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Nadja Käther will den Dreisprung aufmischen

Zur nationalen Spitze im Weitsprung zählt sie schon seit Jahren. Jetzt will sie auch den besten deutschen Dreispringerinnen Konkurrenz machen: Nadja Käther hat sich im Herbst dem Bundeskader von Tamas Kiss angeschlossen und feilt fleißig an Hop, Step und Jump. Die ersten Ergebnisse aus 2014 sind vielversprechend, ihre Fortschritte ebenfalls. Für 2015 nimmt sie nun neue Meilensteine und internationale Einsätze ins Visier.
Silke Morrissey

Der Wind wirbelt auf der Leichtathletik-Anlage von Stellenbosch den Sand der Sprunggrube über den Platz. Er zerrt an Kleidern und Haaren. Er bläst alles, was nicht gut verstaut ist, auf und davon. Einigen Athleten macht er die geplante Trainingseinheit zunichte. Nicht aber Nadja Käther. Sie nimmt die Herausforderung an – und nutzt die Böen von bis zu zehn Metern pro Sekunde als Rückenwind.

Es ist eine Szene, die wohl sinnbildlich steht für neue Ziele und neuen Schwung im Leben der Hamburgerin. Denn Nadja Käther hat eine neue Disziplin für sich entdeckt: Die Weitspringerin will künftig auch im Dreisprung vorne mitmischen.

Dass das ein realistisches Vorhaben ist zeigen schon die allerersten Sprünge, die sie Anfang 2014 in die Grube setzte. Bei den Landes-Hallenmeisterschaften von Hamburg und Schleswig-Holstein trat sie im Januar mit 15 bis 20 Trainingssprüngen an – und erzielte auf Anhieb 13,50 Meter. „Ok, krass!“ sei ihr da als erstes durch den Kopf geschossen. Im Sommer ließ Käther noch einmal 13,56 Meter folgen.

Mal was Neues ausprobieren

Die 26-Jährige war damit 2014 in Deutschland die Nummer fünf. Und das, obwohl sie den Dreisprung nur ins Trainingsprogramm integriert hatte, um wieder neue Motivation für den Weitsprung zu tanken. Denn hier lief es für die EM-Teilnehmerin von 2010 und Hallen-WM-Teilnehmerin von 2012 schon seit einer Weile nicht mehr nach Wunsch. Nadja Käther schleppte Schmerzen im Adduktoren-Bereich mit sich herum, für die niemand die Ursache fand. Irgendwann entschied sie gemeinsam mit ihrem Trainer Uwe Florczak, auf den Schmerz drauf zu trainieren. Und siehe da: Es funktionierte.

Gepaart mit neuen Impulsen durch das Dreisprung-Training ging es 2014 wieder bergauf. In der Halle erfüllte Nadja Käther mit 6,68 Metern den Richtwert für den Weitsprung-B-Kader. Dennoch entschied sie sich im Herbst dafür, sich dem Kader von Dreisprung-Bundestrainer Tamas Kiss anzuschließen.

Ob bei ihren Überlegungen auch die enorme Leistungsdichte im deutschen Weitsprung mit vier Athletinnen im Bereich zwischen 6,70 und 6,90 Meter und eine Rolle gespielt habe? „Die nationale Konkurrenz ist natürlich echt der Knaller!“ sagt Nadja Käther. Aber sie betont ebenso wie Uwe Florczak, dass sie sich auch im Weitsprung Leistungssteigerungen zutraut und weiterhin in dieser Disziplin starten werde. Ausschlaggebend für die Entscheidung zum Kaderwechsel sei vielmehr gewesen, dass sie mental etwas Neues gebraucht habe. „Ich beschäftige mich im Training mit anderen Dingen, habe neuen Input für den Kopf. Damit geht es mir total gut!“

Sprünge in die Horizontale

Die anderen deutschen Dreispringerinnen hat Nadja Käther bereits bei einem ersten Kaderlehrgang in Erfurt kennengelernt („Da habe ich mich auf einmal wie die kleine Neue gefühlt“), mit Bundestrainer Tamas Kiss stehen sie und ihr Trainer Uwe Florczak in regem Austausch. „Wir arbeiten im Team sehr eng zusammen“, sagt Florczak, der als Leitender Bundestrainer Sprung ohnehin darauf pocht, dass Trainer und Experten im gesamten Sprungbereich als Einheit agieren.

