| Interview der Woche

Lisa Oed: „Marathon in New York war Aktiv-Urlaub“

Medizin-Studentin Lisa Oed war am Samstag in Pforzheim überragende Crossläuferin der U20. Eine Woche nach ihren 2:52:16 Stunden beim New York-Marathon machte die 19-Jährige vom SSC Hanau-Rodenbach souverän ihren Start bei der Cross-EM klar. Im Interview spricht die U20-Vize-Weltmeisterin im Berglauf und Achte der U20-WM über 3.000 Meter Hindernis über Erfahrungen, die sie während eines Studien-Semesters in den USA gesammelt hat, die Ziele für 2019 – und warum sie ihren ersten Marathonlauf nicht als Debüt sieht.
Harald Koken

Lisa Oed, eine Woche nach dem Marathonlauf in New York haben Sie beim Cross in Pforzheim den nächsten Parforceritt folgen lassen. War da von Jetlag und müden Beinen keine Spur?

Lisa Oed:

Ein bisschen habe ich es schon gemerkt. Ich weiß aber nicht, ob das durch den Marathon kam oder dadurch, dass ich zu wenig geschlafen hatte. Aber durchaus kann ein Marathon schon einmal eine Woche nachwirken. Wenn ich muskuläre Probleme gehabt hätte, hätte ich mich ganz auf den Cross in Darmstadt konzentriert. Das war mit meinem Trainer Sascha Arndt so abgesprochen. Jetzt aber kann ich ganz gelöst an Darmstadt herangehen, weil ich die Qualifikation für die Cross-EM abgehakt habe.

Der Marathon-Start in New York kam für viele Außenstehende überraschend. Wie war die Zielsetzung?

Lisa Oed:

Wir wollten das nicht an die große Glocke hängen. Da gibt’s ja immer wieder Kritiker, die fragen, ob man das in meinem Alter schon machen sollte. Ich persönlich sage auch: Es war noch kein Marathon-Debüt. Ich hatte einfach Lust auf ein Erlebnis, das war mit meinem Trainer abgesprochen. Wir haben gesagt, wir sehen das als Aktiv-Urlaub. Es war also nicht so, dass ich da einen Marathon voll laufen wollte. Die Vorgabe war Richtung 2:59 Stunden zu laufen. Mein Trainer hat gesagt: Lauf´ nicht viel schneller, genieß´ die Atmosphäre, denk´ an Pforzheim. Es war am Ende doch ein bisschen schneller, aber ich habe mich locker gefühlt. Es sollte eigentlich ein langer Dauerlauf sein. 

Stand denn in Pforzheim nur das Ticket für die Cross-EM im Mittelpunkt?

Lisa Oed:

Das war das primäre Ziel. Der Lauf war gut besetzt, aber nicht so stark, wie ich es erwartet habe. Ich hatte zum Beispiel mit Josina Papenfuß und Paulina Kayßer gerechnet, die nicht da waren. So konnte ich die Quali direkt abhaken. Was man hat, das hat man.

Wie ist die Zielsetzung für die Cross-EM in Tilburg?

Lisa Oed:

Das wurde ich nach dem Rennen in Pforzheim schon öfter gefragt. Ehrlich gesagt finde ich es sehr schwer zu sagen. Im Stadion hat man Meldelisten und kann vergleichen: Wo stehe ich? Wo stehen die anderen Läuferinnen von den Bestzeiten her? Aber im Cross ist das sehr schwer zu sagen. Aber ich denke schon, dass ich in die Top Ten laufen kann. Das ist mein Ziel. 

Berglauf, Hindernislauf, Crosslauf, Marathon als Erlebnislauf – was laufen Sie am liebsten? 

Lisa Oed:

Am liebsten alles. Ohne das andere würde mir etwas fehlen. Ich könnte nicht ohne Crosslauf, aber ich könnte auch nicht nur Crosslauf. Das würde mir zu langweilig werden. Im Sommer läuft man im Stadion, im Winter auf der Wiese oder wie in Pforzheim auf einem Acker. 

Aber derartige Belastungen schafft man nicht mit einem Umfang von 40 oder 50 Kilometern in der Woche, oder?!

Lisa Oed:

Ne. Ich rechne nicht mehr zusammen, aber die ganz extremen Umfänge machen wir nicht. Es kommt auch auf die Qualität an. Es geht nicht nur darum, Kilometer zu schrubben. Das ist auch eine Erfahrung, die ich aus den USA mitgebracht habe. Dort waren die Umfänge viel höher als hier zuhause. Ich glaube, dass die hohen Umfänge dort, die teilweise das Doppelte waren von dem, was ich hier laufe, mir gar nicht so viel gebracht haben. Ich habe aber gemerkt, wie wichtig die Regeneration ist. Dort haben sie viel bessere Möglichkeiten. Das werde ich auch hier in Angriff nehmen, indem ich zum Beispiel regelmäßig zur Physiotherapie gehe. 

Was machen Sie, wenn der Akku leer ist?

Lisa Oed:

Ich bin generell ein Mensch, der auf Schlaf achtet. Ich bin niemand, der immer bis Mitternacht wach ist, das war nie so. Wenn die Beine mal schwer waren, hieß es bisher auch öfter: Mama, kannst du mal massieren?

Wie sehen die Ziele fürs nächste Jahr aus – dann ja nicht mehr in der U20?

Lisa Oed:

Ich würde gerne in der nächsten Altersklasse an die Erfolge in der U20 anknüpfen und mich da etablieren. Bei den Frauen mitzumischen wird schwierig, deswegen ist es gut, dass es die U23 gibt. Aber ich weiß jetzt schon, dass es sehr hart wird, sich über die Hindernisse für die U23-EM zu qualifizieren. Der DLV hat im Moment einige starke Mädels am Start. Der Hindernislauf ist momentan so stark besetzt, dass eine Normerfüllung alleine nicht ausreicht. Man muss zu den besten Drei gehören. Über 5.000 Meter wird es wahrscheinlich genauso schwer werden. Ein anderes Traumziel ist die Universiade. Aber zunächst geht es darum, meine Bestzeit (9:57,45 min; d. Red) zu bestätigen. Ich möchte zeigen, dass die 10 Minuten eine Marke sind, die ich noch einmal brechen kann. Und zwar möglichst früh in der Saison.

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