MARATHON/STRASSE FRAUEN | Miriam Dattke führt goldenes Team an

Es war ein intensives Jahr für die Leichtathletik. Weltmeisterschaften in den USA. Europameisterschaften im eigenen Land. Und auch der Nachwuchs war international gefordert. Was bleibt in Erinnerung? Wir werfen einen Blick zurück auf dieses besondere Jahr 2022. Heute: Marathon und Straßenlauf der Frauen.

Jan-Henner Reitze

Das ist passiert in 2022

Der Eröffnungs-Tag der EM in München ist in der vergangenen Saison für die besten DLV-Marathonläuferinnen der Tag X gewesen. Obwohl es vorher schon ein hartes Stück Arbeit für sie war, sich überhaupt einen Startplatz für diese internationale Meisterschaft vor Heim-Publikum zu sichern. Im Vorfeld wurde viel über die späte Startzeit und mögliche Hitze an diesem Montag im August gesprochen, die sich dann auch einstellte – wenngleich nicht in dem Maße, wie befürchtet. Im Nachhinein prägten jedoch die herausragenden Leistungen der DLV-Akteure und ein spannendes Finish auf der langen Zielgeraden am Münchner Odeonsplatz die Schlagzeilen. Gleichzeitig war es ein Auftakt nach Maß für die deutsche Leichtathletik-Mannschaft in eine Woche voller Highlights.

Angeführt von Miriam Dattke (LG Telis Finanz Regensburg; 2:28:52 h), die als Viertplatzierte zeitgleich mit der Bronzemedaillen-Gewinnerin Nienke Brinkman (Niederlande) hauchdünn an einer Einzel-Medaille vorbeischrammte, sicherten sich die DLV-Läuferinnen Gold im Team. Für diese Wertung zählten noch der sechste Platz von Domenika Mayer (LG Telis Finanz Regensburg; 2:29:21 h) und der zehnte Rang von Deborah Schöneborn (SCC Berlin; 2:30:35 h). Aber auch dahinter überzeugten Rabea Schöneborn (SCC Berlin; 2:31:36 h) als Zwölfte, Katharina Steinruck (Eintracht Frankfurt; 2:32:41 h) als 15. und Kristina Hendel (LG Braunschweig; 2:35:14 h) auf Platz 20. Eine bärenstarke, geschlossene Vorstellung. Viel mehr Wünsche hätten sich an diesem Tag X nicht erfüllen können.

Als Europameisterin über 5.000 Meter sorgte auch Konstanze Klosterhalfen (TSV Bayer 04 Leverkusen) in München für eine Sternstunde. Ihre bekannte Ausdauerstärke stellte die 25-Jährige in diesem Jahr erstmals eindrucksvoll auch über die Halbmarathon-Distanz unter Beweis. Beim Debüt über diese Distanz in Valencia (Spanien) rannte die Deutsche Rekordlerin auf den Bahnstrecken von 3.000 bis 10.000 Metern starker internationaler Konkurrenz davon und in 1:05:41 Stunden an Position drei in der ewigen europäischen Bestenliste, hinter Sifan Hassan (Niederlande; 1:05:15 h) und Melat Kejeta (Laufteam Kassel; 1:05:18 h), die eine Babypause eingelegt hat.

Unglücklich ist das Marathon-Jahr von Laura Hottenrott (PSV Grün-Weiß Kassel) verlaufen, die jeweils krankheitsbedingt ihre Starts bei der WM in Eugene (USA) und in Frankfurt absagen musste. Auf der Habenseite steht der Titel bei der Halbmarathon-DM. Nicht ganz an ihre Bestleistungen aus dem Vorjahr kam Blanka Dörfel (SCC Berlin) in ihrem ersten U23-Jahr heran, dennoch bleibt das Potenzial, in den kommenden Jahren ganz vorne in der nationalen Spitze mitzumischen.

