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GEHEN MÄNNER | Christopher Linke erfüllt sich den Medaillentraum

Es war ein intensives Jahr für die Leichtathletik. Weltmeisterschaften in den USA. Europameisterschaften im eigenen Land. Und auch der Nachwuchs war international gefordert. Was bleibt in Erinnerung? Wir werfen einen Blick zurück auf dieses besondere Jahr 2022. Heute: das Gehen der Männer.
Silke Bernhart

Das ist 2022 passiert

Das Jahr 2022 hatte für alle deutschen Top-Geher ein Wechselbad der Gefühle parat. Da bildet auch Christopher Linke (SC Potsdam) keine Ausnahme, wenngleich die Saison für ihn mit einem großen Happy End ihren Abschluss fand: Bei der EM in München konnte sich der 34-Jährige nach zahllosen internationalen Top-Platzierungen mit Silber endlich den großen Traum von der internationalen Medaille erfüllen. Mit seiner Bestzeit von 2:29:30 Stunden setzte er über die 35 Kilometer zugleich eine Marke, die mit Einführung des Wettbewerbs in den nationalen Rekordlisten in Kürze als deutscher Rekord geführt werden dürfte.

Es war ein Erfolg, auf den Christopher Linke eigentlich schon für die WM in Eugene hingearbeitet hatte. Doch nachdem er dort über 20 Kilometer ausgestiegen war, um sich für die 35 Kilometer zu schonen, machte ihm dann eine Corona-Infektion die WM-Premiere auf der Langstrecke zunichte. Nils Brembach (SC Potsdam), Deutscher Meister über 20 Kilometer, musste seinen WM-Start schon vorher krankheitsbedingt absagen. Und auch für die Starter über 35 Kilometer Carl Dohmann (SC Heel Baden-Baden; 40.) und Karl Junghannß (LC Top Team Thüringen; 34.) war Eugene kein gutes Pflaster.

Besser war die Laune überwiegend nach dem Zieleinlauf bei der Heim-EM: Über 20 Kilometer jubelte Leo Köpp (LG Nord Berlin), mit 24 der jüngste der deutschen Top-Geher, über Platz neun. Karl Junghannß wurde 20. Nils Brembach musste dagegen aussteigen und die nächste Enttäuschung verdauen. Über 35 Kilometer feierte der Olympia-Zweite Jonathan Hilbert (LG Ohra Energie) am Ende einer von Krankheit und Verletzungen geplagten Saison mit Platz fünf einen Achtungserfolg. Carl Dohmann machte als Achter den dritten deutschen Platz in den Top Ten perfekt.

Eine internationale Medaille konnten die deutschen Geher darüber hinaus sogar gleich zu Beginn der Saison gemeinsam feiern: In Muscat im Oman holte die DLV-Mannschaft über 35 Kilometer Team-Bronze. Dort war es Karl Junghannß, der mit der Weltspitze mithalten konnte und mit dem sechsten Platz im Einzel sein Potenzial auf der neuen Strecke unterstrich.

Und in der Jugend? Machte besonders ein U18-Athlet richtig viel Freude: Frederick Weigel (SC Potsdam) sammelte national einen Titel nach dem nächsten ein und wurde bei der U18-EM in Jersualem (Israel) eindrucksvoll seiner Favoritenrolle gerecht: Gold über 10.000 Meter! Sein 15 Jahre junger Vereinskollege Nick Joel Richardt hatte kurz zuvor vom EYOF in Banska Bystrica (Slowakei) Silber über 5.000 Meter mit nach Hause gebracht. Es waren die ersten internationalen Jugend-Medaillen für die DLV-Geher seit 2011: Damals gewann Hagen Pohle Gold über 10.000 Meter bei der U20-EM. Zum Ende dieser Saison beendete der Potsdamer nun seine Karriere.


Internationale Erfolge

  Medaille Top-12-Platzierung
WM –  – 
EM Silber (Christopher Linke; 35 km) 5. Platz (Jonathan Hilbert; 35 km)
8. Platz (Carl Dohmann; 35 km)
9. Platz (Leo Köpp; 20 km)
U20-WM –  – 
U18-EM Gold (Frederick Weigel; 10.000 m) 9. Platz (Arvid Kockel; 10.000 m)
EYOF Silber (Nick Joel Richardt; 5.000 m) – 


Unser "Ass des Jahres"

Christopher Linke (SC Potsdam)
EM-Silber 35 Kilometer
Deutscher Meister 35 Kilometer

Unser "Talent des Jahres"

Frederick Weigel (SC Potsdam)
U18-Europameister 10.000 Meter
Deutscher U18-Meister 10 Kilometer
Deutscher U18-Meister 5.000 Meter


Die deutschen Top Ten 2022

20 Kilometer

Zeit Name Jahrgang Verein
1:20:32 h Nils Brembach 1993 SC Potsdam
1:20:53 h Karl Junghannß 1996 LC Top Team Thüringen
1:20:54 h Christopher Linke 1988 SC Potsdam
1:21:36 h Leo Köpp 1998 LG Nord Berlin
1:22:45 h Hagen Pohle 1992 SC Potsdam
1:30:08 h Johannes Frenzl 2001 SC Potsdam
1:31:37 h Carl Dohmann 1990 SC Heel Baden-Baden
1:32:09 h Nathaniel Seiler 1996 TV Bühlertal
1:45:01 h Pascal Artus 1988 Eintracht Frankfurt
1:46:37 h Malte Strunk 1973 Alemannia Aachen

