| Im Porträt

Maja Schorr – Talent mit Köpfchen und Vorliebe für die Stadionrunde

Bei den Finals in Berlin war die gerade erst 18 Jahre alt gewordene Maja Schorr eine der beiden jüngsten Teilnehmerinnen über 400 Meter. In 53,64 Sekunden überzeugte sie mit einer neuen Bestzeit und verpasste nur knapp die Qualifikation für den Endlauf. Nun gilt ihr Fokus der Jugend-DM und der U20-WM als Saisonhöhepunkt
Manuel Keil

Die junge Saarländerin Maja Schorr (SV GO! Saar 05) konnte am Wochenende in Berlin ganz befreit auflaufen: Als U20-Athletin hatte sie bei ihrer DM-Premiere im Aktiven-Bereich überhaupt keinen Druck. „Es war einfach total cool bei einem so großen Event starten zu können, zumal es in Berlin im Olympiastadion stattgefunden hat“, freut sie sich. Es sei eine tolle Erfahrung gewesen auf der blauen Bahn zu laufen, auf der Usain Bolt bei der WM 2009 seine Weltrekorde gelaufen ist. Das nutzte sie in ihrem Vorlauf auf Bahn vier – die hatte auch Bolt bei seinem 100-Meter-Weltrekord – und steigerte sich auf 53,64 Sekunden.

Als Drittplatzierte ihres Laufs hatte sie zwar die insgesamt achtschnellste Zeit, für das kleine „q“ zum Finaleinzug fehlten am Ende aber 15 Hundertstelsekunden. „Ich bin trotzdem sehr zufrieden. Es war ja noch nicht meine DM, aber ich konnte wichtige Eindrücke sammeln. Außerdem freue ich mich über die Bestleistung“, lautete ihr Fazit. Dass sie überhaupt schon bei der Aktiven-DM am Start war, liegt am Termin ihrer Abiturfeier am kommenden Wochenende. Dort wird sie für ihr herausragendes Abitur mit der Traumnote 1,0 ausgezeichnet, weswegen sie auf einen Start bei der Bauhaus Juniorengala in Mannheim (2./3. Juli), zu sehen auch im Livestream auf leichtathletik.de, leider verzichten muss.

Fokus auf Jugend-DM und U20-WM – Fernziel Paris 2024

Im Herbst möchte Maja Schorr dann an der Universität des Saarlandes in Saarbrücken ein BWL-Studium beginnen. „Das passt ganz gut, weil die Uni direkt neben der Hermann Neuberger Sportschule ist, wo ich trainiere“, verrät sie. Bis dahin steht aber zunächst die weitere Wettkampfsaison im Vordergrund. Bei der Jugend-DM in Ulm (15. bis 17. Juli) will die 18-Jährige über ihre Paradestrecke zunächst ins Finale und dort eine Medaille gewinnen. „Es wäre natürlich schön, wenn ich auch in der neuen Altersklasse meinen U18-Titel verteidigen könnte“, ergänzt sie.

In Ulm werden zudem die endgültigen Tickets für die U20-WM in Cali (Kolumbien, 1. bis 6. August) vergeben. Dort möchte sie mit der deutschen 4x400-Meter-Staffel ins Finale kommen. Erste internationale Staffelerfahrungen durfte sie schon 2021 bei den U20-Europameisterschaften als 17-Jährige sammeln. Bei den Titelkämpfen in Tallinn (Estland) führte sie das DLV-Quartett als Schlussläuferin mit einer fliegenden Schlussrunde unter 53 Sekunden sogar zum Titel. Als Fernziel nennt sie eine Staffelteilnahme im benachbarten Frankreich bei den Olympischen Spielen 2024 in Paris (Frankreich).

Über die Familie zur Leichtathletik

Dass Maja Schorr in der Leichtathletik gelandet ist, ist wenig überraschend, wenn man sich ihre Familie anschaut. Majas ältere Schwester Lisa Schorr, die ihre aktive Laufbahn 2014 beendet hat, feierte ihre größten Erfolge im Sprint über 100 und 200 Meter. Als Trainer hatten und haben beide ihren Vater Werner Schorr an ihrer Seite, der früher ebenfalls Sprinter war. Er begann schon im Alter von 20 Jahren eher zufällig seine Trainertätigkeit und erklärt: „Seitdem ist das ein schönes Hobby als Ausgleich zu meiner Tätigkeit als bildender Künstler.“ In seiner fast 50-jährigen Trainerlaufbahn hat er seine Athletinnen und Athleten zu etlichen Titeln und Medaillen auch bei internationalen Meisterschaften geführt.