Internationale Erfolge

	Medaille	Finalplatzierung
WM	–	–
EM	Gold: Team	4. Platz (Miriam Dattke) 6. Platz (Domenika Mayer) 10. Platz (Deborah Schöneborn) 12. Platz (Rabea Schöneborn) 15. Platz (Katharina Steinruck) 20. Platz (Kristina Hendel)

Unser "Ass des Jahres"

Miriam Dattke (LG Telis Finanz Regensburg)

EM-Vierte
EM-Gold im Team
Jahresschnellste im Marathon

Unser "Talent des Jahres"

Blanka Dörfel (SCC Berlin)

Deutsche U23-Meisterin im Halbmarathon
Dritte DM 10 Kilometer Straßenlauf

Die deutschen Top Ten 2022

Halbmarathon

Zeit	Name	Jahrgang	Verein
1:05:41	Konstanze Klosterhalfen	1997	TSV Bayer 04 Leverkusen
1:09:38	Katharina Steinruck	1989	Eintracht Frankfurt
1:10:36	Kristina Hendel	1996	LG Braunschweig
1:11:14	Laura Hottenrott	1992	PSV Grün-Weiß Kassel
1:12:39	Deborah Schöneborn	1994	SCC Berlin
1:13:01	Blanka Dörfel	2002	SCC Berlin
1:13:10	Rabea Schöneborn	1992	SCC Berlin
1:13:19	Victoria Brandt	1989	LAC Olympia 88 Berlin
1:13:21	Natascha Mommers	1984	TSV 1863 Herdecke
1:13:36	Maria Brand	1996	LG Telis Finanz Regensburg

Marathon

Weite	Name	Jahrgang	Verein
2:26:45	Miriam Dattke	1998	LG Telis Finanz Regensburg
2:26:50	Domenika Mayer	1990	LG Telis Finanz Regensburg
2:27:29	Kristina Hendel	1996	LG Braunschweig
2:27:34	Rabea Schöneborn	1994	SCC Berlin
2:29:61	Deborah Schöneborn	1994	SCC Berlin
2:32:41	Katharina Steinruck	1989	Eintracht Frankfurt
2:33:20	Thea Heim	1992	LG Telis Finanz Regensburg
2:33:51	Tabea Themann	1992	Turnerbund Hamburg Eilbeck
2:34:28	Jana Soethout	1989	LAC Olympia 88 Berlin
2:37:09	Anais Sabrié	1994	LAV Stadtwerke Tübingen

Statistik – Das sagen die Zahlen

Das deutsche Top-Niveau im Marathon

Jahr	≥ 2,29:30 h*	Schnitt Top 3	Schnitt Top 5	Schnitt Top 10
2005	1	2:29:19	2:34:57	2:39:35
2006	1	2:30:15	2:31:47	2:37:32
2007	2	2:24:17	2:29:08	2:34:08
2008	3	2:24:40	2:26:42	2:33:13
2009	2	2:27:14	2:30:15	2:35:23
2010	2	2:28:29	2:32:53	2:39:01
2011	3	2:26:25	2:30:54	2:37:55
2012	1	2:28:30	2:30:23	2:35:47
2013	4	2:27:20	2:28:18	2:33:32
2014	1	2:31:30	2:35:29	2:41:02
2015	2	2:29:07	2:30:23	2:36:19
2016	3	2:27:22	2:28:50	2:34:04
2017	4	2:28:24	2:29:47	2:34:16
2018	1	2:30:39	2:32:27	2:37:51
2019	2	2:27:33	2:30:09	2:34:22
2020	4	2:28:00	2:30:25	2:44:51
2021	5	2:26:51	2:27:34	2:32:45
2022	4	2:27:01	2:27:42	2:31:00