35 Kilometer

Zeit Name Jahrgang Verein
2:29:30 h Christopher Linke 1988 SC Potsdam
2:30:58 h Carl Dohmann 1990 SCL Heel Baden-Baden
2:31:36 h Karl Junghannß 1996 LC Top Team Thüringen
2:32:44 h Jonathan Hilbert 1995 LG Ohra Energie
2:35:55 h Nathaniel Seiler 1996 TV Bühlertal
2:41:18 h Johannes Frenzl 2001 SC Potsdam
3:43:36 h Denis Franke 1969 TV Bühlertal


Statistik: Das sagen die Zahlen

Das deutsche Top-Niveau: 20 Kilometer Gehen

Jahr <1:21:45 h* Schnitt Top 3 Schnitt Top 5
2005 1 1:22:44 1:24:21
2006 1:23:33 1:25:18
2007 1 1:22:59 1:24:01
2008 1 1:23:06 1:23:59
2009 1 1:23:44 1:25:58
2010 1:23:11 1:24:36
2011 1 1:22:12 1:23:27
2012 2 1:21:48 1:23:05
2013 1:23:01 1:23:33
2014 3 1:21:24 1:21:57
2015 3 1:21:11 1:21:46
2016 5 1:20:05 1:21:04
2017 3 1:20:11 1:21:06
2018 3 1:21:13 1:22:06
2019 3 1:20:06 1:21:30
2020 1:27:45 1:36:01
2021 3 1:21:00 1:21:57
2022 4 1:20:46 1:21:20

Das deutsche Top-Niveau: 35 Kilometer Gehen

Jahr <2:33:00 h* Schnitt Top 3 Schnitt Top 5
2022 4 2:30:41 2:32:09


Jahresbestleistungen im internationalen Vergleich

20 Kilometer Gehen 

Jahr Deutschland Europa Diff. Welt Diff.
2005 1:20:00 (A. Höhne) 1:17:52 (Fernandez/ESP) 2:08 1:17:33 (Deakes/AUS) 2:27
2006 1:21:52 (A. Höhne) 1:18:18 (Markov/RUS) 3:34 1:18:17 (Li/CHN) 3:35
2007 1:20:32 (A. Höhne) 1:17:16 (Kanaykin/RUS) 3:16 1:17:16 (Kanaykin/RUS) 3:16
2008 1:20:19 (A. Höhne) 1:16:43 (Morozov/RUS) 3:36 1:16:43 (Morozov/RUS) 3:36
2009 1:21:30 (A. Höhne) 1:17:38 (Borchin/RUS) 3:52 1:17:38 (Borchin/RUS) 3:52
2010 1:22:18 (M. Berger) 1:18:24 (Schwazer/ITA) 3:54 1:18:24 (Schwazer/ITA) 3:54
2011 1:20:51 (C. Linke) 1:18:55 (Borchin/RUS) 1:56 1:18:30 (Wang/CHN) 2:21
2012 1:20:41 (C. Linke) 1:17:30 (Schwazer/ITA) 3:11 1:17:30 (Schwazer/ITA) 3:11
2013 1:22:36 (C. Linke) 1:18:28 (Trofimov/RUS) 4:08 1:18:28 (Trofimov/RUS) 4:08
2014 1:21:00 (C. Linke) 1:18:37 (Dmytrenko/RUS) 2:23 1:18:17 (Suzuki/JPN) 2:43
2015 1:20:37 (C. Linke) 1:17:02 (Diniz/FRA) 3:35 1:16:36 (Suzuki/JPN) 4:01
2016 1:19:19 (C. Linke) 1:19:11 (Karlström/SWE) 0:08 1:18:26 (Takahashi/JPN) 0:53
2017 1:18:59 (C. Linke) 1:18:26 (Shirobokov/ANA) 0:33 1:17:54 (Wang/CHN) 1:05
2018 1:20:40 (C. Linke) 1:17:25 (Shirobokov/ANA) 3:15 1:17:25 (Shirobokov/ANA) 3:15
2019 1:18:42 (C. Linke) 1:17:45 (Stano/ITA) 0:47 1:17:15 (Yamanishi/JPN) 1:27
2020 1:22:20 (L.Köpp) 1:19:31 (Korkmaz/TUR) 2:49 1:17:36 (Yamanishi/JPN) 4:44
2021 1:20:51 (C. Linke) 1:18:42 (Korkmaz/TUR) 2:09 1:16:54 (Wang/CHN) 3:57
2022 1:20:32 (N. Brembach) 1:17:47 (Mizinov/ANA) 2:45 1:17:47 (Mizinov/ANA) 2:45


35 Kilometer Gehen

Jahr Deutschland Europa Diff. Welt Diff.
2022 2:29:30 (C. Linke) 2:23:14 (Stanov/ITA) 6:16 2:23:14 (Stanov/ITA) 6:16


