| 91,28 Meter

Thomas Röhler – Sternstunde mit Standing Ovations

Speerwerfer Thomas Röhler hat im finnischen Turku am Mittwochabend zwei 91er-Würfe rausgehauen. In einem Wettkampf hat das vor ihm nur einer geschafft: Weltrekordler Jan Zelezný. Die Ausgangslage für die EM in Amsterdam und die Olympischen Spiele in Rio ist blendend.
dpa/pr

Zum Träumen war er nachts einfach zu müde, aber Gänsehaut bekam er auch am Morgen danach noch mal. Im Vaterland des Speerwurfs hat Thomas Röhler für eine Sternstunde der Leichtathletik gesorgt. "Zweimal in einem Wettkampf über 91 Meter, zweimal Standing Ovations von 15.500 Zuschauern, von den angeblich so kühlen Finnen. Und das ist in einem Land, wo Speerwurf Volkssport Nummer 1b ist – das ist schon etwas ganz Besonderes", sagte der 24-Jährige am Donnerstag der Deutschen Presse-Agentur (dpa) beim Zwischenstopp auf dem Stockholmer Flughafen. "Das macht einen super stolz."

Der Jenaer war am Mittwochabend die Attraktion bei den 54. Paavo-Nurmi-Games in Turku. Im dritten Versuch haute der Thüringer den Wurf raus, von dem ein Speerwerfer meist ein ganzes Leben lang träumt: 91,28 Meter! Und auch im fünften Durchgang riss er die Fans noch mal von den Sitzen: 91,04 Meter. "Bei den 91,28 habe ich die Arme hochgerissen. Wenn man dann von hinten nur noch den berühmten Punkt vom Speer sieht", erklärt Thomas Röhler, "dann kommt es dem perfekten Wurf schon ziemlich nahe. Aber mit dem Speerwerfen ist man nie fertig."

Boris Obergföll: "Wie ein 100-Meter-Sprint unter 9,90 Sekunden"

Seit 20 Jahren hat kein deutscher Athlet sein 800 Gramm schweres Arbeitsgerät weiter geworfen. Und auch nur der Magdeburger Raymond Hecht steht in der "ewigen" Rangliste mit 92,60 Metern vor ihm. Thomas Röhler ist jetzt die Nummer elf in der Welt, "sein" Bundestrainer Boris Obergföll steht nun auf Platz 14. Auch der frühere Weltklasse-Athlet war begeistert. "Phänomenal! Das ist wie ein 100-Meter-Sprint unter 9,90 Sekunden", sagte er der dpa.

Nur 15 Männer haben mit dem neuen Speer bisher die 90-Meter-Marke geknackt – Röhler gehört nun dazu. "Das hatte sich ja schon angedeutet. Thomas ist ein Perfektionist. Ich hoffe, er baut sich nun vor Olympia nicht zu viel Druck auf", meinte der Bundestrainer, Mann von Speerwurf-Ass Christina Obergföll (LG Offenburg). "Er könnte der erste deutsche Speerwerfer nach Klaus Wolfermann werden, der nach 44 Jahren wieder Olympia-Gold holt."

Bis kurz vor Mitternacht im Paavo-Nurmi-Stadion

Erst kurz vor Mitternacht kam Thomas Röhler aus dem Paavo-Nurmi-Stadion, um 4:00 Uhr musste er schon wieder aus den Federn. Doch Genugtuung und Stolz verdrängten die Müdigkeit. Erst seit 2009 wirft der Student für Wirtschaft und Sport den Speer, vorher war er Dreispringer. "Den Traum von den 90 Metern hegt man sehr, sehr früh", gab der WM-Vierte von Peking (China) zu. "Der motiviert einen jeden Tag im Training." Und nun gleich zwei 91er. "In einem Wettkampf hat das bisher nur Weltrekordler Jan Zelezný geschafft", versichert der Schützling von Trainer Harro Schwuchow.

Die Reaktionen waren noch am Abend überwältigend, verriet der Deutsche Meister, "sehr, sehr viele haben sich mit mir gefreut". Gefühlt "tausende Leute" hätten ihm geschrieben und gratuliert. In Deutschland ging die Nachricht in der Fangemeinde wie ein Lauffeuer herum. "Viele konnten sich den Wettkampf noch einmal auf Eurosport ansehen", sagte er.

Ganze 23 Zentimeter fehlten ihm im Vorjahr in Peking zu einer WM-Medaille – das soll dem ehrgeizigen Sportler nicht ein zweites Mal passieren. Und eigentlich gibt es vor der Leichtathletik-EM in Amsterdam (Niederlande; 6. bis 10. Juli) nur eine Frage: "Röhler, wer sonst?"

Quelle: Deutsche Presse-Agentur (dpa)

Mehr: 

<link video:13963>Thomas Röhler – Meine "Road to Rio"

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