| Disziplin-Check

HINDERNIS FRAUEN | Dominatorin, Durchstarterin und das dritte U20-EM-Gold in Folge

Deutschlands Leichtathleten sprinten, laufen, gehen, springen, werfen und stoßen wieder! Leider 2021 aufgrund der fortwährenden Corona-Pandemie oft noch ohne Zuschauer. Aber auf der Ebene des Kader- und Leistungssports schon wieder mit fast allen hochkarätigen Wettkämpfen. Und schließlich auch mit den Olympischen Spielen in Tokio, die unter ganz besonderen Bedingungen stattfanden. Wir blicken zurück und ordnen, jeweils eingeleitet durch Interviews mit den Leitenden Bundestrainer:innen der Disziplingruppen, die Leistungen ein. Heute: Hindernislauf der Frauen.
Svenja Sapper

INTERVIEW MIT DEM LEITENDEN BUNDESTRAINER WERNER KLEIN

Das ist 2021 passiert

Zurück zu alter Stärke: Nachdem sie im vergangenen Jahr bei den Deutschen Meisterschaften in Braunschweig entkräftet hatte aufgeben müssen, eroberte Gesa Felicitas Krause (Silvesterlauf Trier) in diesem Jahr an selber Stätte ihre nationale Krone zurück und errang ihren sechsten deutschen Meistertitel in gewohnt souveräner Manier. Die Deutsche Rekordlerin präsentierte sich auch in der Diamond League mit zwei zweiten Plätzen stark. Und auch beim Saisonhöhepunkt enttäuschte sie nicht: Mit Platz fünf in Tokio (Japan) erzielte Krause nach dem siebten Rang in London (Großbritannien) 2012 und dem sechsten in Rio de Janeiro (Brasilien) 2016 ihre beste olympische Platzierung.

Bereits in der Hallensaison hatte sich die ausgezeichnete Form von Europas bester Hindernisläuferin der vergangenen Jahre angedeutet: Krause lief nicht nur bei den Deutschen Hallenmeisterschaften in Dortmund zum Titel über 1.500 Meter, sondern konnte bereits Anfang Februar, ebenfalls in Dortmund, auch über die selten gelaufene 2.000-Meter-Hindernis-Distanz mit einer schnellen Zeit (6:02,60 min) glänzen. Beim PSD Bank Meeting in der Helmut-Körnig-Halle schob sich auch jene Athletin ins Blickfeld, die in der Freiluftsaison den größten Leistungssprung hinlegen sollte: Lea Meyer (VfL Löningen), die in 6:03,39 Minuten nur knapp hinter Gesa Krause zurückblieb.

Mit einem Hausrekord von 9:54,84 Minuten war die 24-Jährige in die Saison gestartet. Eine Zeit, die sie bereits in ihrem ersten Saisonrennen in Rehlingen um 17 Sekunden unterbot (9:37,88 min). Mit dem zweiten Platz bei den Deutschen Meisterschaften in Braunschweig unterstrich die Niedersächsin ihre starke Form, bevor sie eine Woche später in Nizza (Frankreich) mit 9:29,26 Minuten endgültig den Durchbruch – und die Olympia-Norm – schaffte. 

Damit sortierte sich Meyer kurzzeitig auf Platz drei der ewigen deutschen Bestenliste ein – hinter Gesa Krause und der 2019 zurückgetretenen früheren Europameisterin Antje Möldner-Schmidt. Bis sich Anfang Juli die Deutsche Meisterin von 2020 Elena Burkard (LG farbtex Nordschwarzwald) wieder vorbeischob (9:27,81 min). Beide Athletinnen gingen auch in Tokio an den Start, Burkard verpasste das Final-Ticket lediglich um zwei Plätze (9:30,64 min). Auch Lea Meyer verkaufte sich mit der zweitschnellsten Zeit ihrer Karriere (9:33,00 min) teuer. Insgesamt knackten 2021 sieben Athletinnen die 10-Minuten-Marke, darunter auch Sanaa Schretzmair (TSV Bayer 04 Leverkusen), die sich in Abwesenheit der verletzten Elena Burkard Rang drei bei den Deutschen Meisterschaften sicherte.

