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ZEHNKAMPF | Kleiner Dämpfer nach goldenen Jahren

Deutschlands Leichtathleten sprinten, laufen, gehen, springen, werfen und stoßen wieder! Leider 2021 aufgrund der fortwährenden Corona-Pandemie oft noch ohne Zuschauer. Aber auf der Ebene des Kader- und Leistungssports schon wieder mit fast allen hochkarätigen Wettkämpfen. Und schließlich auch mit den Olympischen Spielen in Tokio, die unter ganz besonderen Bedingungen stattfanden. Wir blicken zurück und ordnen, jeweils eingeleitet durch Interviews mit den Leitenden Bundestrainerinnen und Bundestrainern der Disziplingruppen, die Leistungen ein. Heute: der Zehnkampf.
Alexandra Dersch

INTERVIEW zum mehrkampf mit Frank Müller

Das ist passiert in 2021

Die Zehnkämpfer haben Leichtathletik-Deutschland in den vergangenen Jahren verwöhnt. Gold bei der EM 2018 durch Arthur Abele (SSV Ulm). Gold bei der WM 2019 durch Niklas Kaul (USC Mainz). Ein Zustand, an den man sich zu gern gewöhnen würde. Der aber eben nicht planbar ist. Und so geht mit 2021 ein Jahr zu Ende, in dem der deutsche Zehnkampf keine Medaille gewinnen konnte. Denn Zehnkämpfer gelten zwar allesamt als die Könige der Athleten, sind aber eben doch menschlich.

Niklas Kaul etwa, der jüngste Zehnkampf-Weltmeister aller Zeiten - er kam in diesem Jahr zurück nach einer Ellbogen-Operation, die er im ersten Jahr der Corona-Pandemie hatte durchführen lassen. In Tokio, bei seinen ersten Olympischen Spielen, lag er auf Bestleistungskurs, eine Medaille war durchaus im erreichbaren Bereich. Doch dann verletzte sich der 23-Jährige nach dem Hochsprung. Seinen 400-Meter-Lauf konnte er nicht mehr beenden. Die Enttäuschung stand ihm ins Gesicht geschrieben.

Eine Rechnung noch offen mit Olympischen Spielen hat nach dieser Saison auch Kai Kazmirek (LG Rhein Wied). Nach dem der WM-Dritte des Jahres 2017 im gesamten Jahr nicht sein ganzes Können zeigen konnte, kündigte er nach seinem 14. Platz in Tokio an, seine Karriere noch drei Jahre fortzusetzen. Übersetzt heißt das: bis zu den Olympischen Spielen 2024 in Paris (Frankreich).

Einer der Athleten, der 2021 sportlich zu seinem Jahr machte, ist Andreas Bechmann. Der Frankfurter steigerte bei der U23-EM, frisch erblondet, seine Bestleistung auf 8.142 Punkte und setzte mit der Goldmedaille die deutsche Erfolgsbilanz bei U23-Europameisterschaften fort. Im Frühjahr hatte er bereits internationale Erfahrung mit Platz sechs bei der Hallen-EM sammeln können.

Die beste internationale Platzierung in der Jugend gelang dem Hallenser Till Steinforth, der bei der U20-EM auf Platz neun den Wettkampf beendete und über das Jahr gesehen in acht der zehn Disziplinen neue Bestleistungen aufstellen konnte.

Internationale Erfolge

  Medaille Finalplatzierung
Hallen-EM  - 6. Platz Andreas Bechmann (Eintracht Frankfurt)
U20-EM   9. Platz Till Steinforth (SV Halle)
U23-EM  1. Platz Andreas Bechmann (Eintracht Frankfurt)  9. Platz Nils Laserich (TSV Bayer 04 Leverkusen)
Olympische Spiele  -  -

Unser "Ass des Jahres"

Andreas Bechmann (Eintracht Frankfurt)

1. Platz U23-Europameisterschaft
6. Platz Hallen-Europameisterschaft

Unser "Talent des Jahres"

Till Steinforth (SV Halle)

9. Platz U20-DM
Führender der deutschen U20-Bestenliste
 

Die deutschen Top 2021

 

Punkte Name Jahrgang Verein
8.263 Niklas Kaul 1998 USC Mainz
8.190 Kai Kazmirek 1991 LG Rhein-Wied
8.142 Andreas Bechmann 1999 Eintracht Frankfurt
8.080 Mathias Brugger 1992 SSV Ulm 1846
7.950 Felix Wolter 1997 TSV Gräfelfing
7.931 Tim Nowak 1995 SSV Ulm 1846
7.910 Malik Diakité 2000 Hannover 96
7.903 Marvin Bollinger 1996 SV Halle
7.831 Jannis Wolff 1998 Eintracht Frankfurt e.V.
7.793 Leo Neugebauer 2000 LG Leinfelden-Echterdingen

Statistik – Das sagen die Zahlen

Das deutsche Top-Niveau: Zehnkampf Männer

Jahr Athleten > 8.100 Punkte * Schnitt Top 3 Schnitt Top 5 Schnitt Top 10
2005 1 8.075 7.946 7.740
2006 5 8.260 8.229 7.997
2007 4 8.298 8.246 7.975
2008 5 8.297 8.266 8.004
2009 3 8.418 8.250 8.032
2010 1 7.943 7.890 7.730
2011 3 8.269 8.172 8.016
2012 4 8.369 8.254 8.072
2013 9 8.557 8.486 8.327
2014 3 8.434 8.290 8.065 
2015 3 8.480 8.299 8.038
2016 2 8.357 8.144 7.881
2017 4 8.482 8.335 8.110
2018 6 8.371 8.313 8.153
2019 5 8.448 8.321 8.076
2020 0 7.637 7.487 7.283
2021 3 8.193 8.125 7.999

