräches waren, machen klar: Die Reform könnte weiter stocken - selbst wenn das Geld irgendwann doch mal fließt.

Abschied von Michael Vesper

Letztmalig leitete der DOSB-Vorstandsvorsitzende Michael Vesper die 14. DOSB-Mitgliederversammlung in Koblenz. Er hatte 2006 nach der DOSB-Gründung das Amt des Generaldirektors übernommen, das 2014 nach einer Strukturreform in den Posten des Vorstandsvorsitzenden überging, zum Jahresende scheidet er nun aus dem Vorstand aus. Seine Nachfolge tritt die Sportwissenschaftlerin Veronika Rücker, Präsidentin der DOSB-Führungsakademie, an.

Auf dem Tisch lag bei der Versammlung auch ein Antrag, den der Deutsche Leichtathletik-Verband (DLV) gemeinsam mit dem Radsport und Triathlon eingereicht hatte. Diskussionspunkt: Die Höhe des Beitrags, den einzelne Sportfachverbände an die Nationale Anti-Doping-Agentur NADA entrichten müssen. Nachdem beschlossen wurde, dass der Verteilungsschlüssel überarbeitet wird, zogen DLV, der Bund Deutscher Radfahrer (BDR) und die Deutsche Triathlon-Union (DTU) den Antrag zurück (<link news:60993>wir berichteten).

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