Marathon-Jahresbestleistungen im internationalen Vergleich

Jahr	Deutschland	Europa	Diff.	Welt	Diff.
2005	2:26:44 (L. Zaituc)	2:17:42 (Radcliffe/GBR)	9:02	2:17:42 (Radcliffe/GBR)	9:02
2006	2:28:30 (L. Zaituc)	2:20:47 (Bogomolova/RUS)	7:43	2:19:36 (Kastor/USA)	8:54
2007	2:24:51 (I. Mikitenko)	2:23:09 (Radcliffe/GBR)	1:42	2:20:38 (Zhou/CHN)	4:13
2008	2:19:19 (I. Mikitenko)	2:19:19 (I. Mikitenko)	0:00	2:19:19 (I. Mikitenko)	0:00
2009	2:22:11 (I. Mikitenko)	2:22:11 (I. Mikitenko)	0:00	2:22:11 (I. Mikitenko)	0:00
2010	2:26:21 (S. Mockenhaupt)	2:23:50 (Konovalova/RUS)	2:31	2:22:04 (Baysa/ETH)	4:17
2011	2:22:18 (I. Mikitenko)	2:22:18 (I. Mikitenko)	0:00	2:22:18 (I. Mikitenko)	0:00
2012	2:24:53 (I. Mikitenko)	2:23:29 (Arkhipova/RUS)	1:24	2:18:37 (Keitany/KEN)	6:16
2013	2:24:54 (I. Mikitenko)	2:22:46 (Konovalova/RUS)	2:08	2:19:57 (Jeptoo/KEN)	4:47
2014	2:26:44 (A. Hahner)	2:21:29 (Duliba/BLR)	5:37	2:18:57 h (Jeptoo/KEN)	7:47
2015	2:28:39 (L. Hahner)	2:22:09 (Gamera/UKR)	6:30	2:19:25 (Cherono/KEN)	9:14
2016	2:25:42 (F. Tola)	2:23:54 (Mazuronak/BLR)	1:48	2:19:41 (Tsegaye/ETH)	6:01
2017	2:27:48 (F. Tola)	2:25:30 (Augusto/POR)	2:18	2:17:01 (Keitany/KEN)	10:47
2018	2:29:29 (A. Scherl)	2:25:25 (Mazuronak/BLR)	4:04	2:18:11 (Cherono/KEN)	11:18
2019	2:23:57 (M. Kejeta Yisak)	2:19:46 (Salpeter/ISR)	4:11	2:14:04 (Kosgei/KEN)	9:53
2020	2:26:55 (D. Schöneborn)	2:17:45 (Salpeter/ISR)	9:10	2:17:16 (Jepchirchir/KEN)	9:39
2021	2:25:59 (K. Steinruck)	2:18:54 (Salpeter/ISR)	7:05	2:17:43 (Jepkosgei/KEN)	8:16
2022	2:26:45 (M. Dattke)	2:14:18 (Chepngetich/KEN)	12:27	2:18: 04 Melly (ROM)	8:41

Das fällt auf:

Die international rasante Entwickling im Straßenlauf zeigt sich auch im DLV, vor allem in einer immer breiter aufgestellten Spitze.
Miriam Dattke hat in diesem Jahr ihre ersten beiden Marathon-Rennen überhaupt beendet und ist im Alter von erst 24 Jahren gleich auf EM-Rang vier durchgestartet.
Fast „spontan“ ist Domenika Mayer zur EM-Sechsten und Team-Titelträgerin im Marathon geworden. Erst vier Wochen vor dem Startschuss in Hannover entschied sich die 32-Jährige für ihr Debüt, das sie in 2:26:50 Stunden gewann und sich damit für München qualifizierte. Obendrauf brachte das erste Marathon-Rennen auch den DM-Titel.
Bei der geborenen Kroatin Kristina Hendel war es das Startrecht für den DLV, was erst im Juli kurz vor der EM nach den sportlichen auch die formalen Voraussetzungen für das Debüt im DLV-Trikot perfekt machte.
In 2:18:11 Stunden war Gotytom Gebreslase bei ihrem Sieg in Eugene so schnell wie noch keine Marathon-Weltmeisterin vor ihr.
Fünf der aktuell zehn schnellsten Marathon-Zeiten in der Geschichte der Frauen stammen aus dem Jahr 2022.