Für die Medaillen war indes der Nachwuchs zuständig: Olivia Gürth (Diezer TSK Oranien) machte in Tallinn (Estland) den DLV-Hattrick bei U20-Europameisterschaften perfekt. Nach Lisa Oed (SSC Hanau-Rodenbach) 2017 und Paula Schneiders (LAZ Mönchengladbach) 2019 holte sie das dritte deutsche Gold bei U20-Europameisterschaften über 3.000 Meter Hindernis in Folge. Ihre Vorgängerin Schneiders hatte eine Woche zuvor, ebenfalls in Tallinn, Rang sieben bei den U23-Europameisterschaften belegt. Josina Papenfuß (SCC Berlin), 2019 Dritte der U20-EM, verkündete hingegen im Frühjahr das Ende ihrer Karriere.

Auch die noch jüngeren Jahrgänge stehen bereits in den Startlöchern: Ronja Funck (TV Jahn Walsrode) erlief sich bei den U20-Europameisterschaften Rang fünf mit europäischer Jahresbestleistung der U18 (10:16,62 min). Zum Saisonabschluss verblüffte die erst 16 Jahre alte Jolanda Kallabis (FT 1844 Freiburg) beim Flutlichtmeeting in Trier mit einer neuen deutschen U18-Bestleistung über 2.000 Meter Hindernis (6:28,75 min). Damit sortiert sie sich in der ewigen europäischen Bestenliste über die bei internationalen U18-Meisterschaften gelaufene Distanz auf Position fünf ein.

Internationale Erfolge

  Medaille Finalplatzierung
U20-EM Gold: Olivia Gürth (Diezer TSK Oranien) 5. Platz: Ronja Funck (TV Jahn Walsrode)
U23-EM –  7. Platz: Paula Schneiders (LAZ Mönchengladbach)
Olympische Spiele –  5. Platz: Gesa Felicitas Krause (Silvesterlauf Trier)

Unser "Ass des Jahres" 

Gesa Felicitas Krause (Silvesterlauf Trier)

Olympia-Fünfte über 3.000 Meter Hindernis
Sechster deutscher Meistertitel
Zum fünften Mal Europas Jahresbeste

Unser "Talent des Jahres"

Olivia Gürth (Diezer TSK Oranien)

U20-Europameisterin über 3.000 Meter Hindernis
Zweite in der europäischen Jahresbestenliste der U20
Deutsche U20-Meisterin über 2.000 Meter Hindernis

Die deutschen Top Ten 2021

Zeit Athletin Jahrgang Verein
9:07,61 min Gesa Felicitas Krause 1992 Silvesterlauf Trier
9:27,81 min Elena Burkard 1992 LG farbtex Nordschwarzwald
9:29,26 min Lea Meyer 1997 VfL Löningen
9:52,20 min Agnes Thurid Gers 1997 SCC Berlin
9:54,80 min Sanaa Schretzmair 1985 TSV Bayer 04 Leverkusen
9:55,26 min Leah Hanle 1997 TSV Holzelfingen
9:59,15 min Olivia Gürth 2002 Diezer TSK Oranien
10:04,65 min Lisa Vogelgesang 1999 Eintracht Hildesheim
10:06,44 min Paula Schneiders 2001 LAZ Mönchengladbach
10:14,00 min Kim Bödi 2001 VfL Sindelfingen

Statistik –  Das sagen die Zahlen 

Das deutsche Top-Niveau: 3.000 Meter Hindernis

Jahr < 9:39,00 min* Schnitt Top 3 Schnitt Top 5 Schnitt Top 10
2005 10:10,58 10:17,74 10:27,41
2006 10:02,66 10:09,19 10:22,44
2007 9:58,82 10:03,92 10:19,89
2008 1 9:45,91 9:54,55 10:06,54
2009 1 9:43,49 9:53,04 10:09,64
2010 9:52,17 10:00,34 10:10,72
2011 1 9:45,97 9:55,04 10:08,86
2012 2 9:26,13 9:43,16 10:00,37
2013 2 9:42,14 9:53,76 10:12,16
2014 2 9:36,14 9:42,58 9:57,32
2015 1 9:38,65 9:46,10 10:08,27
2016 2 9:29,91 9:37,09 9:56,49
2017 1 9:36,49 9:45,75 9:55,76
2018 3 9:28,61 9:33,98 9:46,48
2019 1 9:33,67 9:42,03 9:52,00
2020 1 9:51,33 9:58,94 10:15,06
2021 3 9:21,56 9:34,34 9:49,12

