Ratingen Tag 1 – Der Siebenkampf von Disziplin zu Disziplin

Am Wochenende entscheidet sich in Ratingen, welche deutschen Mehrkämpfer zu den Olympischen Spielen nach Rio de Janeiro reisen. Die DLV-Mehrkämpferinnen treffen mit der britischen Olympiasiegerin Jessica Ennis-Hill auf hochkarätige internationale Konkurrenz. Hier können Sie die Entscheidung im Siebenkampf von Disziplin zu Disziplin mitverfolgen.

Martin Neumann

100 Meter Hürden

Ennis-Hill dominiert, Oeser strauchelt

Das 20. Jubiläums-Meeting in Ratingen startete bei 16 Grad und Dauerregen. Davon ließ sich Jessica Ennis-Hill nicht stoppen. Die Olympiasiegerin aus Großbritannien war klar die schnellste Hürdensprinterin unter den Siebenkämpferinnen und setzte sich bei leichtem Gegenwind mit 13,13 Sekunden durch. Dahinter folgte mit guten 13,48 Sekunden Carolin Schäfer (TV Friedrichstein). Eine starke Leistung bei wirklich schwierigen Bedingungen.

Den Kurs Richtung Olympia-Norm von 6.200 Punkten schlug auch Lilli Schwarzkopf ein. Als Vierte des schnellsten Laufs lief die Ulmerin 14,09 Sekunden und war nur 17 Hundertstel langsamer als Ende Mai in Götzis bei deutlich besserem Wetter. Ganz schwer wird’s hingegen für Jennifer Oeser mit der Rio-Norm. Die Leverkusenerin strauchelte nach wenigen Metern, verhinderte knapp einen Sturz und kämpfte sich noch nach 15,21 Sekunden ins Ziel. Damit verlor die WM-Zweite von 2009 mehr als 200 Punkte im Vergleich zu ihrer Saisonbestleistung.

Noch schlechter lief es für Yorgelis Rodriguez (Kuba). Die U20-Weltmeisterin von 2012 musste nach zwei Fehlstarts die Bahn mit null Punkten verlassen. Auf einen Start in Ratingen verzichtet hatte Claudia Rath. Die Frankfurterin laboriert noch an den Nachwirkungen einer Muskelverletzung, hat aber mit 6.290 Punkten in Götzis schon die Olympia-Norm geschafft. Das könnte nach diesem Auftakt in Ratingen für das Rio-Ticket reichen.

Hochsprung

Jennifer Oeser kämpft sich zurück

Den Siebenkampf-Auftakt hatte Jennifer Oeser verpatzt. Doch im Hochsprung zeigte die Leverkusenerin ihre Kämpfer-Qualitäten. Bei heftigem Regen sprang die WM-Dritte von 2009 im dritten Durchgang – ihr erster Versuch in kurzer Hose – blitzsauber über 1,81 Meter. Auf der Matte ballte die 32-Jährige die Faust und schrie ihre Freude heraus. Trotz ihres Hürden-Patzers (15,21 sec) bleibt für Jennifer Oeser die Olympia-Norm von 6.200 Punkten damit immer noch in Reichweite.

Mit Wut im Bauch ging auch Yorgelis Rodriguez an den Start. Nach zwei Fehlstarts über 100 Meter Hürden und dem daraus resultierenden „Salto Nullo“ rehabilitierte sich die Kubanerin mit Einstellung ihrer Hochsprung-Bestleistung von 1,87 Metern. Olympiasiegerin Jessica Ennis-Hill meisterte gute 1,84 Meter und liegt als Führende (2.134 Punkte) weiter auf Kurs Richtung 6.500 Punkte.

Rang zwei in der Zwischenwertung belegt nach 1,75 Metern im Hochsprung Carolin Schäfer. Die Friedrichsteinerin sammelte 1.969 Punkte und damit 95 Zähler weniger als zum selben Zeitpunkt bei ihrer Bestleistung in Götzis. Sie ist aber weiterhin klar die beste deutsche Mehrkämpferin im Feld. Lilli Schwarzkopf verlor in der zweiten Disziplin ein wenig an Boden. Nach 1,72 Metern war im Hochsprung Schluss für die Olympia-Zweite von 2012. Damit kommt die Ulmerin nach zwei Disziplinen auf 1.845 Punkte, 40 Zähler trennen sie nur noch von Jennifer Oeser.

