| Analyse

Der große Disziplin-Check 2019 – Langhürden Männer

Die Wettkampfsaison 2019 ist Geschichte. Ein langes Jahr, ein spannendes Jahr Leichtathletik liegt hinter uns. Der Höhepunkt? Zweifelsohne die WM in Doha. Doch auch in der Halle und bei den internationalen Nachwuchs-Meisterschaften machten die deutschen Athleten von sich reden. Wir blicken in unseren jährlichen Disziplinanalysen zurück und ziehen Bilanz. Heute: die 400 Meter Hürden der Männer.
Alexandra Dersch

Fazit des Bundestrainers

Volker Beck, wie fällt Ihre Bilanz für das WM-Jahr 2019 aus?

Volker Beck:

Wir haben in diesem Jahr einen Generationenwechsel vollzogen. Im Jahr 2014 standen wir mit zwei Finalteilnehmern bei der EM und hatten noch weitere vier Athleten im Hintergrund, von denen ich gedacht habe, dass wir mit ihnen den Weg zu den Olympischen Spielen 2020 gehen werden. Aus den verschiedensten Gründen hat das aber nicht sein sollen und nun, fünf Jahre später, haben wir eine neue Athletengeneration und ich darf sagen: Die Disziplin hat sich neu aufgestellt.

Wir hatten mit Luke Campbell und Constantin Preis zwei tolle Athleten bei der WM am Start. Bei der U23-EM gewann Emil Agyekum die Bronzemedaille. Constantin war hier mit Platz vier zurecht  enttäuscht, da er das Potenzial für deutlich mehr gehabt hätte. Aber auch daraus lernen wir. Joshua Abuaku stand im Finale der Universiade und hat sich, ähnlich wie Constantin, in diesem Sommer um über eine Sekunde gesteigert. Jan Elias-Pohl belegte überraschend den 5. Platz bei der U20 EM. Als Fazit kann ich feststellen, dass wir alle internationalen Meisterschaften besetzen und erfolgreich gestalten konnten.

Was war für Sie das ganz persönliche Highlight?

Volker Beck:

Mein Highlight waren die Deutschen Meisterschaften in Berlin. Vier Athleten unter 50 Sekunden - das war ein hochklassiges Finale, was mir viel Freude gemacht hat. Es sind alles noch junge Athleten, die allesamt noch viel Steigerungspotenzial in sich haben. Die Heimtrainer leisten hier gute Arbeit und wir alle funktionieren als Team gut, das zeigen mir auch solche Ergebnisse.

Worin sehen Sie die Aufgaben und Ziele für die kommende Saison mit den Olympischen Spielen in Tokio und der EM in Paris?

Volker Beck:

Mit Luke, Constantin, Joshua und Emil haben wir vier Athleten, denen ich die Qualifikation zutraue. Sei es über die Norm, oder das Rankingsystem. Ziel ist es, dass wir in Tokio drei Athleten unserer Disziplin an den Start schicken.

Bezüglich der EM stehen noch die Planungsgespräche mit den Athleten aus, wer einen Doppelstart in Betracht zieht. Die Konkurrenz in Europa ist groß, extrem groß sogar. Aber ein Platz unter den Top Sechs halte ich für machbar.

Internationale Erfolge 2019

  Medaillen (Weitere) Final-Platzierungen
WM  –  –
U23-EM 3. Platz Emil Agyekum 4. Platz Constantin Preis
U20-EM  – 5. Platz Janis-Elias Pohl
EYOF  –  –

Die deutschen Top Ten 2019

400 Meter Hürden

Zeit Name Jahrgang Verein
49,23 sec Constantin Preis 1998 VfL Sindelfingen
49,24 sec Luke Campbell 1994 LG Eintracht Frankfurt
49,49 sec Joshua Abuaku 1996 LG Eintracht Frankfurt
49,69 sec Emil Agyekum 1999 SCC Berlin
50,96 sec Janis-Elias Pohl 2000 LG Eintracht Frankfurt
51,15 sec Georg Fleischhauer 1988 LG Eintracht Frankfurt
51,67 sec Felix-Tombe Martens 1996 HNT Hamburg
52,01 sec Oliver Ollesch 1999 LAC Veltins Hochsauerland
52,05 sec Michael Adolf 1996 TSV Gräfelfing
52,05 sec Tim Holzapfel 1997 LG Steinlach-Zollern

Statistik – Das sagen die Zahlen

Das deutsche Top-Niveau

Jahr < 49,35
(WM-Norm 2017)
Schnitt Top 3 Schnitt Top 5 Schnitt Top 10
2005 1 49,69 50,04 50,79
2006 50,31 50,56 51,11
2007 50,50 50,73 51,25
2008 51,07 51,17 51,43
2009 1 49,74 50,12 50,58
2010 49,92 50,10 50,85
2011 1 49,33 49,56 50,40
2012 1 49,37 49,51 50,14
2013 1 49,50 49,80 50,30
2014 2 49,25 49,67 50,26
2015 50,08 50,28 50,87
2016 50,10 50,34 50,97
2017 49,86 50,16 50,63
2018 1 50,20 50,44 50,93
2019 2 49,31 49,72 50,75