 Jahresbestleistungen im internationalen Vergleich

Jahr Deutschland Europa Diff. Welt Diff.
2005 9:56,70 (V. Dreier) 9:20,49 (Volkova/RUS) 36,21 9:15,04 (Inzikuru/UGA) 41,66
2006 9:48,50 (V. Dreier) 9:17,15 (Frankiewicz/POL) 31,35 9:17,15 (Frankiewicz/POL) 31,35
2007 9:53,25 (V. Dreier) 9:06,57 (Volkova/RUS) 46,68 9:06:57 (Volkova/RUS) 46,68
2008 9:29,86 (A. Möldner) 8:58,81 (Galkina/RUS) 31,05 8:58,81 (Galkina/RUS) 31,05
2009 9:18,54 (A. Möldner) 9:07,32 (Dominguez/ESP) 11,22 9:07,32 (Dominguez/ESP) 11,22
2010 9:47,78 (G. Krause) 9:17,07 (Dominguez/ESP) 30,71 9:11,71 (Chemos/ETH) 36,07
2011 9:32,72 (G. Krause) 9:07,03 (Zaripova/RUS) 25,71 9:07,03 (Zaripova/RUS) 25,71
2012 9:21,78 (A. Möldner-Schmidt) 9:05,02 (Zaripova/RUS) 16,79 9:05,02 (Zaripova/RUS) 16,79
2013 9:29,27 (A. Möldner-Schmidt) 9:28,00 (Zaripova/RUS) 1,27 9:11,65 (Chemos/KEN) 17,62
2014 9:29,43 (A. Möldner-Schmidt) 9:23,86 (Fougberg/SWE) 5,57 9:10,64  (Ayalew/ETH) 18,79
2015 9:19,25 (G. Krause) 9:19,25 (G. Krause) 0,00 9:05,36  (Ghribi/TUN) 13,89
2016 9:18,41 (G. Krause) 9:18,41 (G. Krause) 0,00 8:52,78 (Jebet/BRN) 25,63
2017 9:11,85 (G. Krause) 9:11,85 (G. Krause) 0,00 8:55,29 (Jebet/BRN) 16,56
2018 9:19,80 (G. Krause) 9:18,36 (Grovdal/NOR) 1,44 8:44,32 (Chepkoech/KEN) 35,48
2019 9:03,30 (G. Krause) 9:03,30 (G. Krause) 0,00 8:55,58 (Chepkoech/KEN) 7,72
2020 9:35,67 (E. Burkard) 9:16,84 (Ivonina/ANA) 18,83 9:06,14 (Kiyeng/KEN) 29,53
2021 9:07,61 (G. Krause) 9:07,61 (G. Krause) 0,00 8:53,65 (Jeruto/KEN) 13,96

Das fällt auf:  

  • Nachdem die Top Drei, Top Fünf und Top Ten-Werte im vergangenen Jahr, bedingt durch den Ausfall von Gesa Krause, stark abgefallen waren, sind die Durchschnittswerte der drei schnellsten Hindernisläuferinnen nun so schnell wie nie zuvor. Die Top Fünf und Top Ten erreichen den zweitbesten Wert seit Einführung der Disziplinanalyse auf leichtathletik.de.
  • Erst zum zweiten Mal seit 2005 haben drei Läuferinnen den Schwellenwert* von 9:39 Minuten unterboten. Und das deutlich: Elena Burkard und Lea Meyer blieben beide auch unter 9:30 Minuten.
  • Lediglich 2019, als sie WM-Bronze gewann und ihren deutschen Rekord von 9:03,30 Minuten aufstellte, war Gesa Felicitas Krause schneller unterwegs als in ihrem besten Rennen 2021.
  • Bereits zum fünften Mal führt Gesa Krause in diesem Jahr die europäische Jahresbestenliste an. Seit 2005, als der Hindernislauf der Frauen seine WM-Premiere feierte, konnte keine Athletin diese Disziplin auf kontinentaler Ebene so dominieren wie aktuell die Läuferin aus Trier.
  • Norah Jeruto führt 2021 die Weltjahresbestenliste an, für die Olympischen Spiele konnte sich die Kenianerin jedoch nicht qualifizieren. Peruth Chemutai (Uganda), Courtney Frerichs (USA) und Hyvin Jepkemoi (Kenia) holten sich die olympischen Medaillen.

leichtathletik.TV-Clips:

3.000 Meter Hindernis

Die Disziplin-Analysen im Überblick:

Sprint Frauen
Sprint Männer
Langsprint Frauen
Langsprint Männer
Hürdensprint Frauen
Hürdensprint Männer
Langhürden Frauen
Langhürden Männer
Mittelstrecke Frauen
Langstrecke Frauen
Langstrecke Männer

* als Referenzwert dient die WM-Norm des Jahres 2017

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