Kugelstoß

Schäfer, Oeser und Ennis-Hill jubeln

Gleich im ersten Versuch gelang Carolin Schäfer der große Wurf. Im nassen Ring beförderte die EM-Vierte die Vier-Kilo-Kugel auf 14,56 Meter und damit drei Zentimeter weiter als je zuvor. Nach einem ungültigen zweiten Versuch verzichtete die 24-Jährige auf den finalen Stoß. Schäfers Marke aus Durchgang eins sollte in Ratingen keine Konkurrentin mehr übertreffen. Am nächsten kam ihr Jessica Ennis-Hill. Die Olympiasiegerin steigerte sich von Versuch zu Versuch und stieß mit 14,29 Metern Saisonbestleistung. Damit liegt die Britin weiterhin klar auf 6.500-Punkte-Kurs.

Mit drei Jubelsprüngen feierte Jenifer Oeser ihren gelungen dritten Versuch auf 14,23 Meter. Nur einmal hat die Leverkusenerin weiter gestoßen – 2009 in Berlin mit 14,29 Metern auf dem Weg zu WM-Silber. Mit dieser Leistung hat die 32-Jährige ihre Ausgangsposition Richtung Rio-Norm weiter verbessert, zumal Lilli Schwarzkopf mit 14,15 Metern im Kugelstoßring unter ihren Möglichkeiten blieb.

An der Spitze der Gesamtwertung bleibt Jessica Ennis-Hill mit 2.947 Punkten weiter klar in Führung vor Carolin Schäfer, die nach drei Disziplinen exakt auf 2.800 Zähler kommt. Dahinter folgen Lilli Schwarzkopf (2.649 Punkte) und die Schweizerin Michelle Zeltner (2.635 Punkte). Jennifer Oeser verkürzte mit 2.614 Punkten den Abstand zu Lilli Schwarzkopf auf 35 Zähler. Für das deutsche Duo ist weiterhin die Olympia-Norm von 6.200 Punkten in Reichweite.

200 Meter

Die Olympiasiegerin ist nicht zu stoppen

So schnell wie Jessica Ennis-Hill war noch nie eine Siebenkämpferin in Ratingen über 200 Meter unterwegs. Die Olympiasiegerin steigerte den Meetingrekord von Cindy Roleder um 32 Hundertstel auf 23,36 Sekunden. Speziell auf der zweiten Streckenhälfte bewies die Britin eine gute Sprintausdauer und hielt die Konkurrentinnen klar in Schach. Rang zwei ging an die Schweizer Sprint-Spezialistin Ellen Sprunger (23,66 sec) vor Carolin Schäfer (23,78 sec). „Das Wetter könnte besser sein, aber der Wettkampf läuft gut für mich“, sagte Jessica Ennis-Hill.

Nachdem sie nicht gut in den Siebenkampf gefunden hatte, verzichtete Lilli Schwarzkopf auf den 200-Meter-Start. Damit hat die Olympia-Zweite von 2012 die Olympia-Norm von 6.200 Punkten endgültig verpasst, da sie auch in Götzis Ende Mai lediglich auf 6.088 Punkte gekommen kam. Jennifer Oeser kämpfte sich über 200 Meter nach 24,94 Sekunden ins Ziel. Die Leverkusenerin kann mit einem optimalen zweiten Tag vielleicht noch die Olympia-Norm attackieren. „Der Tag war ein wenig durchwachsen. Leider stand in der ersten Disziplin eine Hürde im Weg, da wollte ich nicht drüber. Dafür konnte ich im Hochsprung und Kugelstoßen Punkte gutmachen. Ich werde morgen auf jeden Fall alles für die Olympia-Norm geben“, sagte die Leverkusenerin.

Als Olympia-Favoritin präsentierte sich am ersten Ratingen-Tag Jessica Ennis-Hill. Mit 3.990 Punkten zur Halbzeit hat die Weltmeisterin als Führende Kurs Richtung 6.600 Punkte eingeschlagen. Dahinter sammelte Carolin Schäfer als Zweite 3.802 Punkte und damit exakt 120 Zähler weniger als im Mai in Götzis, als sie ihre Bestleistung von 6.557 aufgestellt hatte. Mit Respektsabstand folgen auf den Plätzen drei und vier Michelle Zeltner (Schweiz; 3.570 Punkte) und Jennifer Oeser (3.506 Punkte).