Jahresbestleistungen im internationalen Vergleich

Jahr Deutschland Europa Diff Welt Diff
2005 49,17 (C. Duma) 48,24 (Iakovakis/GRE) 0,93 47,24 (Clement/USA) 1,93
2006 49,69 (C. Duma) 47,82 (Iakovakis/GRE) 1,87 47,39 (Clement/USA) 2,30
2007 50,37 (T. Goller) 48,12 (Plawgo/POL) 2,25 47,61 (Clement/USA) 2,76
2008 50,81 (L. Hense) 48,52 (Plawgo/POL) 2,29 47,25 (Taylor/USA) 3,65
2009 49,20 (T. Goller) 48,27 (Greene/GBR) 0,93 47,91 (Clement/USA) 1,29
2010 49,85 (G. Fleischhauer) 47,88 (Greene/GBR) 1,97 47,32 (Jackson/USA) 2,53
2011 48,72 (G. Fleischhauer) 48,20 (Greene/GBR) 0,52 47,66 (van Zyl/RSA) 1,06
2012 49,21 (S. Schirrmeister 47,84 (Greene/GBR) 1,37 47,63 (Sanchez/DOM) 1,58
2013 49,15 (S. Schirrmeister) 48,05 (Bekric/SRB) 1,10 47,69 (Gordon/TRI) 1,46
2014 48,93 (F. Franz) 48,47 (Hussein/SUI) 0,46 48,03 (Culson/PUR) 0,90
2015 49,87 (J. Hanßen) 48,05 (Kudryavtsev/RUS) 1,82 47,79 (Bett/KEN) 2,08
2016 49,48 (T. Giehl) 47,92 (Copello/TUR) 1,56 47,73 (Clement/USA) 1,75
2017 49,40 (L. Campbell) 48,22 (Warholm/NOR) 1,18 47,80 (McMaster/IVB) 1,60
2018 49,14 (L. Campbell) 47,64 (Warholm/NOR) 1,50 46,98 (Samba/QAT) 2,16
2019 49,23 (C. Preis) 46,92 (Warholm/NOR) 2,31 46,92 (Warholm/NOR) 2,31

Das fällt auf:

  • Ein neues Gesicht belebt die Disziplin: Constantin Preis hat sich in diesem Sommer ins Blickfeld katapultiert. Der Sindelfinger, der erst 21 Jahre alt ist, holte sich überraschend den Titel bei den Deutschen Meisterschaften und mit einer starken Bestzeit von 49,23 Sekunden auch direkt das Ticket für die WM. Ein Athlet, der auch aufgrund seiner Einstellung zum Sport und dem damit verbundenen Lebensstil auf Dauer eine Stütze sein kann.
  • Gleich zwei Deutsche schafften den Sprung zur WM. Neben dem Deutschen Meister Constantin Preis war es hier vor allem der Frankfurter Luke Campbell, der sich trotz seiner im Vorfeld so schwierigen Saison glänzend präsentierte und bei seiner WM-Premiere bis ins Halbfinale lief.
  • Das Potenzial für die WM hatte auch der Frankfurter Joshua Abuaku in den Beinen. In diesem Sommer steigerte er sich um satte 1 1/2 Sekunden. Bei der Universiade lieferte er im Finale auf Platz sieben eine stabile Leistung ab, die WM-Quali verpasste er allerdings knapp.
  • Der Aufschwung der Disziplin macht sich auch in Zahlen fest: 49,31 Sekunden - das ist der zweitbeste Top-Drei-Schnitt seit Beginn unserer Statistik im Jahr 2005. Nur 2014 war der Schnitt der besten drei deutschen 400-Meter-Hürdenläufer besser als in diesem Jahr.
  • Mit 20,5 Jahren ist der Altersdurchschnitt in dieser Disziplin niedrig - ein Punkt, der weiter Hoffnung für die Zukunft macht.
  • Apropos Zukunft: Janis-Elias Pohl ist einer der Athleten, der in Zukunft noch viel Freude machen kann. Bei der U20-EM lief er auf einen starken fünften Platz.
  • Mit Georg Fleischhauer verliert die Disziplin einen namhaften und lange Zeit erfolgreichen Athleten an den Bobsport.
  • Felix Franz (LG Neckar Enz) bleibt vom Verletzungspech verfolgt. Der EM-Fünfte der EM 2014 fiel in diesem Sommer wegen einer Achillessehnen-Verletzung aus. Das kommende Jahr wird ein entscheidendes für ihr werden.
  • Überflieger Karsten Warholm hat die Disziplin in Europa und auch weltweit auf ein neues Niveau gehoben. Gleich dreimal verbesserte der norwegische Hochbegabte in diesem Sommer den Europarekord und schob ihn erstmals unter die 47-Sekunden-Marke. In der Halle hatte er zudem den eigentlichen Spezialisten über die zwei Hallenrunden ohne Hürden keine Chance gelassen, als er sich bei der Hallen-EM in Glasgow (Großbritannien) Gold geholt und ganz nebenbei den Hallen-Europarekord von Thomas Schönlebe eingestellt hatte.

leichtathletik.TV-Clips zu den Langhürden

 400 Meter Hürden  

Die Disziplin-Analysen 2019 im Überblick:

Sprint Männer
Sprint Frauen
Langsprint Männer
Langsprint Frauen
Mittelstrecke Männer
Mittelstrecke Frauen
Langstrecke Männer
Langstrecke Frauen
Hürdensprint Männer
Hürdensprint Frauen

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