Entwicklung der internationalen Jahresbestleistungen

Jahr Deutschland Europa Diff. Welt Diff.
2005 8.316 (A. Niklaus) 8.534 (Sebrle/CZE) 218 8.732 (Clay/USA) 416
2006 8.310 (D. Leyckes) 8.526 (Sebrle/CZE) 216 8.677 (Clay/USA) 367
2007 8.371 (A. Niklaus) 8.697 (Sebrle/CZE) 326 8.697 (Sebrle/CZE) 326
2008 8.372 (A. Abele) 8.585 (Krauchanka/BLR) 213 8.832 (Clay/USA) 460
2009 8.522 (M. Schrader) 8.528 (Pogorelov/RUS) 6 8.790 (Hardee/USA) 268
2010 8.202 (P. Behrenbruch) 8.453 (Barras/FRA) 251 8.483 (Clay/USA) 281
2011 8.288 (J.-F. Knobel) 8.398 (Pahapill/EST) 110 8.729 (Eaton/USA) 441
2012 8.558 (P. Behrenbruch) 8.558 (Behrenbruch) 0 9.039 (Eaton/USA) 481
2013 8.670 (M. Schrader) 8.670 (Schrader) 0 8.809 (Eaton/USA) 139
2014 8.477(A. Abele) 8.616 (Krauchanka/BLR) 139 8.616 (Krauchanka/BLR) 139
2015 8.561 (R. Freimuth) 8.561 (Freimuth) 0 9.045 (Eaton/USA) 484
2016 8.605 (A. Abele) 8.834 (Mayer/FRA) 229 8.893 (Eaton/USA) 288
2017 8.663 (R. Freimuth) 8.768 (Mayer/FRA) 105 8.768 (Mayer/FRA) 105
2018 8.481 (A. Abele) 9.126 (Mayer/FRA) 645 9.126 (Mayer/FRA) 645
2019 8.691 (N. Kaul) 8.691 (Kaul) 0 8.711 (Warner/CAN) 20
2020 7.670 (J. Wolff) 8.260 (Hubert/FRA) 590 8.260 (Hubert/FRA) 590
2021 8.263 (N. Kaul) 8.726 (Mayer/FRA) 463 9.018 (Warner/CAN) 755

Das fällt auf:

  • Nach einem Jahr ganz ohne Wettkämpfe und einer aktuellen Saison, in der er nicht sein wahres Vermögen zeigen konnte, bleibt Niklas Kaul (USC Mainz) selbstredend auch in der Punkteabrechnung hinter seinem wahren Können zurück, spiegeln die 8.263 Punkte doch nicht sehr vollen Potenzial. Das spiegelt sich auch ingesamt im übergreifenden Punkteschnitt der Top Drei, Fünf und Zehn wieder.
  • Hinzu kamen weitere verletzungsbedingte Ausfälle. So musste sich Europameister Arthur Abele (SSV Ulm 1846) im April von seinem großen Olympiatraum verabschieden. Der Ulmer musste an der Schulter operiert werden, die Saison 2021 fand ohne den großen Kämpfer statt. Doch sein Wille ist ungebrochen. Im kommenden Jahr will er seinen Titel bei der EM in München verteidigen.
  • Bereits im März musste Manuel Eitel (SSV Ulm 1846) seine Olympiasaison beenden. Der Hintergrund: eine Fraktur im Fuß. Der Traum von Olympischen Spielen brennt aber weiter in dem Ulmer.
  • Ein wahres Kämpferherz schlägt auch in Tim Nowak. Nach zwei Jahren voller Verletzungssorgen brachte der Ulmer bei der Mehrkampf-DM in Wesel erstmals wieder einen kompletten Zehnkampf ins Ziel und krönte sich zum Deutschen Meister. Balsam für die Seele nach einer harten Saison, in der aufgrund eines Stabbruchs in Ratingen der Olympia-Traum platzte.
  • Grund zu jubeln hatte dagegen Malik Diakité (Hannover 96). Bei der Mehrkampf-DM holte er sich DM-Gold in der U23 mit einer mächtigen Steigerung im Zehnkampf um 269 auf 7.910 Punkte.
  • Der überragende Athlet der U18-DM war Emanuel Molleker (LG Filder). Mit 7.119 Zählern blieb er als einziger Athlet über der 7.000-Punkte-Marke.
  • International war es in diesem Jahr vor allem der Kanadier Damian Warner, der überragte. Mit 9.018 Punkten krönte sich der 32-Jährige zum Olympiasieger - besser war nie ein Goldmedaillensieger in diesem Wettbewerb.

leichtathletik.TV-Clips:

Zehnnkampf

Die Disziplin-Analysen im Überblick:

Sprint Frauen
Sprint Männer
Langsprint Frauen
Langsprint Männer
Hürdensprint Frauen
Hürdensprint Männer
Langhürden Frauen
Langhürden Männer
Mittelstrecke Frauen
Langstrecke Frauen
Langstrecke Männer
Hindernis Frauen
Hindernis Männer
Gehen Frauen
Gehen Männer
Marathon/Straße folgt im Dezember
Hochsprung Frauen
Hochsprung Männer
Weitsprung Frauen
Dreisprung Frauen
Dreisprung Männer
Stabhochsprung Frauen
Stabhochsprung Männer
Kugelstoßen Frauen
Kugelstoßen Männer
Diskuswurf Frauen
Diskuswurf Männer
Hammerwurf Frauen
Hammerwurf Männer
Speerwurf Frauen
Speerwurf Männer
Siebenkampf Frauen

* als Referenzwert dient die WM-Norm des Jahres 2017

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