Den Beweis dafür treten sie gleich auf dem Sportplatz von Stellenbosch an. Nachdem Nadja Käther ihre Weitsprung-Serie abgeschlossen hat, gesellt sich Tamas Kiss zu Athletin und Trainer dazu. Mit geschultem Auge bewertet er die Rasen-Sprungläufe, die als nächstes auf dem Programm stehen und mit denen sich die Hamburgerin an die Abläufe im Dreisprung herantastet. Die neuen Herausforderungen: die hohen Geschwindigkeiten des Anlaufs in den Hop und Step mitzunehmen und dort die Energie nach vorne auszurichten, anders als im Weitsprung, wo es mit viel Speed hoch hinaus gehen soll. „Ein, zwei Dinge muss ich sicher noch verbessern – oder zehn“, lacht Nadja Käther.

Gewöhnen an höhere Belastungen

Zudem muss sich die Weitspringerin an die höheren Belastungen im Dreisprung gewöhnen. Diese hätten einen Disziplinwechsel noch vor ein paar Jahren unmöglich gemacht. „Mir haben schon früher Leute vorgeschlagen, es doch mal mit dem Dreisprung zu probieren“, berichtet Käther, und Uwe Florzcak verrät, dass zu diesen Personen auch Tamas Kiss gehöre. Doch Nadja Käther hatte Probleme mit dem Rücken. Erst in den vergangenen drei, vier Jahren sei sie mit viel Athletiktraining körperlich stabiler geworden.

Ihr Vorteil bei der Kombination der beiden Sprungdisziplinen ist außerdem, dass sie beim Weitsprung mit rechts abspringt, den Hop und Step beim Dreisprung aber mit links absolviert. So wird nicht einer der beiden Füße übermäßig stark beansprucht.

Ziel: 14 Meter und internationale Einsätze

Ganz ohne Schmerzen geht es trotzdem nicht: Ein Tape stabilisiert Nadja Käthers linkes Fußgelenk, das nun deutlich mehr arbeiten muss als zuvor. Dieses „Wehwehchen“ beeinträchtigt sie aber nicht, vielmehr ist es ein Warnsignal, es mit dem Training nicht gleich zu übertreiben. Die 26-Jährige hat sich für ihre „zweite Karriere“ viel vorgenommen. „Alles über 13,80 Meter ist Dreisprung“, sagt sie lachend. Und diese Marke soll nur eine Zwischenstation sein. 14 Meter ist das Ziel, das Käther und Florczak mittelfristig ausgegeben haben.

Diese Weite muss auch her, um mit der nationalen Spitze mitzuhalten. Denn die deutschen Dreispringerinnen haben sich zuletzt stark wie nie präsentiert. Mit Kristin Gierisch (LAC Erdgas Chemnitz), Jenny Elbe (Dresdner SC 1898) und Katja Demut (LC Jena) standen drei von ihnen 2014 im EM-Aufgebot für Zürich (Schweiz). Alle haben 14-Meter-Sprünge zuhauf auf ihrer Habenseite.

„Katja, Kiri und Jenny sind sehr erfahren, sie alle wissen, worauf es ankommt“, sagt Nadja Käther anerkennend. Mit Interesse habe sie beim ersten gemeinsamen Kaderlehrgang beobachtet, „was die anderen so machen“. Eingeschüchtert habe sie das aber nicht, im Gegenteil: „Ich traue mir das auch zu!“ Wenn es – wie zuletzt in der Hallensaison 2014 – parallel auch mit dem Weitsprung weiter voran geht, hätte sie sicher nichts dagegen. „Ich will international starten“, sagt Nadja Käther. Dafür hat sie ab sofort gleich zwei heiße Eisen im Feuer.

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