50 Kilometer Gehen

Jahr Deutschland Europa Diff. Welt Diff.
2005 4:12:40 (F. Werner) 3:38:08 (Kirdyapkin/RUS) 34:32 3:36:20 (Han/CHN) 36:20
2006 3:56:37 (A. Höhne) 3:38:08 (Nishegorodov/RUS) 18:29 3:38:08 (Nishegorodov/RUS) 18:29
2007 3:54:24 (M. Berger) 3:36:04 (Schwazer/ITA) 18:20 3:36:04 (Schwazer/ITA) 18:20
2008 3:49:03 (A. Höhne) 3:34:14 (Nishegorodov/RUS) 14:49 3:34:14 (Nishegorodov/RUS) 14:49
2009 3:43:19 (A. Höhne) 3:38:35 (Kirdyapkin/RUS) 4:44 3:38:35 (Kirdyapkin/RUS) 4:44
2010 3:49:29 (A. Höhne) 3:40:37 (Diniz/FRA) 8:52 3:40:37 (Diniz/FRA) 8:52
2011 3:52:56 (C. Linke) 3:38:46 (Bakulin/RUS) 14:10 3:38:46 (Bakulin/RUS) 14:10
2012 3:44:26 (A. Höhne) 3:35:59 (Kirdyapkin/RUS) 8:27 3:35:59 (Kirdyapkin/RUS) 8:27
2013 3:57:58 (C. Dohmann) 3:37:56 (Heffernan/IRL) 20:02 3:37:56 (Heffernan/IRL) 20:02
2014 3:51:27 (C. Dohmann) 3:32:33 (Diniz/FRA) 18:54 3:32:33 (Diniz/FRA) 18:54
2015 3:50:12 (C. Dohmann) 3:34:38 (Toth/SVK) 15:34 3:34:38 (Toth/SVK) 15:34
2016 3:47:54 (C. Dohmann) 3:37:48 (Diniz/FRA) 10:09 3:37:48 (Diniz/FRA) 10:09
2017 3:45:21 (C. Dohmann) 3:33:12 (Diniz/FRA) 12:09 3:33:12 (Diniz/FRA) 12:09
2018 3:50:27 (C. Dohmann) 3:42:20 (Bakulin/ANA) 8:07 3:42:20 (Bakulin/ANA) 8:07
2019 3:55:01 (K. Junghannß) 3:37:42 (Diniz/FRA) 17:18 3:36:45 (Kawano/JPN) 18:16
2020 3:57:34 (N. Seiler) 3:41:15 (Toth/SVK) 16:19 3:41:15 (Toth/SVK) 16:19
2021 3:43:44 (J. Hilbert) 3:43:44 (J. Hilbert) 0:00 3:38:42 (Maruo/JPN) 5:02

Das fällt auf:

  • Die deutschen Geher konnten auch in der Saison 2022 wieder internationale Glanzlichter setzen, besonders bei der Team-WM und bei den Heim-Europameisterschaften. Die Weltmeisterschaften dagegen gingen erstmals seit 2015 wieder ohne deutsche Top-Acht-Platzierung zu Ende.
  • Die neue 35-Kilometer-Strecke hat mit jeder Menge schneller Zeiten Einzug in das Wettkampf-Programm gehalten und auch für neue Dynamik in der Disziplin gesorgt. Für die DLV-Athleten gilt es in Zukunft, für die Kombination von Ausdauer, Speed und Technik ein noch besseres Maß zu finden: 27 Athleten blieben weltweit unter der Marke von 2:30 Stunden, davon mit Christopher Linke nur ein Deutscher.
  • Nils Brembach musste in dieser Saison einige Enttäuschungen wegstecken, führt aber dennoch zum ersten Mal die Jahres-Bestenliste über 20 Kilometer an.
  • Der Schnitt der Top Drei und Top Fünf liegt über 20 Kilometer weiter auf stabil hohem Niveau, auch wenn im Jahr 2022 kein DLV-Athlet die 1:20-Stunden-Marke knacken konnte.
  • Vier Athleten aus Russland führen auf der kürzeren Strecke die weltweite Rangliste an, bei internationalen Meisterschaften durften sie aus bekannten Gründen nicht starten.
  • Massimo Stano (Italien) gelang eindrucksvoll der Wechsel auf die kürzere Langstrecke, er schrieb damit gleich zweimal Geschichte: Auf den letzten Olympiasieg 2021 über 50 Kilometer folgte nahtlos die erste WM-Goldmedaille über 35 Kilometer.

Zu den weiteren Disziplin-Checks:

Sprint Frauen
Sprint Männer
Langsprint Frauen
Langsprint Männer
Hürdensprint Frauen
Hürdensprint Männer
Langhürden Frauen
Langhürden Männer
Mittelstrecke Frauen
Mittelstrecke Männer
Langstrecke Frauen
Langstrecke Männer
Hindernis Frauen
Hindernis Männer
Gehen Frauen

* als Referenzwert dient über 20 Kilometer die WM-Norm des Jahres 2017, über 35 Kilometer die WM-Norm des Jahres 2022

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