Lisa Schorr wurde 1999 Deutsche U18-Jugendmeisterin über 100 Meter in 11,75 Sekunden, was bis heute Saarlandrekord in der U18 und der U20 ist. Ihre Bestzeit steht bei 11,34 Sekunden, womit sie 2009 DM-Bronze in Ulm gewinnen konnte. Anschließend wurde sie für die 4x100-Meter-Staffel bei der WM in Berlin nominiert. Gerne erinnert sie sich an weitere DLV- Einsätze zurück – wie die im polnischen Bydgoszcz (Polen). „2003 haben wir bei der U23-EM Bronze über 4x100 Meter gewonnen“, erzählt die 40-Jährige, deren sportliche Aktivität sich heute auf das Unterrichten von Sport in der Schule beschränkt.

Ältere Schwester als Vorbild

„Ich bin stolz auf das, was Lisa alles erreicht hat. Sie ist auf jeden Fall ein Vorbild für mich“, sagt Maja Schorr über ihre ältere Schwester. Beide haben zwar nie richtig zusammen trainiert, gefühlt war sie aber dennoch immer dabei. „Ich war auch, bevor ich mit fünf Jahren im Verein beim TuS 1860 Neunkirchen, angefangen habe immer mit ins Trainingslager nach Portugal“, erinnert sich die 18-Jährige.

Wie Lisa Schorr früher startet auch Maja Schorr seit 2019 im Trikot des SV GO! Saar 05 Saarbrücken. Im selben Jahr hat sie erstmals gezeigt, dass sie einmal in die Fußstapfen ihrer großen Schwester treten kann. Sie wurde über 300 Meter in Saarlandrekord-Zeit von 39,43 Sekunden zunächst süddeutsche U16-Meisterin und holte später auch den Titel bei den Deutschen U16-Meisterschaften.

Rekord im ersten Lauf über die Stadionrunde

2020 lief Maja Schorr erstmals die 400 Meter in einem Wettkampf – und verbesserte in 54,87 Sekunden auf Anhieb den 21 Jahre alten Saarlandrekord von Larissa Kettenis. Noch schneller war sie bei der U18-DM, wo sie sich in 54,24 Sekunden über die Silbermedaille freuen konnte. Im Vorjahr vergoldete sie diese dann bei der Jugend-DM in Rostock, nachdem sie bei der Juniorengala in Mannheim in 53,95 Sekunden erstmals die 54-Sekunden-Marke knacken konnte. Als Belohnung gab es das Staffel-Ticket für die U20-EM in Tallinn. „Das war ein absolutes Highlight, weil wir Gold gewonnen haben und ich erste internationale Erfahrungen sammeln konnte“, kommt sie heute noch ins Schwärmen.

Damit weitere internationale Einsätze hinzukommen, arbeitet sie im Training viel an den Grundlagen und Zubringerwerten. „Maja kann Strecken von 60 bis 800 Meter laufen. Sie hat aber noch nicht die hohe Explosivität wie Lisa“, erklärt ihr Vater. In der Halle ist Maja Schorr nur über 60 und 800 Meter gestartet und hat zum Einstieg in die Freiluftsaison auf der Überdistanz in 2:08,81 Minuten eine neue persönliche Bestzeit aufgestellt. Insgesamt ist ihr Trainingspensum mit vier bis fünf Einheiten pro Woche noch überschaubar. „Jetzt nach dem Abitur habe ich aber angefangen manchmal auch vormittags eine lockere Einheit zusätzlich einzubauen, weil ich mehr Zeit habe“, verrät sie. Die gewonnene Zeit nutzt sie zudem für ihre Hobbys, wie das Lesen oder Fotografieren, die sonst häufig hinter dem Sport zurückstehen müssen.

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